Night Sky 1 - Sklave des Blutes (German Edition)
doch er hielt ihre Hand behutsam eine Sekunde länger, um ihr seine ehrlichen Absichten zu signalisieren und ihr Zeit zu geben, ihn durchzuchecken.
Die Villa strahlte herrschaftlich eingerichtet eine Gemütlichkeit aus, die man dort fand, wo Kinder ein Zuhause hatten, eine glückliche Familie. Der Gedanke stach Jonas ins blutende Herz. Er verzog keine Miene, behielt seinen gelassenen, freundlichen Gesichtsausdruck bei, während sie ihn auf die Terrasse führte, die umgeben von unzähligen Blumenranken und Bäumen wie ein Garten Eden wirkte. Ihre Sprösslinge hatte Fay vermutlich woanders in Sicherheit wissen wollen.
Sie bot ihm einen Platz am Gartentisch an, stützte sich auf einer Stuhllehne ab. Vielleicht, um das Größenverhältnis zu korrigieren, da er im Sitzen so groß war wie sie im Stehen. „Ich habe auf Kaffee und Kuchen verzichtet“, sie lächelte sachte, „aber wenn ich Ihnen etwas anderes anbieten darf?“
Jonas schüttelte den Kopf. Das Lächeln fiel ihm schon leichter und er versuchte, keinen aggressiven Eindruck zu machen. Er hätte doch den Anzug und nicht seine Lederkluft wählen sollen. Irgendwie hatte er eher mit einem Kampf als mit einem Teekränzchen mit einer zarten Frau gerechnet. „Bitte Mrs. Havelland, haben Sie keine Angst vor mir, ich bin gekommen, um mit Ihnen zu reden. Wenn es Ihnen jetzt nicht passt oder unangenehm ist, verschieben wir das Gespräch.“ Wie hatte er sich dermaßen von den Gerüchten über Gestaltwandler täuschen lassen? Weil einer ihn auf dem Schlachtfeld des Eriesees verletzt hatte, wo er sich für unfehlbar und unsterblich hielt? Selten schwappten so vorsichtige, unsichere Gefühle und redliche Zurückhaltung in sein Bewusstsein wie von Fay.
„Oh nein, Mr. Baker, verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich bin in Trauer, deshalb trage ich Schwarz, spreche gebrochen und gedämpft, es ist … wir sind vielleicht ein wenig unterschiedlich, was das betrifft, obwohl ich sagen muss, dass ich mich einzig mit Literatur über Sie informiert habe. Wir binden uns für die Ewigkeit und es bricht einem das Herz, wird eine Hälfte hinausgerissen, vor allem, wenn es unter diesen Umständen passiert.“
Jonas hätte fast dem Bedürfnis nachgegeben, die kleine Frau beschützend in den Arm zu nehmen, eher, weil sie ihm aus der Seele sprach, als dass er sie trösten könnte. Sie war so … offen. Und das sagte er ihr, sah, wie ihre Augen feucht schimmerten, als er leise hinzufügte: „Ich hoffe, es wird nicht mehr lange dauern, bis unsere Spezies miteinander reden. Auch Vampire binden sich für die Ewigkeit und mein Herz weint, da ihm zwei Leben entrissen wurden. Nur trauere ich ein wenig anders als Sie, Mrs. Havelland.“
Sie setzte sich und hob den Schleier. Ihr Gesicht schien makellos, ein Mensch hätte gesagt, sie wäre keine zwanzig, obwohl sie unbestreitbar einige Hundert Jahre alt war. „Ich freue mich über Ihre aufrichtigen Worte. Sicher wissen Sie, dass wir von Natur aus in die Köpfe unserer Mitlebewesen eindringen können und imstande sind, ihre Gefühle mitzuerleben. Bitte glauben Sie mir, dass ich es nicht tun werde.“
Hoffentlich tat sie es nicht! Er verspürte keine Angst, dass sie ihm schaden könnte, aber sie sollte nicht sehen, was er verbarg. Er ähnelte mit seiner für Vampire besonderen Gabe den Gestaltwandlern mehr als die meisten Wesen. „Ich vertraue Ihnen.“
„Sie dürfen gerne anfangen zu fragen, ich spüre Ihre Ungeduld.“
Sie lächelte und minderte sein schlechtes Gewissen, die gereizte Anspannung nicht besser verschleiert zu haben. „Bitte fühlen Sie sich nicht verpflichtet, zu antworten, sondern sagen mir geradeheraus, wenn ich meine Grenze überschreite. Weshalb erschienen Sie auf der Beerdigung meines Dads?“
„Es war sozusagen der letzte Wunsch meines Mannes.“
Jonas richtete sich unbedacht auf. „Wie bitte?“
„Wissen Sie“, sie seufzte, was ihm die Kehle zuschnürte, „es fällt mir nicht leicht, von Lex-Vaun zu sprechen. Verzeihen Sie … Mein Mann ging scheinbar einer anderen Arbeit nach, als er mir jahrzehntelang erzählte. Es gab nie einen Hauch von Geheimnissen zwischen uns und … ich würde es gern verdrängen, nichtsdestotrotz entspricht es leider der Wahrheit. In dem Moment, als Lex-Vaun starb, nahm er telepathisch Kontakt zu mir auf. Es waren höchstens zwei Sekunden“, sie schluchzte, „er sagte mir Persönliches und dass ich zu der Beerdigung von Diandro Baker gehen müsse, weil Lex-Vaun an seinem Tod
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