NIGHT SHOW - Thriller (German Edition)
Dani. Sag einfach »richtig!«, und damit ist es vorbei. Vielleicht. Trotzdem konnte sie ihm das nicht antun. »Wenn du der Meinung bist, dass du dich benehmen kannst, bist du herzlich eingeladen, wie geplant nächsten Samstag wiederzukommen.«
»Ehrlich?«
»Ja.«
»Warum ... warum bist du so nett zu mir?«
»Weil du so süß bist.«
Er lachte, was sich allerdings in diesem Moment eher wie ein Schluchzen anhörte.
Als sie sich dem Haus näherten, fiel ihr zuerst sein davor geparkter Leichenwagen ins Auge. Sie hätte nichts dagegen gehabt, in der Auffahrt Jacks Mustang vorzufinden, war jedoch nicht überrascht, dass dem nicht so war. Erst kurz nach 21 Uhr. Wahrscheinlich saßen Margot und er gerade beim Hauptgang.
Sie parkte an der Seite, um Platz für Jacks Auto zu lassen, stieg aus und öffnete Tony die hintere Tür. Er rappelte sich mühsam auf und klammerte sich an der Innenseite des Fensters fest, um sich abzustützen.
»Alles in Ordnung?«
»Ich denke schon.«
»Glaubst du, dass du fahren kannst?«
Er zuckte mit den Schultern und verzog das Gesicht, als bereite ihm die Bewegung unheimliche Schmerzen. »Ich ... ich bin schrecklich durstig. Darf ich ... vielleicht deinen Gartenschlauch benutzen?«
»Nicht nötig. Komm mit.« Sie gingen zum Eingang. Tony presste die Arme an den Körper, als müsste er sich schwer zusammenreißen. »Du kannst dich auch gleich notversorgen, solange du hier bist. Die Wunden desinfizieren.«
»Ich will keine Umstände machen.«
»Das macht keine Umstände«, erwiderte sie mechanisch und öffnete die Tür. Als ihr einfiel, wie klaustrophobisch sie sich zuvor gefühlt hatte, eilte sie ihm voran den Flur entlang und knipste das Licht im Badezimmer an. Als Tony hereinkam, holte sie gerade Jod sowie eine Schachtel mit Pflastern aus dem Apothekenschrank und legte beides neben das Waschbecken. Sie zog einen Pappbecher aus einem Spender an der Wand und reichte ihn Tony. Das festgetrocknete Blut verlieh seiner Hand eine ungesund wirkende, rostrote Färbung.
Er bedankte sich bei ihr.
»Flick dich erst mal wieder zusammen.«
»Und wohin gehst du?«
»Bloß in die Küche.«
»Musst du mich wirklich alleine lassen?«
»Ich glaube, damit kommst du schon allein zurecht, Tony.«
Er seufzte enttäuscht, doch Dani gab nicht nach. Sie fühlte sich nervös genug, mit ihm allein im Badezimmer zu sein. Wenn sie blieb, würde er sie womöglich noch bitten, ihm beim Säubern und Verarzten der Wunden zu helfen.
Kommt nicht infrage.
»Entschuldige mich«, sagte sie.
Er unternahm keinen weiteren Versuch, sie aufzuhalten.
Allmählich lernt der Junge, dachte sie, als sie sich auf den Weg machte.
Sie schenkte sich einen Wodka Tonic ein und schwang sich auf einen Hocker an der kurzen Seite der Bar. Von dort aus konnte sie die gesamte Länge des Korridors überblicken. Die Badezimmertür stand offen. Sie hörte das Wasser laufen und vermutete, dass er noch drinnen war. Aber ...
In ihrem Kopf geisterte die Vorstellung herum, dass er sich hinausschlich, während sie damit beschäftigt war, ihren Drink zu mixen, ins Schlafzimmer huschte, sich auszog und ... Sei nicht albern.
Dennoch war es vermutlich ein Fehler gewesen, ihn hereinzubitten. Der Junge war unberechenbar.
Das Wasser wurde abgedreht.
Zumindest hatte er das Badezimmer nicht verlassen.
Was, wenn er doch etwas versucht?
Dani genehmigte sich einen ausgiebigen Schluck und stellte das Glas ab. Ihr Blick wanderte zur Arbeitsfläche auf der anderen Seite der hell erleuchteten Küche und verharrte auf dem Messerblock.
Wer ist hier jetzt verrückt?
Kopfschüttelnd trank sie einen weiteren Schluck.
Sie lehnte an der Bar und wollte gerade an ihrem zweiten Wodka Tonic nippen, als Tony aus dem Badezimmer kam. »Alles erledigt?«, fragte sie.
Er nickte.
Dani stellte das Glas auf die Seite, sprang vom Barhocker auf und ging zu ihm. Sie fühlte sich ruhig und ein wenig benommen. Der doppelte Wodka in ihrem ersten Drink hatte ganze Arbeit geleistet, ihre Nerven zu beruhigen.
In der Diele blieb sie stehen.
Er näherte sich ihr in steifer und leicht vorgebeugter Haltung, den Kopf gesenkt, die Arme gerade an den Seiten.
»Hast du das Gefühl, du könntest innere Verletzungen haben?«, fragte Dani.
»Keine Ahnung.«
»Du hattest Blut im Mund.«
»Ein kleiner Kratzer am Gaumen. Und auf die Zunge hab ich mir auch gebissen.«
»Das wird dir eine Lehre sein, dass man nicht durch die Gegend läuft und fremde Leute erschreckt.«
Er hob den
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