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Night School 02 - Der den Zweifel saet

Night School 02 - Der den Zweifel saet

Titel: Night School 02 - Der den Zweifel saet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Daugherty
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Lucinda Meldrum«, sagte Allie ruhig.
    Sylvain hatte schon den Stift gezückt, doch als der Name fiel, erstarrte er und schaute auf. »Deine Großmutter hat denselben Namen wie die Chefin der Weltbank?«
    »Lucinda Meldrum, die Weltbankchefin,
ist
meine Großmutter.«
    Sylvain ließ den Stift sinken und sah sie verwirrt an. »Machst du Witze, Allie? Ich versteh nicht ganz …«
    »Kein Witz, Sylvain«, entgegnete sie. Jetzt, da sie es ausgesprochen hatte, fühlte sie sich wie befreit. Ein anderer teilte nun ihr Geheimnis. Je öfter sie es aussprach, desto wirklicher kam es ihr vor. »Es ist leider wahr. Ich bin die Enkelin von Lucinda Meldrum.« Sie deutete auf sein Notizheft. »Schreib’s hin.«
    »Ich versteh das nicht«, sagte Sylvain, ohne sich zu rühren. »Wenn das stimmt, wieso weiß dann niemand davon? Ich dachte, du wärst in der ersten Generation hier und gehörst gar nicht zum Schuladel.«
    »Ich weiß, alle haben sich ja von Anfang an darüber gewundert, was Allie Sheridan, dieser Nobody, hier auf der supertollen Milliardärsschule Cimmeria verloren hat. Na, jetzt weißt du’s, Sylvain.« Als er darauf etwas erwidern wollte, hob sie die Hand. »Lass gut sein. Schreib einfach den Namen hin. Und dann stell die nächste Frage.«
    Sylvain brauchte einen Moment, doch schließlich setzte er den Stift an und schrieb die drei Wörter: »Großmutter: Lucinda Meldrum.«
    Das Ganze schien ihn völlig aus der Bahn geworfen zu haben. Unkonzentriert suchte er in seinen Notizen.
    »Äh … Okay, also meine nächste Frage lautet … Waren einer oder mehrere Familienangehörige Schüler auf Cimmeria?« Er hielt inne und schaute sie belustigt an. »Aber ich weiß gar nicht, ob ich das noch fragen muss …«
    »Meine Mutter war auf Cimmeria«, ging Allie kühl über seine Bemerkung hinweg. »Und meine Großmutter.«
    Während er sich die entsprechenden Notizen machte, wurde Allie bewusst, dass sie sich langsam daran gewöhnte, das Wort »Großmutter« zu benutzen. Es fühlte sich nicht mehr so seltsam an. Sie merkte aber auch, dass sie es irgendwie mit einem gebieterischen Unterton sagte, als würde sie »die Queen« sagen. Allein Lucindas Namen zu erwähnen, verlieh ihr schon Macht.
    Während sie sich noch dem Kitzel dieser Entdeckung hingab, stellte Sylvain seine nächste Frage. »Aus welchem Grund bist du nach Cimmeria gekommen? Es war als Strafe gedacht, soweit ich weiß.«
    Sie konnte es buchstäblich
Plopp!
machen hören, als der Kitzel der Macht sich in Luft auflöste.
    Allie sackte tiefer auf ihren Stuhl und begann zu erzählen, wie ihr Bruder plötzlich verschwunden war und wie ihre Eltern in der Folge das Interesse an ihr verloren hatten. Von der Verhaftung im Sommer, als sie in ihre damalige Schule eingebrochen war und die Wände mit obszönen Sprüchen vollgesprayt hatte. Und dass dem zwei Anzeigen wegen Vandalismus und Ladendiebstahl vorausgegangen waren. Davon, wie Mark und Harry in ihrer Gefühlswelt den Platz ihres Bruders eingenommen hatten – nur, dass sie ihr im Gegensatz zu ihm nicht bei den Hausaufgaben geholfen, sondern sie in die hohe Kunst der Rebellion eingeführt hatten.
    Während sie redete, machte Sylvain sich in seiner ordentlichen, präzisen Handschrift Notizen, wobei er sie gelegentlich irritiert ansah, ohne sie je zu unterbrechen. Ein paar Details hätte sie gern geschönt, um selbst in etwas besserem Licht zu erscheinen, so wie sie es immer tat, wenn sie Jo oder Rachel davon erzählte. Doch es gelang ihr einfach nicht. Sie erzählte ihm
alles
. Und je mehr sie redete, desto besser ging es ihr, als würde die ganze Geschichte von ihr abfallen. Mit jedem Wort wog die Last auf ihrer Brust weniger schwer.
    Als sie fertig war, musterte er sie mit unverhohlener Neugier. Der silberne Stift funkelte zwischen seinen langen Fingern. »Die Allie, die du da beschreibst, hat nicht viel mit der Allie gemeinsam, die hier vor mir sitzt. Ich erkenne sie nicht wieder.«
    »Tja …«, sagte sie achselzuckend. »Wenn dein Leben den Bach runtergeht, gehst du manchmal mit den Bach runter. Hat’s so was in deinem Leben nie gegeben?«
    »Nein, jedenfalls nichts Vergleichbares. Ich hab nur …« Er hielt inne, als suchte er nach den richtigen Worten, doch dann verfolgte er den Gedanken nicht weiter. »Ich bewundere deine Stärke, Allie. Ich kann unmöglich sagen, was ich getan hätte, wenn ich in deinem Hemd gesteckt hätte, aber ich glaube, ich hätte es nicht so gut hingekriegt.«
    »Haut«, korrigierte sie

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