Night World - Retter der Nacht
klar«, sagte Phil voller Spott und Verachtung. »Und? Was habt ihr also gemacht? Euch Drogen reingezogen, oder was?«
»Das hier.«
James hatte etwas aus seiner ersten Begegnung mit Poppy im Krankenhaus gelernt: erst zeigen, dann erklären. Das war die richtige Reihenfolge. Diesmal hielt er sich nicht groß mit Reden auf. Er packte Phil am Haar und riss seinen Kopf zurück.
Es gab nur eine einzige Lampe hinter dem Supermarkt. Aber das Licht reichte, um Phil einen guten Blick auf die entblößten Reißzähne zu verschaffen, die über ihm schwebten. Und James konnte mit seiner Nachtsicht natürlich mühelos erkennen, wie Phils Pupillen sich vor Entsetzen weiteten.
Phillip schrie auf und seine Muskeln wurden schlaff.
Nicht aus Angst, das wusste James. Phil war kein Feigling.
Es geschah aus ungläubigem Schock, der sich langsam in Erkenntnis verwandelte.
Phillip fluchte. »Du bist ein …«
»Stimmt.« James ließ ihn los.
Er verlor fast das Gleichgewicht und musste sich an der Mülltonne festhalten. »Ich glaube es nicht.«
»Doch, das tust du«, antwortete James. Er hatte seine Reißzähne nicht zurückgezogen, und er wusste, dass seine Augen silbern glänzten. Phil musste einfach glauben, was er da mit eigenen Augen sah.
Ihm kam anscheinend der gleiche Gedanke. Er wollte den Blick abwenden, aber er konnte es nicht. Er war weiß im Gesicht und schluckte, als müsste er sich gleich übergeben.
»Oh Mann«, sagte er schließlich. »Ich wusste, dass etwas mit dir nicht stimmt. Ich habe nur nie herausgefunden, warum du mir so unheimlich bist. Also, das ist es.«
Er verabscheut mich, dachte James. Das ist nicht mehr nur Hass. In seinen Augen bin ich weniger als ein Mensch, eher ein wildes Tier.
Das war kein gutes Omen für James’ weitere Pläne.
»Verstehst du jetzt, wie ich Poppy helfen kann?«
Phil schüttelte langsam den Kopf. Er lehnte gegen die Wand und hielt sich immer noch mit einer Hand an dem Müllcontainer fest.
James ging langsam die Geduld aus. »Poppy hat eine
Krankheit. Vampire werden nicht krank. Na, brauchst du’ne Schritt-für-Schritt-Anleitung?«
Phils Gesichtsausdruck war weiterhin verwirrt.
»Wenn ich genug Blut mit Poppy austausche, um sie zum Vampir zu machen, wird sie keinen Krebs mehr haben«, stieß James zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. »Jede Zelle in ihrem Körper wird sich verändern, und Poppy wird am Ende ein perfektes Wesen sein, ohne Makel und ohne Krankheit. Sie wird Kräfte besitzen, von denen Menschen nicht einmal träumen. Und nebenbei wird sie auch noch unsterblich sein.«
Es entstand ein langes Schweigen, während James beobachtete, wie seine Worte langsam in Phils Verstand eindrangen. Phils Gedanken waren zu durcheinander und wirkten auf James wie ein buntes, wirbelndes Kaleidoskop. Er konnte nichts erkennen. Aber Phils Augen wurden immer größer und sein Gesicht wurde noch weißer.
Schließlich sagte er: »Das kannst du ihr nicht antun.«
Es war die Art, wie er es aussprach. Nämlich mit absoluter Überzeugung und blankem Entsetzen. Als ob James damit drohte, Poppys unsterbliche Seele zu stehlen.
»Es ist die einzige Chance, ihr Leben zu retten«, erklärte James.
Phil schüttelte wieder langsam den Kopf. Er wirkte
wie in Trance. »Nein, nein. Sie würde das nicht wollen. Nicht zu diesem Preis.«
»Und was ist der Preis?« James wurde immer ungeduldiger. Er befand sich nun in der Defensive und war verzweifelt. Wenn er geahnt hätte, dass sein Plan in eine philosophische Diskussion ausarten würde, hätte er einen einsameren Ort dafür ausgewählt. Im Moment musste er sich auch noch mit allen Sinnen auf mögliche Störfaktoren konzentrieren. Phil ließ die Mülltonne los und stand auf eigenen Füßen. Angst, gemischt mit Horror, lag in seinem Blick, aber er sah James fest an.
»Es ist nur - es gibt Dinge, die für Menschen wichtiger sind, als am Leben zu bleiben«, begann er. »Das wirst du schon noch herausfinden.«
Das glaube ich jetzt nicht, dachte James. Er spricht wie ein Raumschiffkapitän zu fremden Eindringlingen. Das könnte glatt aus einem Drehbuch zu »Star Trek« stammen. ›Ihr werdet schon noch herausfinden, dass die Menschen kein so leichtes Ziel sind, wie ihr euch das vielleicht vorstellt.‹
»Bist du verrückt?«, fragte er laut. »Schau, Phil. Ich bin in San Francisco geboren und aufgewachsen. Ich bin kein glupschäugiges Wesen aus dem Weltall. Ich esse Müsli zum Frühstück.«
»Und was nimmst du als kleinen
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