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Nigger Heaven - Roman

Nigger Heaven - Roman

Titel: Nigger Heaven - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walde + Graf Verlag
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kein Laut war zu hören. Er schlich auf Zehenspitzen zur Tür und legte sein Ohr an das Schlüsselloch. Sie weinte nicht, alles war still. Sie liebte ihn einfach überhaupt nicht. Sie wollte ihn nur besitzen, ihn beherrschen und ihn herumkommandieren. Neue Wut kam in ihm auf, er ging weg und drehte sich nicht um.
    In dieser Stimmung hatte er keine Lust, in sein elendes Loch zurückzukehren. Da er ein paar Dollar in seiner Tasche fand, beschloss er, in die Black Venus zu gehen. Er wollte sich aufheitern lassen, und in diesem Lokal gab es immer etwas Aufregendes.
    Vielleicht war ja Irvin dort, oder Lucas Garfield. Vielleicht ein neues goldbraunes Mädel. Er fühlte, dass er Mary untreu werden und ihre Ideale in den Schmutz ziehen wollte. Er wollte sie und all das, wofür sie stand, schlechtmachen. Und danach würde er es ihr erzählen.
    Als er die Treppe, die in das Lokal führte, hinuntergehen wollte, wurde er heftig beiseitegestoßen. Zwei Kellner zerrten einen Mann gewaltsam auf die Straße hinaus. Als Byron sich umdrehte, sah er, wie sie ihm einen letzten Tritt in den Hintern versetzten. Er fiel mit einem dumpfen Geräusch in den schmutzigen Rinnstein und lag dort reglos, scheinbar bewusstlos. Byron war übel. Das Leben war so grausam. Einen Augenblick lang empfand er Mitleid für den Fremden. Ich könnte dieser Mann sein, sagte er sich und tat sich selbst leid.
    Im Tanzsaal änderte sich seine Stimmung merklich. Der Raum war brechend voll; alle Tische waren mit vergnügten, trinkenden und lachenden Männern und Frauen besetzt. Ein gelbhäutiges Mädchen in Rot ging mit einem Megaphon von Tisch zu Tisch. Während er zögernd am Eingang stehen blieb und sich nach einem Tisch umsah, brüllte sie ihm ihr Lied in die Ohren:
    She did me dirty,
She did me wrong,
She kept me fooled all along,
But I’ve been so lonesome
Since she went away
That if she’ll come come home
I’ll let her stay 189
    [Sie war gemein zu mir, / Sie war schlecht, / Führte mich an der Nase herum, / Aber ich bin jetzt so allein, / Und sie ist weg, / Und wenn sie zurückkommt, / Nehme ich sie wieder zu mir.]
    Das werde ich, verdammt noch mal, nicht tun! Byron knirschte mit den Zähnen, während er seinen Mantel in der Garderobe abgab. Byron hörte, wie jemand seinen Namen rief: Dick kam auf ihn zu. »Hallo, altes Haus!«
    »Hallo!«, rief Byron und schüttelte seinem Freund die Hand. »Was machst du denn hier?«
    »Studien in den Sümpfen des Lasters. Habe ein paar Freunde mitgebracht. Komm doch an unseren Tisch. Wir haben jede Menge Gin.«
    »Mit Vergnügen. Ich fragte mich schon, wo noch ein Platz wäre.« Er zögerte einen Augenblick. »Bist du heute weiß oder farbig?«
    »Weiß natürlich. Meine Freunde auch, aber sie werden erfreut sein, dich zu sehen. Sie haben vom Neuen Neger gehört!« Dick grinste. »Ich fühle mich heute Abend nicht besonders neu, eher wie der alte Neger auf der Plantage. Aber ich werde mir für deine gönnerhaften Freunde Mühe geben.«
    Dick war sofort ernüchtert. »So meinte ich das nicht«, versicherte er Byron. »Sie sind überhaupt nicht so. Sie sind wirklich daran interessiert, einige Leute kennenzulernen, und ich kannte hier niemanden, bevor du kamst.«
    »Sieh dir mal den Schwarzen mit der weißen Schwuchtel an«, hörte Byron jemand hinter sich sagen.
    »Wohl auf der Suche nach ´nem Techtelmechtel, nehme ich an«, sagte eine andere Stimme.
    »Nun, selbst hier bemerkt man offenbar die Maske nicht«, bemerkte Byron. Er war jetzt besser gelaunt.
    »Natürlich nicht«, sagte Dick, ergriff den Arm seines Freundes und führte ihn zum Tisch. Seine Begleiter, so stellte sich heraus, waren Rusk Baldwin, der bekannte Kolumnist, und der Schriftsteller Roy McKain. Byron konnte beide Namen sofort zuordnen. »Ich verstehe nicht«, meinte McKain zu Byron, nachdem einige Banalitäten ausgetauscht worden waren, »wie Burschen wie Sie hier jemanden finden, mit denen sie sich unterhalten können. Sehen Sie sich doch nur um! Ich möchte wetten, dass Sie hier der einzige studierte Mensch sind.«
    »Oh, Byron kennt da schon einige«, meinte Dick augenzwinkernd.
    »Ach, es ist einfach wunderbar hier in Harlem!«, rief Baldwin aus.
    »Ich hatte keine Ahnung, dass es so sein würde. So wild wie ein Dschungel! Sehen Sie mal, wie der Kellner den Charleston tanzt!«
    »Ich verstehe nicht, wie er das Tablett mit den Gläsern halten kann. Er vergießt keinen Tropfen«, sagte der Schriftsteller.
    Diese Bemerkung erinnerte Dick daran,

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