Night Sky 1 - Sklave des Blutes (German Edition)
Strom
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„Ich verstehe nicht …“
„Ich hatte mich bewusst zurückgezogen. Es tobte ein böser Krieg, ich war unkeusch und allein, lag im Kindbettfieber, sterbenskrank litt ich Höllenqualen, sogar im Schlaf. Zum Sterben ging ich an den See, zu schwach, um umzukehren oder zu essen, damit es schnell vorbei sei. Doch es dauerte … Als du kamst, mir meine Schmerzen nahmst und mich erlöstest, war es das größte Geschenk, das du mir machen konntest. Dass ich dir noch mit meinem Blut das Leben schenkte, gab mir den letzten guten Gedanken, eine schöne Erinnerung. Glaub mir, mir geht es im Jenseits besser.“
Jonas schlug die Augen auf. Er sprang vom Balkon in den Garten hinab und fing an, zu rennen. Niemand durfte ihn begnadigen – er verzieh sich nicht.
8. April
E r war das glücklichste Wesen auf Erden. Die Nervosität fiel ab, als er an Sitaras Seite über die hügelige Rasenfläche des Schlossgartens auf die vielen Gäste zuging, den Blick ausschließlich auf eines gerichtet: den hohen Bogen aus weißen Rosen im Hintergrund. Stoffbahnen überspannten weite Teile des blühenden Gartens, auf den Tresen der runden Bars reihten sich Gläser oder Spezialitäten auf großen Platten, auf Holzpodesten standen unzählige Stühle. Sogar Sitzecken mit langen Tischen, geschmückt mit herrlicher Blumenpracht, umsorgt von eifrigen Dienern. Sitara hatte keine Kosten und Mühen gescheut. Die Menge teilte sich mit vor Freude strahlenden Gesichtern. Er erkannte niemanden, er sah nur Josephine, die auf ihn wartete.
Alexander wollte auf sie zurasen, klammerte sich stärker als nötig an die Hand seiner Mutter. Seine zukünftige Frau, sie war so wunderschön. Das weiße Seidenkleid funkelte im Sonnenlicht, unterstrich ihren zierlichen Körper, die Elfenbeinhaut schimmerte verheißungsvoll, die rotbraunen Haare lagen offen auf dem freien Rücken und lockten sich verführerisch bis zum Po. Sie raubte ihm den Atem. Seine Augen schwammen im Glücksgefühl.
Ihr Bruder und Trauzeuge Timothy stand hinter ihr und sah ebenfalls selig aus. Er besiegelte das Viererband, als Sitara seine Handfläche unter die von Josephine hob. Seine Mutter und sein neuer Schwager banden ihnen eine weiße Schleife um die Hände, auf dass sie sich auf ewig verbunden fühlten.
Er sah sie an, sein Herz wollte vor Freude zerspringen. Sie strahlte glücklich, ihr Lächeln verzauberte ihn, würde ihn immer verzaubern – sie waren eins, gehörten zusammen für die Ewigkeit.
Als Alexander aus seinem Freudentaumel erwachte, schwebte er mit Josephine im Arm über die Tanzfläche. Er war sich vage bewusst, dass er gut 700 Gästen die Hand geschüttelt hatte und eine Band von Walzern in schnellere Beats überging. Er hielt sein Glück in den Armen, würde sie keine Sekunde mehr aus den Fingern lassen, wollte sie keinen Atemhauch mehr missen.
Er hatte einen Tag gebraucht, um nach Jonas’ Offenbarung, dass Josephine reinen Blutes war, zu ihr zu fahren, um erst mit Timothy und dann mit seinem Herzblatt zu sprechen. Sie fühlten beide, dass sie zueinandergehörten. Er glaubte ihr, als sie ihm erzählte, dass sie sich nicht an den 17. März erinnern könne und nur aus seinen Erzählungen wisse, dass sie zu Hause ausgebrochen und sich Jonas dargeboten hatte. Als er vor ihr auf die Knie fiel und sie bat, seine Frau zu werden, sagte sie ohne zu zögern Ja.
Alishas Geständnis vor vier Tagen hatte ihm den letzten, quälenden Stein vom Herzen genommen. Er würde sein Glück nie wieder vernachlässigen, niemals als sicher betrachten, es gab nichts, das seine Liebe zu Josephine schmälern konnte. Und darüber hinaus hatte er noch etwas geschworen. Zärtlich und voll Hingabe küsste er die Lippen seiner anmutigen Ehefrau, streichelte ihr weiches Haar, dann gab er ihr einen Kuss auf die Stirn und flüsterte: „Ich möchte es heute erledigen, mein Herz.“
Sie nickte ihm freudestrahlend zu, sie wusste, was er zu tun gedachte, sie hatten tagelang geredet. Sein Herz war ihr Herz, es schlug einzig für sie und mit der in Bälde folgenden Vereinigung sogar im Gleichtakt. Alexander schlenderte an den Gästen vorbei, schüttelte hier und da noch eine Hand, nahm Glückwünsche entgegen, hielt sich aber nicht lange auf, sondern steuerte auf den Rand zu, wo er Jonas vermutete und ihn bei seinem Kumpel Ny’lane in der Nähe einer Bar fand. Nyl stach nicht nur durch seine Größe oder die schwarz-silberne Lederkluft hervor, ebenfalls die im Sonnenuntergang schimmernde Glatze
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