Night World - Gefährten des Zwielichts - Smith, L: Night World - Gefährten des Zwielichts - Night World - Soulmate
dass Kreaturen wie du wiedergeboren werden. Du würdest einfach … sterben.«
Thierry nickte. Er fürchtete nur zwei Dinge: Dass Maya ihn finden würde, während er schlief, und dass er nicht wissen würde, wann er aufwachen musste.
»Letzteres kann ich arrangieren«, sagte Hellewise leise. »Ihr seid ohnehin miteinander verbunden; eure Seelen sind eins. Wenn sie wiedergeboren wird, werden es dir die Stimmen von der Anderen Seite zuflüstern.«
Thierry fand selbst heraus, wie das erste Problem zu lösen war. Er schaufelte sich ein Grab. Es war der einzige Ort, an dem er sich darauf verlassen konnte, sicher zu sein und nicht gestört zu werden.
Hellewise gab ihm einen Trank aus Wurzeln und Borke, und Thierry schlief ein.
Er schlief sehr lange.
Er verschlief die epische Schlacht, bei der Hellewise Maya mit ihrem Sohn, Red Fern, aus dem Stamm jagte, weg von den Hexen. Er schlief, als die Nachtwelt ihren Anfang nahm, und verschlief Tausende von Jahren menschlicher Entwicklung. Als er endlich erwachte, war die Welt ein anderer Ort, mit Zivilisation und Städten. Und er wusste, dass irgendwo in einer davon Hana geboren worden war.
Er begann zu suchen.
Er war ein Wanderer, eine verlorene Seele ohne Heim und ohne Angehörige. Aber er war kein Mörder. Er lernte, Blut zu nehmen, ohne zu töten, und willige Spender zu finden, statt verängstigte Beute zu jagen.
Er suchte in jedem Dorf, in dem der vorbeikam, lernte die neue Welt kennen, die ihn umgab, lebte von sehr wenig und blickte forschend in jedes Gesicht, das er sah. Viele Gemeinschaften hätten ihn mit Freude aufgenommen, diesen hochgewachsenen jungen Mann mit den staubigen Kleidern und den in die Ferne gerichteten Augen. Aber er blieb immer nur gerade lange genug, um sich davon zu überzeugen, dass Hana nicht dort war.
Als er sie tatsächlich fand, war er in Ägypten. Sie war sechzehn. Ihr Name war Ha-nahkt.
Thierry hätte sie überall erkannt, denn sie war immer noch hochgewachsen, immer noch hellhaarig und grauäugig und schön.
Bis auf eine Kleinigkeit.
Über ihre linke Wange, wo sein Daumen an jenem Morgen, an dem er sie tötete, ihr eigenes Blut verschmiert hatte, zog sich ein rotes Mal wie eine Prellung. Wie ein Makel auf ihrer perfekten Haut.
Es war eine Art psychisches Brandmal, eine körperliche Erinnerung an das, was ihr in ihrem letzten Leben widerfahren war. Eine dauerhafte Wunde. Und es war seine Schuld.
Trauer und Scham überwältigten Thierry. Er sah, dass
das andere Mädchen, Ket, die Freundin aus Hanas letztem Leben, jetzt wieder bei ihr war. Sie hatte Freunde. Vielleicht war es das Beste, sie in diesem Leben in Ruhe zu lassen und nicht einmal zu versuchen, mit ihr zu sprechen.
Aber er hatte Maya vergessen.
Vampire sterben nicht.
Das Leben ist manchmal seltsam. Gerade als Thierry darüber nachdachte, trat jemand in die Lobby. Immer noch halb versunken in seinen Tagtraum über die Vergangenheit, erwartete er, dass es Kirke sein würde, daher war er einen Moment lang einfach nur verwirrt. Dann beschleunigte sich sein Herzschlag und alle Muskeln in seinem Körper krampften sich heftig zusammen.
Es war Maya.
Er hatte sie seit über hundert Jahren nicht mehr gesehen. Das letzte Mal war er ihr in Quebec begegnet, als Hana den Namen Anette getragen hatte.
Und Maya hatte sie einfach getötet.
Thierry stand auf.
Sie war so schön wie immer. Aber für Thierry glich ihre Schönheit den Regenbogenfarben auf Ölschlieren. Er hasste sie mehr, als er jemals geglaubt hatte, jemanden hassen zu können.
»Du hast mich also gefunden«, sagte er leise. »Ich wusste, dass du irgendwann auftauchen würdest.«
Maya lächelte strahlend. »Ich habe sie zuerst gefunden.«
Thierry erstarrte.
»Dieses Amulett war sehr gut. Ich musste warten, bis ich sie allein antraf, sodass sie mich hineinbitten konnte.«
Thierrys Herz tat einen Satz. Er verspürte ein körperliches Ziehen, als versuche irgendetwas in ihm, hinauszugelangen, versuche verzweifelt, Hannah zu erreichen – jetzt.
Wie hatte er so dumm sein können? Sie war zu unschuldig; natürlich würde sie jemanden in ihr Haus einladen. Und sie hielt Maya für eine Freundin.
Der Ring hätte ihr zumindest ein gewisses Maß an Schutz gegen Gedankenkontrolle bieten sollen – aber nur, wenn Hannah ihn anbehalten hätte. Thierry begriff jetzt, dass sie ihn wahrscheinlich abgelegt hatte.
Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, als er fragte: »Was hast du ihr angetan?«
»Oh, nicht viel. Im
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