Night Sky 1 - Sklave des Blutes (German Edition)
mit den Gesetzen. Die strengen Regeln des Baker Haushaltes galten nicht mehr, nicht für ihn. Der Blutdurst und die unablässig damit verbundene Begierde zwangen ihn, beides unbegrenzt zu stillen. Es zählte nicht für ihn, sich mit dem weniger berauschenden Elixier des gleichen Geschlechts abzugeben. Das heiße Blut der Azteken und das wilde der Indianer drängte ihn zu Freiheit. Er floh vor Konsequenzen, vor der zwingenden Enge
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Zwei ungezügelte Jahre später, im September 1813, beteiligte er sich aus Spaß an der Schlacht auf dem Eriesee zwischen der britisch-indianischen und amerikanischen Flotte. Das politische Zeugs interessierte ihn nicht. Er wollte der Legende Tecumseh begegnen, erfahren, ob dieser ebenso ein Vampir war. Doch der Kampf auf dem See war mörderisch, er kämpfte auf der falschen Seite in der Unterzahl und von der Versorgung abgeschnitten. Ein gegnerischer Gestaltwandler setzte ihm hart zu. Nach einem erbitterten Gefecht fielen die Briten dem Feind in die Hände, der Rest war tot oder versuchte, zu fliehen, so wie er. Er rettete sich mit einem Sprung ins Wasser vor der Gefangennahme und lag schwer verletzt auf Brettern einesuntergegangenen Schiffes. Das Schaukeln verursachte ihm Schmerzen, seine Knochenbrüche heilten extrem langsamer als sonst und er musste herausfinden, wo sich das nähere Ufer befand, bevor das Floß zerbrach und unterging. Der Eriesee war 388 km lang, wenn er in die falsche Richtung tauchte … so etwas wie Angst kannte er nicht, doch er spürte zum ersten Mal, wie seine Kraft ihn mit dem hinaussickernden Blut verließ. Sein Körper ließ die Wunden heilen, jedoch waren es diesmal zu viele und sein Elixier verbraucht
.
Mit dem nächsten Tag kam die Furcht
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Seine Sinne fanden keine Küstenlinie, er wusste um die Gefahr der Niagarafälle, seine Haut war grau und durchscheinend, nicht weiterhin braun und fast undurchdringlich. Wie hatte er sich als Reinblüter in solch eine Lage bringen können? Er hatte es für unmöglich gehalten, zu sterben. Aber er konnte es nicht mehr leugnen, er siechte dahin. Er fällte die Entscheidung sofort, ließ sich ins Wasser gleiten und tauchte schnurgerade in eine Richtung
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Jonas brauchte keine Luft zu holen, doch die Schmerzen brachten ihn um den Verstand. Sein Körper schwamm kraftlos, schwerelos, wie betäubt. Zarteste Strömungen lenkten ihn vom Kurs ab, Fische, die er sonst durch seine bloße Anwesenheit verjagte, attackierten seine Wunden. Er kämpfte sich voran in der Hoffnung, ein Ufer zu erreichen – vergeblich. Er verlor das Bewusstsein
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Als er zu sich kam, wusste er sofort, weshalb. Er war mehr tot als lebendig, aber sein Instinkt prügelte ihn auf die Knie, zwang ihn aus dem seichten Brackwasser die Böschung hinauf. Er witterte dank seines außergewöhnlichen Geruchssinns Menschenblut. Nach einigen Yards, die ihn die Würde kosteten, sah er sie. Ein Mädchen, dürr und schmutzig, unruhig schlafend im Schilf. Ihr weißblondes Haar lag im Matsch, sie wie ein Fötus zusammengerollt – Blut!
Sein Überlebensinstinkt übernahm das Kommando. Er pirschte sich an, was nicht nötig war. Ihr Puls ging schwächlich, sie war verwundet oder krank – egal. In der letzten Bewegung, zu der er fähig war, kroch er neben sie und biss ihr in die Halsvene. Gierig saugte er ihren Lebenssaft, verdorben schmeckte er und kränklich, doch er berauschte ihn. Leben durchsprudelte ihn, erweckte seine Sinne und seinen Körper. Niemals war er so dankbar für die Gabe eines Menschen gewesen. Er spürte, wie sie zusammenzuckte, dann legte sie die dürren Ärmchen um Jonas’ Schultern und zog ihn heran. Er hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit. Sein Speichel beruhigte sie, dennoch entglitt ihr ein heiseres, seliges Stöhnen
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Jonas trank zügiger, Lust erwachte, seine Droge berauschte ihn, ließ ihn zittern vor wiedergewonnener Kraft. Die Rechte zwang er unter ihren Nacken, zog den Hals näher an seinen Mund, die Linke raffte selbsttätig den langen Rock und schob sich darunter, wühlte sich durch die Stoffe, bis er die nackten Innenseiten ihrer Beine fand. Sie presste ihre Schenkel so fest zusammen, dass sein Arm geborsten wäre, wäre sein Körper nicht hart wie Stein. Ein unmenschliches Keuchen kam aus ihrer Kehle, dann erschlaffte sie
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Jonas erwachte aus dem Albtraum und schrie. Er war nicht überrascht, er hatte in Folge auf die Ereignisse der vergangenen Tage erwartet, dass das Mädchen mit dem weißblonden Haar ihn heimsuchen würde.
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