NIGHT WORLD - Jägerin der Dunkelheit
praktisch fester Boden«, flüsterte Rashel. »Es war die ganze Zeit über vollkommen ruhig.«
»Sag das meinem Magen.« Daphne stöhnte, und Rashel stieß sie an. Jemand kam die Treppe herunter.
Es war Lily. Ivan wartete oben mit dem Taser. Sie trieben die Mädchen vom Boot und auf eine kleine Anlegestelle. Rashel begann erneut mit leerem Blick in die Gegend zu starren und dankte dem Mondlicht, dass es ihr ermöglichte, etwas zu sehen.
Es war keine besonders bemerkenswerte Anlegestelle. Ein Kai mit einer Tanksäule und einem Schuppen. Drei weitere Boote lagen dort.
Und das war alles. Rashel konnte keine Lebenszeichen entdecken. Die Boote schaukelten wie Geisterschiffe auf dem Wasser. Alles war still, bis auf das Klatschen der Wellen.
Eine private Insel, dachte Rashel.
Etwas an diesem Ort führte dazu, dass sich die feinen Härchen in ihrem Nacken aufstellten.
Mit Lily an der Spitze und Ivan hinter ihnen wurde die Gruppe auf einen Wanderpfad getrieben, der sich um eine Klippe schlängelte.
Es ist nur eine Insel, sagte Rashel sich. Du solltest vor Freude tanzen. Dies ist die Enklave, zu der du wolltest. Dieser Ort hat nichts... Unheimliches...
Und dann, als sie den Gipfel der Klippe erreichten, sah sie die Felsen. Große Felsen. Monolithen, die sie auf schaurige Weise an Stonehenge erinnerten. Es sah so aus, als hätte ein Riese sie in der Landschaft verstreut.
Und zwischen ihnen standen Häuser auf der einsamen Klippe über dem gewaltigen, dunklen Meer. Sie alle schienen verlassen zu sein, und irgendwie erinnerten sie Rashel an Wasserspeier, wie sie geduckt und wartend dahockten.
Lily ging die sandige, ungepflasterte Straße entlang auf das letzte Haus zu.
Es war eines dieser riesigen »Sommercottages«, bei denen es sich in Wirklichkeit um Villen handelte. Ein gewaltiges, weißes, Haus, zweieinhalb Stockwerke hoch, mit kunstvollen Verzierungen.
Ein heißer Schreck durchfuhr Rashel.
Ein Fachwerkhaus. Holz. Dieses Haus war nicht von Vampiren erbaut worden.
Die Lamia bauten mit Back- oder Naturstein, nicht mit Holz, das für sie tödlich war. Sie mussten diese Insel von Menschen gekauft haben.
Rashels Körper kribbelte von Kopf bis Fuß. Dies ist definitiv keine normale Enklave. Wo sind die Bewohner? Wo ist die Stadt? Was tun wir hier?
»Bewegt euch, bewegt euch.« Lily schob sie um das Haus herum und hinein. Und endlich hörte Rashel die Geräusche anderer Lebewesen. Stimmen, die irgendwo aus dem Inneren des Hauses kamen.
Aber sie bekam keine Chance festzustellen, wem die Stimmen gehörten. Lily brachte sie in eine große, altmodische Küche, vorbei an einer Speisekammer mit leeren Regalen.
Am Ende der Speisekammer befand sich eine schwere Holztür, und auf einem Hocker vor der Tür saß ein Junge in Rashels Alter. Er hatte buschiges, braunes Haar und trug Cowboystiefel. Er las ein Comic.
»He, Rudi«, sagte Lily energisch. »Wie geht es unseren Gästen?«
»Fügsam wie kleine Lämmer.« Rudis Stimme klang lakonisch, aber er stand respektvoll auf, als Lily vorbeiging. Sein Blick flackerte über Rashel und die anderen Mädchen.
Werwolf.
Rashels Instinkte schrien dieses Wort geradezu. Und der Name... Werwölfe hatten häufig Namen wie Lovell oder Felan, die in ihrer Muttersprache Wolf bedeuteten.
Rudi bedeutete in Ungarn »Berühmter Wolf«.
Die besten Wachen der Welt, dachte Rashel grimmig. Es wird schwer sein, an ihm vorbeizukommen.
Rudi öffnete die Tür. Von Lily gestoßen, ging Rashel eine schmale, extrem steile Treppe hinunter. Am Fuß der Treppe befand sich eine weitere schwere Tür. Rudi schloss sie auf und ging voran.
Rashel trat in den Keller.
Was sie sah, war etwas, das sie noch nie zuvor gesehen hatte. Ein großer Raum mit niedriger Decke. Schwach beleuchtet. Mit Reih In jedem Bett lag ein Mädchen.
Alle Altersklassen, alle Größen, aber jede einzelne auf ihre eigene, einzigartige Weise schön.
Es sah aus wie eine Krankenhausstation oder ein Gefängnis. Während Rashel zwischen den Reihen weiter ging, hatte sie große Mühe, ihren leeren Gesichtsausdruck beizubehalten. Diese Mädchen waren an die Betten gefesselt, sie waren wach und verängstigt.
Erschrockene Augen blickten Rashel aus jedem Bett entgegen, dann huschten ihre Blicke zu dem Werwolf hinüber. Rudi grinste sie an, winkte und nickte zu beiden Seiten. Die Mädchen wichen zurück.
Nur einige wenige schienen tapfer genug zu sein, um überhaupt etwas zu sagen.
»Bitte...«
»Wie lange müssen wir noch
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