Night World - Retter der Nacht
…« Noch während sie es aussprach, spürte sie, wie furchtbar diese Strafe war.
Sein Gesicht tauchte noch tiefer in die Schatten. »Mach dir darüber keine Sorgen«, sagte er mit seiner alten, coolen Stimme.
Poppy nahm niemals einen Rat an, noch nicht einmal von James. Eine Welle von Gereiztheit und animalischer Wut überrollte sie. Sie fühlte, wie sich ihre Augen verengten, und ihre Finger formten sich zu Klauen.
»Schreib du mir nicht vor, worüber ich mir Sorgen machen muss!«
Er runzelte die Stirn. »Ich soll dir nicht …«, begann er und hielt dann inne. »Was mache ich eigentlich? Du bist noch krank von der Umwandlung und ich sitze seelenruhig hier.« Er rollte seinen Hemdsärmel hoch und ritzte mit dem Fingernagel sein Handgelenk auf. Blut quoll heraus.
In der Dunkelheit sah es schwarz aus. Aber Poppy betrachtete die Flüssigkeit fasziniert. Sie öffnete unbewusst ihre Lippen und ihr Atem ging schneller.
»Komm«, sagte James sanft und hielt ihr das Handgelenk hin. In der nächsten Sekunde hatte Poppy sich darauf gestürzt und saugte, als wollte sie ihn vor einem giftigen Schlangenbiss retten.
Es war so natürlich, so leicht. Das war es, was sie gebraucht hatte, als sie Phil losschickte, um Kirscheis und Preiselbeersaft zu kaufen. Dieser süße, reiche Stoff war das Richtige und nichts anderes. Poppy trank gierig.
Alles war so schön: die Nähe, der volle, dunkelrote Geschmack, die Stärke und die Lebendigkeit, die sie bis in die Fingerspitzen erfüllten. Aber am besten war die Berührung mit James’ Verstand. Es machte sie fast schwindlig vor Freude.
Wie hatte sie ihm je misstrauen können? Es schien so abwegig, jetzt, wo sie fühlen konnte, was er fühlte. Sie würde nie einen anderen so kennen, wie sie James kannte.
Es tut mir leid, entschuldigte sie sich auf telepathischem Weg. Und fühlte, wie ihr Gedanke angenommen und ihr verziehen wurde.
Das war nicht deine Schuld, sagte er ihr, ohne zu sprechen.
Poppys Verstand schien mit jeder Sekunde klarer zu werden. Es war, als würde sie aus einem langen, unruhigen Schlaf aufwachen. Ich möchte, dass es niemals endet. Dieser Gedanke war eher für sie als für ihn bestimmt.
Aber sie spürte eine Reaktion in ihm, die er sofort
wieder zu verbergen versuchte. Aber nicht schnell genug. Poppy hatte es aufgeschnappt.
Vampire tun so etwas nicht miteinander.
Poppy war geschockt. Sie würden dieses wunderbare Gefühl nie mehr teilen, nachdem sie verwandelt war? Sie konnte es nicht glauben. Sie weigerte sich. Es musste einen Weg geben …
Wieder fühlte sie eine Reaktion in James, aber gerade als sie diese verfolgen wollte, nahm er sanft sein Handgelenk fort. »Du trinkst besser heute Nacht nichts mehr«, sagte er, und seine richtige Stimme klang fremd in ihren Ohren. Sie waren wieder zwei getrennte Wesen. Die Einsamkeit war schrecklich.
Wie sollte sie überleben, wenn sie nie mehr seinen Verstand berühren durfte? Wenn sie Worte benutzen sollte, die ihr als Mittel der Verständigung plötzlich so primitiv erschienen wie Rauchsignale? Wenn sie ihn nie mehr voll und ganz spüren konnte, weil sein ganzes Sein offen für sie dalag?
Es war grausam und unfair, und alle Vampire mussten Idioten sein, wenn sie sich mit weniger zufriedengaben.
Bevor sie den Mund öffnen konnte, um den schwerfälligen Prozess zu beginnen, dies James mit Worten zu erklären, öffnete sich die Tür. Phillip sah sich um.
»Komm rein«, sagte James. »Wir haben viel zu besprechen.«
Phil starrte Poppy an. »Geht es dir …?« Er hielt inne,
schluckte und beendete den Satz mit einem heiseren Flüstern. »… besser?«
Man brauchte kein Telepath zu sein, um seine Abscheu zu erkennen. Er schaute auf ihren Mund und dann schnell zur Seite. Poppy wusste, was er gesehen haben musste. Einen Fleck, als hätte sie Beeren gegessen. Sie rieb sich mit dem Handrücken über die Lippen.
Sie wollte sagen, dass es nicht abstoßend war. Es war ein Teil der Natur. Eine Art, Leben zu geben, reines Leben. Es war geheim und wunderschön und es war richtig.
»Lehne es nicht ab, bevor du es nicht versucht hast«, sagte sie stattdessen.
Phillips Gesicht verzog sich vor Entsetzen. Das Seltsame war, dass James in diesem Punkt völlig mit ihm übereinstimmte. Poppy konnte es spüren. Auch James empfand den Austausch von Blut als etwas Dunkles, Verbotenes. Sie seufzte lang und schwer und fügte hinzu: »Jungs.«
»Es geht dir besser.« Phil gelang ein schwaches Lächeln.
»Ich glaube, ich war vorher
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