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Nigger Heaven - Roman

Nigger Heaven - Roman

Titel: Nigger Heaven - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walde + Graf Verlag
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dass er seinen Freund noch nicht mit einem Drink versehen hatte. Er holte das Versäumnis nach.
    »Tanzen Sie den Charleston, Mr Kasson?«, erkundigte sich Baldwin.
    »Nicht sehr gut«, gab Byron zu.
    McKain sah ihn mit unverhohlenem Erstaunen an. »Aber ich dachte, alle Farbigen können den Charleston tanzen! Dachten Sie das nicht auch, Dick?«
    »Ich weiß darüber recht wenig«, antwortete Dick.
    McKain füllte sein Glas zur Hälfte mit Gin und dann bis zum Rand mit Ginger Ale. Seine Begeisterung wuchs und steigerte sich.
    »Ich finde Ihr Volk wunderbar!«, rief er aus, »einfach vollkommen wunderbar! Dieser Verve und diese Lebendigkeit! Dieses Tanzen!
    Dieses Singen! Und ich hielt die Farbigen immer für faul! Das kommt wohl daher«, sinnierte er, »weil ihr alle so glücklich seid. Das ist es, Rusk, sie sind einfach alle so glücklich!«
    »Kennen Sie die Gedichte eines jungen Farbigen namens Langston Hughes?«, wollte Baldwin von Byron wissen.
    »Ja, ich kenne sie.«
    »Nun, ich hielt sie für gut, bis ich hierherkam, aber er ist wohl nur so etwas wie ein Tellerwäscher, und er versteht einfach seine Rasse nicht. Hören Sie sich das an:
    My hands!
My dark hands!
Break through the wall!
Find my dream!
Help me to shatter this darkness,
To smash this night,
To break this window
Into a thousand lights of sun
Into a thousand whirling dreams
Of sun!
    [Meine Hände! / Meine dunklen Hände! / Durchbrecht die Mauer! / Findet meinen Traum! / Helft mir, das Dunkel zu vertreiben, / Diese Nacht zu zerschlagen, / Diesen Schatten zu zerbrechen, / In tausend leuchtende Sonnen, / In tausend wirbelnde Träume / Von Sonne!]
    »Na, ich hielt es für ziemlich gut«, wiederholte Baldwin lachend, »aber jetzt sehe ich, dass es nur Tellerwäschergeschwätz ist. Er hat keine Ahnung von seiner Rasse.«
    »Das sehe ich auch so«, bestätigte McKain.
    »Ich habe mir sogar die Mühe gemacht, es auswendig zu lernen«, fuhr Baldwin fort. »Moment, wie geht es dann weiter?«
    I lie down in the shadow.
No longer the light
of my dreams before me,
Above me.
Only the thick wall.
Only the shadow.
    [Ich lege mich in den Schatten hin. / Das Licht meines Traumes ist nicht mehr vor mir, / Oder über mir. / Nur die dicke Wand. / Nur der Schatten.]
    »Weinerliches Geschwätz«, wiederholte McKain. »Wehleidig. Die Realität sieht ganz anders aus.«
    Der Sängerin war es gelungen, zu ihrem Tisch zu kommen. Sie wiegte sich hin und her, ihre Augen schweiften abwesend durch den Raum, ihr Geist schien ein Vakuum zu sein, während sie in das Megaphon brüllte: »Did me dirty … did me wrong …«
    »Sympathische Ansichten«, bemerkte Baldwin. »Was soll ich ihr geben?«, erkundigte er sich bei Byron.
    »Oh, einen halben Dollar oder einen Vierteldollar. Es ist egal.«
    McKain zog einen Dollar aus seinem Portemonnaie.
    »Roy!«, rief ihm jemand durch den Saal zu.
    »Nicht möglich, da ist ja Dana Patson! Wir sollen zu ihm kommen!« Er zog Baldwin mit sich fort.
    »Sie haben die besten Absichten, Byron«, versicherte Dick seinem Freund entschuldigend.
    »Das mag schon sein, aber ich habe einen üblen Tag hinter mir, und ich bin einfach angespannter als üblich. Sie sind nicht so schlimm … für Ofays.«
    Sein Freund betrachtete ihn eingehend. »Du könntest als Spanier oder als Portugiese durchgehen. Warum machst du das denn nicht? Alles andere lohnt sich nicht.«
    Byron verzog den Mund. »Ich könnte es nicht, ich könnte es einfach nicht. Ich mache dir oder den anderen, die es tun, keinen Vorwurf, aber ich könnte es nicht. Ich habe wahrscheinlich nicht den Mut dazu.«
    »Was du machst, erfordert wesentlich mehr Schneid.«
    »Wir wollen nicht mehr darüber reden«, sagte Byron ungeduldig. Als die Musik aufhörte, schwoll das Gelächter an und legte sich dann wieder. Eine schicksalhafte Atmosphäre schien in der Luft zu liegen, als ob etwas geschehen würde, das niemand verhindern konnte.
    Das bernsteinfarbene Licht eines Scheinwerfers schoss durch den Raum. Der Jazz der Band brach sich Bahn, wieherte, bellte und grunzte, und der barbarische Ritus begann.
    Dick zeigte auf eine sehnige, exzentrisch gekleidete Gestalt, die vom Eingang her den Saal durchquerte. »Schau doch! Da ist der Scarlet Creeper!«
    »Wer ist das?«, erkundigte sich Byron.

    »Hast du noch nie etwas von dem berühmten Creeper gehört? Er ist die bekannteste Persönlichkeit der ganzen Lenox Avenue. Lebt von Frauen, ein echter Lude. Er ist der wahre Scheich der Kaschemmen,

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