Night Sky 1 - Sklave des Blutes (German Edition)
schuld sei.“
Die Worte wirbelten durch Jonas’ Kopf. Das Ergebnis war stets dasselbe, wenn er Fay Havelland Glauben schenkte – der Mörder seines Dads war der Gestaltwandler Lex-Vaun. Und der war bereits tot.
„Ich habe keinen Grund, weshalb ich an seinen Aussagen zweifeln sollte. Er sandte redliche Gefühle“, hauchte sie, tupfte über die Augen.
Auch Jonas fühlte ihre vollkommene Ehrlichkeit. Doch konnte und wollte er das alles annehmen? War es vorbei? Hatte er den Killer seines Dads gefunden? War Diandro gerächt, weil Lex-Vaun tot war? „Mrs. Havelland, ich gebe Ihnen nicht die Schuld, denken Sie das bitte nicht. Ich bin geschockt von dieser Nachricht. Bitte, wann und wie verschied Ihr Mann?“
„Er verschied am 2. März. Wir führen niemals Autopsien durch, weil für die Verewiglichung sämtliche Atome seiner Aura verteilt werden müssen. Außerdem kam Derartiges noch nie vor.“ Ihre Stimme versagte.
Sie starben am selben Tag. „Verewiglichung?“
„Die Asche wird verstreut, damit die Verblichenen im Jenseits ihre Gestalt aussuchen können.“
„Würden Sie mir einen weiteren Gefallen tun?“
„Jeden“, wisperte Fay.
„Bitte sagen Sie mir wortwörtlich, was Ihr Mann Ihnen sagte. Nicht das Private, den Rest.“
Sie nickte und fand die Worte augenblicklich in ihrem wahrscheinlich genauso unerschöpflichen Gedächtnis, wie es das seine war. „Meine liebe Fay, bitte führe meine Verewiglichung gleich am darauf folgenden Tage traditionell aus. Dann bitte ich dich, meinem treuen Gefährten Diandro Baker auf seiner Beerdigung die letzte Ehre zu erweisen. Ich trage Schuld an seinem Tod, der mir ebenso das Herz zerreißt wie dass ich dich mit den Kindern allein lassen muss. Sende der Familie Baker einen glücklichen Gedanken. Nachfolgend übermittelte er, dass wir abgesichert wären, wie unendlich er mich und die Kleinen liebte und dass wir uns bald wiedersehen würden. Am Schluss erwähnte er etwas Seltsames. Vielleicht war er es nicht mehr, es klang schon wie der Tod.“
Jonas nickte ihr zu, er litt mit ihr, doch er musste alles erfahren.
„Lex-Vaun sagte, und das war das Letzte, das ich hörte, ‚Meine Nachfolgerin ist Cira Jane Anderson‘. Dann fühlte ich schmerzhafte Leere.“
Jonas vergrub den Kopf in den Händen. Er durfte sich jetzt und hier nicht gehen lassen, den Respekt schuldete er Fay Havelland, die selbst vor Trauer verging. Er hatte recht gehabt. Cira war Teil des Ganzen, von Anfang an. Irgendwer hatte Lex-Vaun umgebracht und versuchte es seitdem bei Cira. Warum hatte der Gestaltwandler seinen Dad ermordet, obwohl sie sich gut kannten und scheinbar verehrten? Vielleicht ein Unglück, ein trauriges Fiasko, wie zwischen Cira und ihm? Jonas atmete tief ein und aus. Leichtigkeit hüllte den quälenden Kummer ein. Es hatte ein Ende gefunden! „Ich danke Ihnen für die offenen Worte, Mrs. Havelland. Es tut mir leid, dass ich Ihnen das antun musste. Nun können die Toten und auch ich besser ruhen.“
Fay zog bedächtig den Handschuh von der Rechten und schob sie über den Tisch in seine Richtung. „Nennen Sie mich Fay, bitte.“
„Jonas.“ Er starrte unhöflich auf ihre ruhig auf der Tischplatte liegende Hand. Zierlich, die Haut hell, die Fingernägel kurz und unlackiert. Er sah keinen Ehering, aber eine tiefe Furche, wo er einst für lange, lange Zeit gesessen hatte. Er fragte sich, weshalb sie ihn abgenommen hatte.
„Fürchte dich nicht, Jonas. Wir waren und sind niemals Feinde, uns verbindet viel, ich werde dir nichts antun.“
Er dachte an das Glücksgefühl, welches sie ihm auf dem Friedhof geschenkt hatte, und legte sanft seine Handfläche auf ihre.
„Sie ist warm.“
Jonas lächelte. „Wir haben uns über die Jahrhunderte angepasst, fast zumindest.“
Sie lächelte verhalten zurück. „Ich weiß, aber in der Literatur liest man noch Gegenteiliges. Oder empfinden Menschen euch als kalt?“
Durch Jonas ging ein Ruck, den er nicht verhindern konnte und Fay zog hastig die Hand weg.
„Bitte entschuldige. Ich wollte nicht in deinen Kopf sehen … du hast dich mir … es war unermesslich stark!“
„Fay.“ Jonas war mit ihr aufgestanden, überragte sie um mehr als Haupteslänge. „Ich weiß nicht, was du gelesen oder gesehen hast und ich schäme mich, dass ich so wenig von deiner Spezies verstehe. Glaub mir bitte, dass es niemals in meiner Absicht lag, dich zu ängstigen oder dir zu schaden.“ Was hatte sie erblickt, dass sie derart erschreckte? Dass er
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