NIGHT SHOW - Thriller (German Edition)
entschlossen auf den Eingang zu und trat ins Innere. Nach dem grellen Sonnenlicht draußen wirkte die Eingangshalle angenehm dunkel und kühl.
In der Nähe des Treppenaufgangs stieß sie auf eine Briefkastenanlage. Jeder Schlitz war mit einem roten Plastikstreifen beschriftet. Rasch wanderte ihr Blick zum Kasten mit der Nummer 210 und fand seinen Namen: A. Johnson.
Sie hatte ihn tatsächlich aufgespürt!
Langsam erklomm sie die Stufen. Im ersten Stock angekommen lehnte sie sich an die Wand. Ihr Atem ging schnell, ihr Herz raste, allerdings nicht vor Anstrengung.
Als sie die Augen schloss, sah sie wieder die nackte, leichenähnliche Schreckgestalt vor sich, die durch die Dunkelheit boshaft zu ihr herabgrinste. Der abgetrennte Kopf kullerte die Treppe herunter und rollte gegen ihren Körper. Die ausdruckslosen Pupillen musterten sie durch die Lücke zwischen ihren angewinkelten Beinen. Sie spürte, wie der warme Urin an ihren Schenkeln entlanglief. Die Gestalt kam näher und hob die Axt. Sie fühlte ihr Grauen, die Gewissheit, sterben zu müssen. Dann endlich der willkommene Geruch frischer Luft, als ihr die Flucht gelang. Und schließlich die explodierenden Schmerzen, als das Auto in sie hineinraste.
Keuchend riss sie die Augen auf, als wäre sie gerade aus tiefem Schlaf hochgeschreckt.
An ihren Beinen lief etwas hinab. Ihre Schuhe fühlten sich innen glitschig an. Der ausgebleichte grüne Läufer hatte sich zwischen ihren Füßen dunkel verfärbt.
Verdutzt blickte sie den Korridor entlang. Wenigstens befand sich niemand in der Nähe, um das peinliche Schauspiel zu beobachten.
Sie schälte sich aus der völlig durchnässten Unterhose heraus. Mit Papiertaschentüchern aus ihrer Handtasche wischte sie sich trocken. Den Slip ließ sie als nassen Stoffhaufen zurück und eilte zum Apartment mit der Nummer 210.
Alles seine Schuld! Alles!
Vermassele es nicht, warnte sie sich, als sie eine Faust hob, um gegen die Tür zu hämmern.
Stattdessen klopfte sie leise, fast schon zurückhaltend an.
Sie wartete und hielt dabei die Hände vor dem Körper verschränkt, sodass sie den Fleck auf ihrem Kleid verdeckten.
Die Tür blieb geschlossen.
Linda pochte erneut dagegen.
Schließlich gab sie es auf. Sie stieg die hintere Treppe ins Erdgeschoss hinab. Dort trat sie durch den rückwärtigen Eingang hinaus in eine Gasse und lief sie entlang. Dabei hielt sie den nassen Teil ihres Kleids vom Körper weg.
In ihrer Reisetasche hatte sie Wäsche zum Wechseln. Sie überlegte, ob sie sich zwischen die Mülltonnen kauern sollte, um das eingesaute Kleid abzustreifen.
Nein. Die Sonne würde es schnell trocknen.
Die saubere Kleidung wollte sie sich für die Rückreise nach Hause aufheben. Was immer sie an diesem Abend trug, würde mit größter Wahrscheinlichkeit von Blut durchtränkt werden.
Sofern ihr Plan gelang.
Eine Weile marschierte sie ziellos durch die Gegend und hielt sich dabei vorwiegend in kleinen Nebenstraßen. Dann kehrte sie zu Tonys Wohnung zurück, klopfte erneut an das Holz und wartete.
Diesmal ging sie zum Vordereingang hinaus. Sie überquerte die Straße. Am Ende des Häuserblocks setzte sie sich auf den Randstein, beobachtete die Gebäudefront und wartete.
24
»Okay, okay«, sagte Roger. »Alle bereit für die Splatterszene? Es war ein langer Drehtag. Lasst es uns auf Anhieb richtig machen, dann packen wir für heute unseren Kram zusammen.«
Jack, der auf dem niedrigen Dach der Hüttenattrappe kauerte, nickte und zog sich die Skimaske übers Gesicht. Mit beiden Händen umklammerte er den Griff der Axt.
»Sei vorsichtig«, rief Dani.
»Mach’s diesmal bloß richtig«, brummte Roger, der wegen der Panne mit der Schrotflinte in der vergangenen Woche immer noch verstimmt zu sein schien.
Damals hatte Jack gezögert, Ingrid den Kopf wegzupusten. Die Erinnerung rang Dani ein verklärtes Lächeln ab. Gott sei Dank gab es solche Pannen. Allerdings verpuffte das gute Gefühl schlagartig, als ihr einfiel, dass Ingrid seitdem verschwunden war.
Ingrid, ihr Double.
Tony, der die Puppe streichelte, ihre Brüste und ihren Hintern knetete, ihren Schritt befingerte, sie zärtlich mit ihrem Namen ansprach.
Krank genug dafür ist er jedenfalls ...
»Uuund Action.«
Jack sprang vom Dach. Er landete genau vor dem Stuhl, in dem Bills Puppe mit einer an die Lippen gehobenen Bierflasche saß. Jack schwang die Axt seitwärts. Sie traf Bill quer über der linken Augenbraue. Die Schädeldecke flog davon, während eine
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