Night Academy 2
ist.«
Esther verstaute den Apfel und die Cräcker wieder in ihrem Rucksack. »Ist es aber. Und du darfst mir jetzt gern sagen, dass du es für eine tolle Idee hältst und mir hilfst, ihn zu bekommen. Wobei ich nicht weiß, wie du mir helfen könntest. Ich sehe dich ja kaum noch.«
Ich warf Hennie einen verzweifelten Blick zu. Natürlich hatte ich gewusst, dass Esther sauer war, dass ich meine gesamte Freizeit mit Cam verbrachte, und ich hatte auch zunehmend ein schlechtes Gewissen deswegen. Doch die Dinge standen offenbar viel schlimmer, als ich angenommen hatte. »Esther, ich bin die Letzte, die dir Tipps für Jungs geben kann. Und das weißt du auch. Du bist viel hübscher und witziger als ich und hattest schon, keine Ahnung, mindestens sechs Freunde. Ich wusste ja noch nicht mal, dass ich Cam keine Schokolade zum Valentinstag besorgen soll.«
»Dancia hat ja nicht gesagt, du sollst nichts mit ihm anfangen«, sagte Hennie. »Sie hat einfach ein Problem mit Trevor. Du weißt doch, dass sie es nicht böse gemeint hat.«
Daraufhin drückte Esther ihren Rucksack an die Brust. »Ihr habt ja recht«, sagte sie dann. »Ich habe überreagiert, tut mir leid.«
Ich gab ihr den Müsliriegel zurück. »Vielleicht niedriger Blutzucker. Du solltest etwas essen.«
Sie schenkte mir ein trauriges Lächeln und riss die Verpackung auf. »Ich bin total frustriert. In letzter Zeit klappt gar nichts mehr. Weder mit Jungen noch sonst irgendwas.«
Hennie beugte sich zu ihr. »Was meinst du? Was gibt es denn sonst noch?«
Nach einem kräftigen Biss in den Riegel sagte Esther: »Ach, der übliche Quatsch. Nachdem mich Matt abserviert hatte, habe ich eine andere Theatergruppe regelrecht angebettelt, mich bei ihnen mitmachen zu lassen, aber die wollten nicht. Angeblich hätten sie ihre Rollen schon verteilt und mit den Proben angefangen. Aber daran lag es nicht, die wollten einfach nicht mit mir auftreten.«
Hennie legte den Arm um Esther. »Gibt da nichts drauf. Das sind doch nur fiese Neider!«
Esthers Kinn zitterte. »Ich wollte doch einfach nur mitmachen.«
Unglücklich legte auch ich den Arm um Esther und drückte sie. »Wenn du willst, stellen wir uns mit dir auf die Bühne.«
Hennie nickte eifrig.
Esther seufzte aus tiefstem Herzen und lehnte ihren Kopf an Hennies Schulter. »Das ist lieb von euch, aber ihr seid so dermaßen schlechte Schauspieler. Nehmt es mir nicht übel, aber ich verzichte lieber. Ich möchte meine Eins nicht gefährden.«
Wir lachten, doch die Traurigkeit blieb.
»Du weißt, dass wir immer hinter dir stehen«, sagte Hennie.
»Hundertpro.« Ich nickte. »Bei allem, Esther, selbst bei Trevor.«
Oma fand das Thema Jungen offenbar wahnsinnig faszinierend, deshalb hatte ich schon damit gerechnet, dass sie mich mit Cam auf die Party gehen lassen würde. Da alte Leute und Eltern sich gemeinhin immer Sorgen machten, erwartete ich aber, dass sie wenigstens Bedenken äußerte, dass wir gemeinsam mit dem Auto zu Anna fuhren. Am Freitag holte sie mich in ihrem dreißig Jahre alten Volvo von der Schule ab. Nachmittags walkte sie immer, deshalb trug sie noch weiße Turnschuhe mit dicken Sohlen und einen babyblauen Trainingsanzug.
Sie sah mich kurz an, als sie eine rote Ampel überfuhr. »Dein Cameron fährt also? Na, dann ist ja gut.«
Ich zuckte zusammen, als uns ein Autofahrer hupend auswich. »Oma, du musst eigentlich bei Rot anhalten.«
Sie nahm den Blick nicht von der Straße. »Der Mann ist viel zu schnell gefahren. Was fällt dem ein, mich anzuhupen?«
Ich seufzte und machte mich auf ein Verhör gefasst. »Ich komme erst nach zehn nach Hause«, sagte ich, halb in der Hoffnung, sie würde mir die Party ganz verbieten. »Wann genau, weiß ich nicht.«
»Na ja, du bist ja auch kein kleines Kind mehr. Sei einfach vor elf zu Hause. Und keinen Alkohol. Und wenn die anderen getrunken haben, fährst du den Wagen. Du fährst ohnehin viel besser als die meisten Halunken hier.«
Ganz offensichtlich nahm Oma an, dass ich nicht trinken würde. War ja auch nett, dass sie mir voll und ganz vertraute, aber hätte sie sich nicht wenigstens ein paar Sorgen machen können?
»Nachdem er mich abgesetzt hat, muss Cam den Bus zur Schule zurück nehmen«, sagte ich. »Wenn er getrunken hat, merken die das sofort.«
Am Freitagabend fuhr die Silberkugel einmal um zehn und einmal um elf. Wenn man das Schulgelände verließ, durfte man also nicht allzu spät zurückkommen, sonst war man die ganze Nacht ausgesperrt. Einer
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