Night World - Gefährten des Zwielichts - Smith, L: Night World - Gefährten des Zwielichts - Night World - Soulmate
an.
Er warf den Toten beiseite und griff nach dem nächsten.
Als mehrere Jäger sich ihm gleichzeitig näherten, schlug er sie auseinander und tötete sie, einen, zwei, drei. Er war ein sehr tatkräftiger Mörder. Das Blut verlieh ihm übernatürliche Kräfte und Schnelligkeit und die Blutgier war seine Motivation. Er war wie ein Wolf, der auf eine Herde von Antilopen losgelassen worden war – nur dass lange Zeit niemand im Stamm so vernünftig war, um wegzulaufen. Sie näherten sich ihm immer wieder, versuchten, ihn aufzuhalten, und er tötete immer wieder.
Es war ein Gemetzel. Er tötete sie alle.
Er war trunken von Blut, und er schwelgte in dem Rausch, in der animalischen Einfachheit der Macht, die das Blut ihm gab. Das Töten war großartig. Töten, um zu essen, töten aus Rache. Die Vernichtung der Menschen, die ihn verletzt hatten. Er wollte niemals damit aufhören.
Er trank gerade die letzten Tropfen aus den Adern eines jungen Mädchens, als er den Blick senkte und sah, dass es Hana war.
Ihre klaren grauen Augen waren weit geöffnet, aber das Licht in ihnen wurde langsam dunkel.
Er hatte sie getötet.
Binnen eines einzigen blendenden Augenblicks war er kein Tier mehr. Er war eine Person. Und er schaute auf die einzige Person hinab, die versucht hatte, ihm zu helfen, die ihm ihr Blut angeboten hatte, um ihn am Leben zu erhalten.
Er hob den Blick und sah die Zerstörung, die er angerichtet hatte. Es war nicht nur dieses Mädchen. Er hatte den größten Teil ihres Stammes ermordet.
Das war der Moment, in dem er die Wahrheit begriff. Er war verdammt. Schlimmer als Maya. Er hatte ein Verbrechen begangen, das so monströs war, dass er niemals Vergebung finden konnte, niemals Erlösung. Er hatte sich am Ende auf die Seite des Bösen gestellt, genau wie Maya es vorausgesagt hatte.
Keine Strafe konnte zu hart für ihn sein – aber andererseits würde keine Strafe, wie hart sie auch sein mochte, auch nur den geringsten Unterschied machen, nicht für diese Menschen oder für das sterbende Mädchen in seinen Armen.
Einen Augenblick lang schob ein Teil von ihm Schuldgefühle und Grauen von sich. In Ordnung, du bist böse, sagte dieser Teil. Dann sei auch böse, genieße es. Bedaure nichts. Das ist jetzt deine Natur. Gib nach.
Das Mädchen in seinen Armen regte sich.
Sie war immer noch bei Bewusstsein, wenn auch nur knapp. Ihre Augen waren nach wie vor geöffnet. Sie schaute zu ihm auf …
Und in diesem Moment durchzuckte Thierry ein Schock, der anders war als alles, was er je zuvor gefühlt hatte.
In diesen großen grauen Augen, in den Pupillen, die sich bis an ihre Grenzen geweitet hatten, als wollten sie vor dem Tod auch noch den letzten Lichtstrahl auffangen, sah er … sich selbst.
Sich selbst und das Mädchen, wie sie Hand in Hand durch die Zeitalter wanderten. Zusammen. Sich verändernde Szenen, andere Orte, andere Zeiten. Aber immer sie beide, aneinandergekettet durch ein unsichtbares Band.
Er erkannte sie. Es war beinahe so, als lägen all diese verschiedenen Zeitalter bereits hinter ihnen, als erinnere er sich nur daran. Aber er wusste, dass sie in der Zukunft lagen. Er schaute durch den Korridor der Zeit und sah, was hätte sein sollen.
Sie war seine Seelengefährtin.
Sie war diejenige, der es bestimmt war, mit ihm durch verschiedene Leben zu gehen, geboren zu werden und zu lieben und zu sterben und wieder geboren zu werden. Sie waren füreinander geboren worden, um einander zu helfen, zu wachsen und zu blühen und zu entdecken und sich zu entwickeln. Sie sollten viele Leben zusammen haben.
Und nichts von alldem würde geschehen. Er war eine unsterbliche Kreatur – wie konnte er sterben und wieder geboren werden? Und sie starb seinetwegen. Er hatte alles zerstört, alles. Er hatte sein Schicksal getötet.
In der Ungeheuerlichkeit dieser Erkenntnis saß er stumm und benommen da. Er konnte nicht sagen: »Es tut mir leid.« Er konnte nicht sagen: »Was habe ich getan?« Es gab nichts, was er sagen konnte, das in seiner Nichtigkeit nicht herabgewürdigt worden wäre. Er saß einfach nur da und zitterte, während er in ihre Augen blickte. Er hatte das endlose Gefühl zu fallen.
Und dann begann Hana zu sprechen.
Ich verzeihe dir.
Es war nur ein Wispern, aber er hörte es in seinem Kopf, nicht mit den Ohren. Und er verstand es, obwohl ihre Sprache eine andere war als seine. Thierry wurde schwindlig bei der Entdeckung, dass er mit ihr reden konnte. Oh, Göttin, die Chance, ihr zumindest zu
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