Night Academy 2
Sport?«
»Geländelauf und Fußball.«
»Ist dir schon mal aufgefallen, dass man oft ein Spiel verliert, nur weil ein Spieler rausmusste? Oder wie du dich von einem verschossenen Tor nicht wieder erholst?«
Widerstrebend nickte ich.
»Das spielt sich alles nur im Kopf ab. Und genau so ist es hier.« Seine lässige Art war verschwunden, und er musterte mich ernsthaft. »Verstanden?«
»Klar, alles ein Kopfding. Hab ich kapiert.« Ich beugte mich vor, um meinen Stift aufzusammeln, dabei vermied ich es tunlichst, Barrett anzusehen.
»Barrett hat recht, aber es gab noch einen zweiten wichtigen Grund für diese Übung«, sagte Mr Fritz.
»Und der wäre?«, fragte ich misstrauisch.
»Wir haben dabei erfahren, dass auch deine Kräfte ihre Grenzen haben. Grenzen, die es vielleicht nur in deinem Kopf gibt, aber dennoch Grenzen.«
Überrascht zog ich die Augenbrauen hoch. »Natürlich sind meine Kräfte begrenzt.«
Er zuckte die Achseln. »Wir waren uns da nicht so sicher.«
Zum Glück beließen sie es bei der einen peinlichen Darbietung. Danach ging es noch um die Geschichte des Hohen Rats, um das Programm und darum, dass sie mich fördern wollten, indem sie mir mehr Kontrolle über meine Kräfte beibrachten.
Mir kam es so vor, als wollte man die Uhr zurückdrehen. Mr Fritz erklärte, dass es in den ersten Stunden normalerweise darum ging, das Selbstvertrauen der Schüler zu stärken. Offenbar glaubten die meisten nicht, dass sie mit Tieren reden, die Gestalt wandeln oder andere verrückte Dinge tun konnten. Als Erstes mussten sie also lernen, ihren Fähigkeiten zu vertrauen. Ich hingegen hatte nie daran gezweifelt, dass ich Unmögliches vollbringen konnte, schließlich hatte ich es von Kindesbeinen an getan.
Nun hätte man denken können, dass ich dadurch einen Vorsprung hatte, aber auf der Night Academy hielt man es offenbar für ratsam, mir zunächst Grenzen zu setzen; nicht nur, um zu verhindern, dass ich etwas Gefährliches anstellte, sondern auch, um mir das Gefühl zu vermitteln, meine Kräfte im Griff zu haben.
Beim Abendessen sah ich Cam. Als ich kam, ging er gerade.
»Ich habe noch jede Menge Hausaufgaben«, sagte er. »Wollen wir uns in der Bibliothek treffen?«
Ich grinste. »Dann bis später im Magazin.«
Unser Treffpunkt war ein Raum, der zur Geheimbibliothek führte. Dort war es still und abgeschieden. Nach dem Essen rannte ich nur kurz hoch ins Zimmer, um die entsprechenden Bücher in den Rucksack zu stopfen. Entschuldigend zuckte ich die Schultern, als Esther kam und mich fragte, ob wir zusammen lernen wollten. »Ich treffe mich mit Cam«, sagte ich. »Sorry.«
Sie sah mich düster an. »Du hast mir noch nicht mal von deiner ersten Stunde im Schwerpunktfach erzählt. Wie lief es denn?«
»Ganz okay. Ein bisschen wie Ethik, nur dass wir gleichzeitig auch noch über Wissenschaft gesprochen haben.«
»Kannst du nachher noch mitkommen?« Ich muss Trevor was zu unseren Hausaufgaben fragen, aber allein traue ich mich nicht.«
Ich zierte mich. Trevor entsprach nun nicht gerade meiner Vorstellung von Freizeitgestaltung. »Ich weiß noch nicht, wann ich zurück bin. Kann Hennie nicht mit dir gehen?«
Esther zog die Nase kraus. »Hennie? Die hat eine Heidenangst vor Trevor. Außerdem ist sie mit Yashir unterwegs.«
Ungeduldig trat ich von einem Fuß auf den anderen und hielt mich nur mühsam davon ab, auf die Uhr zu sehen. »Gibt es nicht noch jemand anderen, der mitkommen kann?«
»Klar! Allie oder eines der anderen Mädchen kann mitkommen. Aber morgen musst du mir ein Stündchen reservieren, ich will doch wissen, was bei dir so läuft.« Sie lachte, als würde es ihr nichts ausmachen, doch ich spürte, dass sie verletzt war.
Ich räusperte mich. »Auf jeden Fall, morgen reden wir über alles. Aber jetzt muss ich los, das verstehst du doch, oder?«
Mit theatralischer Verbeugung sagte sie: »Wie könnte ich wahrer Liebe im Weg stehen?«
Ich hatte schreckliche Schuldgefühle, als ich endlich durch den Gang davonstürzte. Esther war meine allererste Freundin auf der Night Academy gewesen; sie und Hennie waren im letzten Halbjahr meine Rettungsanker. Bestimmt war sie enttäuscht, dass nichts aus ihr und Chris geworden war, für den sie so geschwärmt hatte, während Hennie und ich jetzt beide einen Freund hatten.
Ich eilte die Stufen hinab und raste zum Hauptgebäude. Der Eingang zur Bibliothek befand sich im ersten Stock, die altmodischen Holzflügeltüren erinnerten mich immer an ein
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