Night Academy 2
taugte absolut nicht zum Kampf. Auf Annas Party war sie die einzige Elftklässlerin gewesen, die bei der Schlägerei nicht mitgemacht hatte. Vielleicht sollte sie hier ein wenig Praxis bekommen.
Mr Fritz lenkte den Wagen, während Mr Judan mit einem Block auf dem Schoß unentwegt Notizen machte. Ich saß neben Cam, der sich bemühte, gute Laune zu verbreiten – eine große Herausforderung, selbst für ihn. Schließlich gab er auf, und wir schwiegen.
Vom Highway bogen wir auf einen Schotterweg ab, der uns in den Wald führte. Zweimal mussten wir anhalten, um Eisentore zu öffnen. Offenbar sollte verhindert werden, dass uns irgendjemand bei der Übung überraschte. Nach dem zweiten Tor fuhren wir noch ein paar Kilometer und hielten dann vor einer kleinen Holzhütte.
Beim Aussteigen schien die Sonne, und ein mildes Lüftchen wehte. Nach wochenlangem Regen endlich blauer Himmel und über zwanzig Grad, wodurch alles in Rekordtempo wuchs. Überall im Wald blühten Rhododendren in Hellrosa und Lila, dazwischen das leuchtende Gelb der Mahoniensträucher und die Blüten wilder Kletterpflanzen.
Wir standen vor dem Wagen und warteten auf Mr Judan. Wie immer tauchte er mit einem strahlenden Lächeln auf. Als Mr Fritz dann in der Hütte verschwand, geriet ich ein wenig in Panik. Nach meiner Unterhaltung mit Mr Alterir wusste ich nun erst recht nicht mehr, was ich von Mr Judan zu halten hatte. Ich hatte ihn schon immer gruselig gefunden, doch nun wurde ich bereits nervös, wenn er nur zu mir herübersah.
»Meine lieben Schüler«, sagte Mr Judan. »Ich möchte mich bei euch bedanken, dass ihr die Herausforderung angenommen habt und bereit seid, unser kleines Spiel mitzuspielen. Natürlich kann man im Unterricht viel lernen, aber eben nicht alles. Jeder von euch steht an einem Scheideweg, deshalb seid ihr hier. Manche von euch möchten zeigen, was sie im letzten Jahr gelernt haben.«
Molly lief rot an und presste die Arme an die Seiten.
»Andere haben sich eine Herausforderung gewünscht, und diesem Wunsch kommen wir gern nach.«
Xavier und Alisha lächelten verhalten.
Nun wartete ich gespannt, zu erfahren, warum ich hier war, aber Mr Judan sagte bloß: »Diese Erfahrung wird euch alle einen Schritt weiterbringen in eurer Ausbildung. Jetzt werde ich euch in zwei Teams einteilen. Anna wird das rote Team anführen.« Anna trat vor, um ihre perfekten Lippen spielte nicht die Spur eines Lächelns. »Anna, zu deinem Team gehören Dancia und Xavier. Cameron, dir untersteht das blaue Team mit Molly und Alisha. Anna und Cameron, wir haben euch beide als Anführer ausgewählt, weil wir euch zutrauen, eure Kameraden sicher und erfolgreich durch diese Übung zu bringen. Vergesst nicht, dass es hier nicht nur ums Gewinnen geht, sondern auch darum, Erfahrungen zu sammeln.«
Anna und Cam nickten, traten vor und gaben einander die Hand. Es wirkte wie ein altes Ritual zwischen den beiden, und wie schon so oft in diesem Jahr hatte ich das Gefühl, dass Cam und Anna eine Vergangenheit verband, die mir für immer verschlossen bleiben würde.
»In einem Umkreis von anderthalb Kilometern um die Hütte haben wir ein Glasröhrchen versteckt. Es sieht ungefähr so aus.« Mr Judan zog einen schlanken Glaszylinder mit schwarzem Pfropfen hervor, ähnlich denen, die wir im Chemieunterricht verwendeten. Der Zylinder war in etwa so lang wie sein kleiner Finger und auch nicht viel dicker. »Dieses Röhrchen enthält ein tödliches Gift. Gelangen auch nur wenige Tropfen davon ins Trinkwasser, können Tausende sterben. Ihr müsst das Röhrchen vor dem anderen Team finden und zur Hütte bringen, wo das Gift dann gefahrlos vernichtet werden kann. Das Team, das zuerst mit dem Glasröhrchen in der Hütte ist, hat gewonnen.«
Mr Judan zeigte zur Hütte, aus der Mr Fritz gerade schwarze Westen und eine Handvoll Schutzmasken schleppte. Er warf sie auf die Erde und marschierte wieder hinein. Beim nächsten Mal kam er mit Gewehren zurück.
Ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen. Wir bekamen Schusswaffen? Für eine Übung?
»Jeder bekommt ein Gewehr und Munition. Eure Vorräte sind begrenzt, also setzt sie klug ein. Außerdem habt ihr Westen, Masken und Handschuhe. Auf jeder Weste ist vorne auf der Brust eine quadratische Markierung. Das ist die Strike Zone. Zielt nur darauf. Mit den Farbpatronen kann man zwar niemanden ernstlich verletzen, aber sie tun weh.«
»Und hinterlassen fiese Blutergüsse«, sagte Cam.
Mit möglichst sachverständigem Blick nahm
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