Night Sky 1 - Sklave des Blutes (German Edition)
heiße Luft. Amy hustete und starrte wütend hinterher, bis er in der Wüste verschwand. Sie rutschte auf die staubige Kühlerhaube und schimpfte. Es geschah ihr recht, dass sie bei lebendigem Leibe geröstet wurde. Die Sensationsgier, die Jagd nach einer brandheißen Story, nach einem einzigartigen Erlebnis, hatte sie angetrieben. Sie hätte immer wieder so entschieden. In dem Moment, als Byzzarus sich ihrem Mini auf der Fahrbahn in den Weg gestellt hatte und sie mit seiner charmanten und frechen Art in den Bann schlug, folgte sie ihm, sodass sie kaum bemerkte, wie sie Stadt und Staat verließen. Während des körperlosen Schwebens verlor sie das Gefühl für Raum und Zeit.
Jetzt fragte sie sich, ob sie vielleicht doch nicht freiwillig gegangen war, ob er sie verzaubert hatte. Wie er sie auf Händen trug, gentlemanlike, ein gewandter Charmeur, hätte es keines Hokuspokus bedurft, sie überall hin folgen zu lassen. Wie eine Verdurstende sog sie seine Zuneigung auf, seine Komplimente, die winzigen Aufmerksamkeiten und Gespräche. Das vergangene Jahrzehnt war kein Mann ihr derart nahe gekommen, zumindest nicht ihrem Herzen. Von vornherein Grenzen abstecken, reinlassen und hinauswerfen, so konnte niemand sie verletzen und sie verlor keine wertvolle Zeit, wenn ihr Körper zuweilen Lust verspürte. Kerle nahmen sich die Freiheit, sie ebenso. Doch mit Byzzarus verband sie etwas auf seltsame Weise, das ihre bisherigen Männerbekanntschaften verblassen ließen. Sein Wesen vibrierte wie Musik in ihrer Seele und das, obwohl es über einen Kuss auf die Lippen nie hinausgegangen war.
Kurz bevor Cira anrief, hatte sie in Erwägung gezogen, eine Weile mit Byzz umherzuziehen. Und jetzt, wo er sich mit Ny’lane auf die Suche nach Cira und Jonas begeben hatte, machte sie sich Sorgen um ihn. Seit acht Stunden kam sie fast um vor Unruhe wegen ihrer besten Freundin und ihm. Könnte sie bloß helfen.
Zum tausendsten Mal las sie in der Ferne den hellen Schriftzug an einem Berghang: Calico. Er zog sie magisch an, weil sie Ny’lane und Byzzarus, Jonas und Cira dort vermutete. Hoffentlich steckten nicht alle vier in einer Falle.
Amy stieg in den Wagen und fuhr, die karge Landschaft nach einem Hinweis absuchend, die Ghost Town Road entlang. Als sie ein ausgebranntes Fahrzeugwrack passierte, versicherten ihr Polizisten, dass sich keine Person darin befunden hätte. Der Brand, Zufall? Sie suchte die Gegend um die Geisterstadt ab und kehrte bei Sonnenuntergang zur Interstate 15 zurück. Am liebsten hätte sie sich auf den Highway gestellt, laut und unablässig nach Cira gerufen. Sie würde alles dafür geben, wenn ihre Freunde nur heil zurückkehrten.
An der Kreuzung checkte sie ins ‚Oak Tree Inn‘ ein, duschte und bat ihren Polizistenlover um eine Auskunft. Nach drei weiteren Telefonaten wusste sie, dass der ausgebrannte Jeep von Cira gemietet worden war. Das hieß nicht, dass sie tot war, bläute sie sich ein, als sie sich an eine Bar setzte. Der Diner glich eher einem Imbiss oder einem Café, trotzdem beschwerte sich niemand, als sie stumpfsinnig einen Thunderbird nach dem anderen trank. Sie kümmerte sich nicht um die mitleidigen oder anzüglichen Blicke der wechselnden Gäste. Keiner sprach sie an, man ließ sie grübeln. Lebte Cira? Weshalb meinte sie, Jonassuchen zu müssen? Ihre Gedanken drehten sich im Kreis, bis ihre Handyfanfare sie fast vom Hocker stieß. „Ja?“
„Ist dort Amy Evans?“
Sie kannte die Stimme von irgendwoher? „Ja.“
„Hier ist Franziska Wolters.“
Die Extremsportlerin mit der bordeauxschwarzen Haarmähne, die beobachtet hatte, wie ihr Bruder Christian von einem Werwolf getötet worden war. Ob sie den bösen Wolf zur Strecke gebracht hatte? Amy unterdrückte einen Schluckauf. „Hallo, wie geht’s dir? Schon ’ne Spur?“
„Bist du stoned?“
Sie schwenkte den Inhalt des Glases. „Ich hab Feierabend. Kann ich dir hel…“
„Nee, lass mal. Dann schnapp ich ihn mir allein.“
Missmutig starrte sie das verstummte Handy an und kippte das Getränk hinunter. Sie hätte in San Francisco bleiben sollen, der Polizei mehr Dampf machen, Cira intensiver suchen …
Ihre Nackenhärchen sträubten sich. Wesen nahten. Es war unheimlich, wie stark die Eingebung sich anfühlte. Sie drehte sich um. Die Tür des Diners ging auf, kühle Nachtluft strömte mit zwei Männern in Schwarz herein. Sie erstarrte. Jonas und Nyl nahmen beidseits von ihr Platz. „Wo ist Cira?“ Ihre Stimme war dünn und
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