Night Academy 2
gewürdigt hatte, drehte sie sich wieder zu Cam und plinkerte mit den Wimpern. »Wenn Dancia die Limonade holen würde, könntest du mir bei der Musikauswahl helfen.«
»Hast du was dagegen, Dancia?«, fragte Cam und sah schon sehnsüchtig zur Stereoanlage.
Lass dich nicht von ihr provozieren, sagte ich mir. Du kannst ja nicht gleich am Anfang die Beherrschung verlieren.
»Überhaupt nicht«, sagte ich freundlich. »Ich mache das gern.«
»Super. Also, Anna, ich helfe dir aussuchen, aber nur wenn ich Bands aus Seattle auflegen darf«, sagte Cam mit einem Grinsen. Die beiden verschwanden im hinteren Teil des Zimmers in einem Kabuff.
»Komm, ich zeig dir, wo es zur Garage geht«, erbot sich Molly.
»Danke.« Ich biss die Zähne zusammen und folgte Molly durch die Küche in die Garage, in der für drei Wagen Platz war. Molly lächelte mich mitleidig an, als wir die Limonadenkisten anhoben. »Anna und Cam haben den gleichen Musikgeschmack. Niemand anders kann das nachvollziehen.«
»Ich höre andauernd solche Musik«, sagte ich mit einer wegwerfenden Handbewegung.
In Wirklichkeit verbrachten Cam und ich viel Zeit im Wald, liefen zusammen, lernten, hielten Händchen und küssten uns. Musik hörten wir so gut wie nie.
Molly hob überrascht die Brauen. »Echt? Welche ist denn deine Lieblingsband?«
»Grass«, sagte ich schnell. Vor ein paar Wochen hatte Cam mir ihre CD gegeben. Aber ich hatte nur die ersten beiden Lieder geschafft, von der Musik bekam ich Kopfschmerzen.
Wir trugen die Flaschen in eine Küche, in die locker Omas ganzes Haus gepasst hätte. Die umlaufenden Granitarbeitsflächen waren auf Hochglanz poliert, in der Mitte stand eine Kochinsel mit Spüle und Herd. Molly öffnete den riesigen Edelstahlkühlschrank … der bis zum Rand mit Limonade gefüllt war.
Einen Augenblick lang schwiegen wir peinlich berührt. Molly versenkte die Hände tief in den Taschen.
»Anna muss wohl vergessen haben, dass sie die Limonade schon rübergebracht hat«, sagte ich schließlich.
»Muss sie wohl«, sagte Molly.
Ich seufzte. Das würde ein langer Abend werden.
Im Laufe des Abends wurde die Musik immer lauter, und das Haus füllte sich mit Schülern aus dem Programm. Da ich Cam nicht wie ein Hündchen folgen wollte, unterhielt ich mich mit einigen Zehntklässlern und mit den Zwölftklässlern, die ich durch Barrett kannte. Cam kam zwischendurch immer wieder vorbei, doch ich winkte fröhlich ab. Alle stürzten sich immer auf ihn. Es war nicht leicht, mit dem beliebtesten Jungen der Schule zu gehen.
Ich saß gerade mit Esteban zusammen, als Barrett zu uns kam. Estebans besondere Körperkräfte machten ihn umempfindlich gegenüber Temperaturen. Er trug den ganzen Winter über T-Shirts und kurze Hosen, sogar im Schnee. Außerdem hatte er die Angewohnheit, mit dem Kopf zu wackeln und vor sich hin zu summen, wenn er durch die Schulflure lief. Wahrscheinlich war er ständig tief in Gedanken versunken. Er las eine Menge philosophischer Texte und liebte es, darüber zu reden. Ich unterhielt mich gern mit ihm, wusste aber nie, wie ich reagieren sollte, wenn er auf eine meiner Bemerkungen hin sagte: »Echt tief, Mann, echt tief.«
Nachdem Barrett Esteban begrüßt hatte, umarmte er mich ungestüm. »Hey D., wie läuft’s? Wie geht es meiner Lieblingsfreundin?«, Dann sah er sich spöttisch um. »Uups, das sollte ich wohl nicht so laut sagen. Sonst glaubt Mr Sanders noch, ich würde seinem Schatz nachstellen.«
Grinsend schlug ich ihn auf den Arm, ich war überglücklich, ihn zu sehen. Mit ihm hatte ich gar nicht gerechnet, da ich ja wusste, was er von Cam und den anderen hielt, aber bei der Größe der Party fiel das wohl nicht so ins Gewicht. »Halt die Klappe, du Idiot. Cam weiß, dass er nichts zu befürchten hat.«
Barrett zuckte theatralisch zusammen. »Autsch, das verletzt mich jetzt aber. Dein Freund könnte mich jederzeit plattmachen, willst du mir das damit sagen?«
Wer von den beiden in einem Zweikampf gewinnen würde, wusste ich wirklich nicht. Cam war ein richtiger Krieger. Ich hatte ihn einmal mit Trevor trainieren sehen, die beiden waren wie Kung-Fu-Meister aufeinander losgegangen. Barrett erinnerte eher an einen etwas aus der Form geratenen Mönch. Bei ihm konnte man sich schwer vorstellen, dass er zu seiner Verteidigung auch nur einen Finger krumm machte.
Aber Barrett konnte einen Feuerstrahl quer durchs Zimmer schießen. Das verschaffte ihm natürlich einen Vorteil.
»Du bist viel zu faul, um dich
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