Night Sky 1 - Sklave des Blutes (German Edition)
Räume, er ging zu nachlässig damit um. Falls Nyl unbemerkt in seine Nähe kam, was momentan durch seine Gedankenlosigkeit im Bereich des Möglichen lag, würde er sein Vorhaben in seinem Kopf lesen und ihn abhalten wollen. Das würde er nicht ertragen, es musste ein Ende haben. Er ließ sich aufs Bett sinken, vergrub das Gesicht in den Händen. Wenn sein Geruchssinn ihm nicht ständig das Aroma von Menschenblut unter die Nase riebe, könnte er auch denken. Jonas wusste, was mit ihm los war. Seine Sinne reagierten extrem geschärft, nachdem er von Cira getrunken hatte. Energie und Wildheit durchströmten ihn wie Kerosin, machten ihn aggressiv. Es kostete ihn maßlose Anstrengung, ruhig zu liegen, vor allem bei dem Duft, der sein Schlafzimmer jetzt erfüllte. Das Einzige, das ihn abhielt, über Amy herzufallen, war die Tatsache, dass ihr Blut nicht so unwiderstehlich verführerisch roch wie Ciras. Er ballte die Fäuste, knurrte, während er den Kopf hob und durch einen Rotstich die braunhaarige Schönheit fixierte. Ihr Herz schlug zügiger, die Adern an ihrem Hals pochten sichtbar, aber ihr Blick blieb starr auf ihn gerichtet, ihre Haltung eher angriffslustig als vorsichtig. Er wollte nicht reden, sich nicht erinnern. Ein Zittern durchlief ihn, er senkte die Lider, vergrub das Gesicht zwischen den Knien. Er war ein verachtenswerter Kerl. Wagte es, der Freundin seiner Cira Angst einzujagen, obwohl sie ihn nicht einmal beschimpft hatte. Zugegebenermaßen hatte er ihr nicht viel Möglichkeit dazu gegeben, als er sich aus dem Fenster des Motels gestürzt hatte, nachdem ihm die schreckliche Wahrheit über die Lippen gekommen war.
Jonas zuckte erbärmlich zusammen, als Amys Hand sich auf seine Schulter legte. Er tat einen Sprung an das Ende des Himmelbettes, knurrte, als hätte er zugleich Schiss vor ihr und vor sich.
„Du solltest gehen.“
„Ich werde erst gehen, wenn ich Antworten habe.“
„Zu deiner Sicherheit musst du dieses Zimmer und dieses Haus verlassen.“
Sie lachte, es klang bitter. „Ein vollständiger Artikel mit Fotos, Gesprächsmitschnitten und Videoaufnahmen liegt an drei unterschiedlichen Orten und wird über diverse Wege verschiedenen Pressestellen zugeschickt, falls ich mich nicht innerhalb der nächsten Stunde melde. Ihr outet euch doch eh gerade, ich werde diesen Prozess radikal beschleunigen.“
Ihre Gefühle sprachen die Wahrheit, ihr Gesicht verzerrte sich vor Kummer und Zorn, während sie wilde Entschlossenheit ausströmte, die er bisher ausschließlich bei Wesen aufgefangen hatte. Jonas schloss die Augen, lehnte den Kopf an den Bettpfosten. Er seufzte. Sie wusste nicht, wie ihn ihre Anwesenheit quälte und hätte er nicht Angst um ihr Leben, hätte er die Qual weiß Gott eng umarmt.
„Bist du einverstanden, die Unterlagen zu vernichten, wenn ich dir alles erzähle, dir aber danach die Erinnerung nehme?“ Er sah sie eindringlich an. „Zu deinem Schutz.“
Sie dachte kurz nach. „Nur die Erinnerung an unser jetziges Gespräch?“
„Nein.“
„Und falls ich nicht vergessen möchte?“
„Dann wird es jemand tun, der nicht vorher fragt.“
„Gibt’s Ausnahmen?“
Jonas verdrehte die Augen.
„Schon klar, wenn, wäre nicht ich das und würde es nicht erfahren. Mann, ich hasse Geheimniskrämerei. Also, ich werde den Artikel nicht beseitigen, ihn nur nicht publizieren. Zu meiner Sicherheit! Ich halte mich an mein Wort. Davor bestehe ich auf eine nachgewiesene Begründung, warum meine Freundin nicht mehr am Leben sein soll und falls das stimmt, auf eine angemessene Beerdigung … Sie hat nur noch uns.“
Jonas blickte sie ohne jegliche Regung an. Da wusste er mehr als sie. Ciras Eltern waren bei einem Autounfall gestorben, hatte sie erzählt, aber ihre älteren Stiefbrüder lebten, soweit hatte er vor Tagen in Erfahrung gebracht. Außerdem … uns? Ja, ihre Busenfreundin und ihren Mörder.
„Erinnerung gegen Information, geht klar.“
Sie nickte, als müsste sie sich Mut zusprechen, was Jonas daran erinnerte, wie grimmig er aussah und dass er nicht mit Sicherheit sagen konnte, was sie von ihm, von seiner Spezies, von Wesen wusste. Wäre er ein anderer Vampir, wäre es eine andere Zeit, hätte er sich brennend für Amy interessiert. Sie war … sonderbar. Allein, dass der Schattenwandler sich für sie erwärmte, war bemerkenswert. Zuerst hatte er gedacht, Nyl hätte Byzzarus mit zu seiner Rettung geschleppt, doch es war Amy, er schuldete auch ihr Dank. Er gab sich noch mehr
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