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Night World - Retter der Nacht

Titel: Night World - Retter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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bekam, und litt Höllenqualen.

    Ein leises Geräusch war vom Flur her zu hören. Schritte. Die Schritte von mindestens zwei Personen. Sie klangen nicht wie die ihrer Mutter und Cliff. Außerdem waren die beiden sowieso schon ins Bett gegangen.
    Es wurde ganz leicht an die Tür geklopft, und dann drang ein Lichtstrahl herein, als die Tür knarrte. »Poppy? Schläfst du schon?«, flüsterte Phil.
    Zu Poppys Empörung kam er herein, ohne auf eine Antwort zu warten. Jemand war bei ihm.
    Nicht einfach jemand. Nein, er ! Derjenige, der Poppy so sehr verletzt hatte wie niemand sonst. Der Verräter. James.
    Ihre Wut gab Poppy die Kraft, sich aufzusetzen. »Hau ab! Sonst werde ich dir weh tun!« Das war die primitivste aller Warnungen. Sie glich der Reaktion eines in die Enge getriebenen Tieres.
    »Poppy, bitte, lass mich mit dir reden«, sagte James. Und dann geschah etwas Verblüffendes. Selbst Poppy, in ihrem benommenen Zustand, bekam mit, wie erstaunlich es war.
    »Bitte tu es, Poppy. Hör ihm einfach nur zu«, bat Phil.
    Phil schlug sich auf James’ Seite?
    Poppy war zu verwirrt, um zu protestieren, als James näher kam und sich an ihr Bett kniete.
    »Ich weiß, dass du aufgebracht bist, Poppy. Und es ist meine Schuld. Ich wollte nicht, dass Phil mitbekam, was hier wirklich vorging. Deshalb habe ich ihm weisgemacht,
dass ich nur so tue, als ob mir etwas an dir liegt. Aber das stimmte nicht.«
    Poppy runzelte die Stirn.
    »Wenn du deine Gefühle durchforschst, wirst du wissen, dass es wahr ist. Du verwandelst dich langsam in eine Telepathin, und ich glaube, du hast schon genug Kraft, um meine Gedanken zu lesen.«
    Hinter James räusperte sich Phil, als sei ihm das bloße Erwähnen von Telepathie unangenehm. »Ich kann dir bestätigen, dass er die Wahrheit sagt«, warf er ein. Poppy und James sahen ihn erstaunt an. »Das ist eine Sache, die ich herausgefunden habe, als ich mit dir redete.« Er sprach zu James, ohne ihn anzusehen. »Du magst vielleicht eine Art Monster sein, aber es liegt dir wirklich sehr viel an Poppy. Du versuchst nicht, ihr zu schaden.«
    »Hast du es endlich kapiert? Nach all dem, was du angerichtet hast …« James brach ab, schüttelte den Kopf und wandte sich wieder an Poppy. »Konzentriere dich. Fühle, was ich fühle. Finde die Wahrheit selbst heraus.«
    Ich will nicht und du kannst mich nicht dazu zwingen, dachte Poppy. Aber der Teil von ihr, der die Wahrheit wissen wollte, war stärker als der unvernünftige, wütende Teil. Vorsichtig tastete sie nach James. Aber nicht mit ihrer Hand, sondern mit ihrem Geist. Sie konnte niemandem beschreiben, wie sie das machte. Sie tat es einfach.
    Und sie fand seinen Verstand, hell wie ein Diamant
und von brennender Intensität. Es war nicht dasselbe wie damals, als sie ihr Blut ausgetauscht hatten und eins geworden waren. Jetzt war sie eine Beobachterin, die ihn von außen betrachtete und seine Gefühle aus einer Entfernung wahrnahm. Aber das reichte. Die Wärme, das Verlangen, das er für sie fühlte, und das Bedürfnis, sie zu beschützen, waren klar zu erkennen. Genau wie seine Seelenqual und der Schmerz, den er spürte, weil er wusste, dass sie litt - und dass sie ihn hasste.
    Poppy kamen die Tränen. »Dir liegt wirklich etwas an mir«, flüsterte sie.
    James’ graue Augen schauten in die ihren, und es lag ein Ausdruck darin, den Poppy noch nie zuvor gesehen hatte. »Es gibt zwei Hauptregeln in der Nachtwelt«, sagte er ruhig. »Die eine lautet, dass man nie einem Menschen von ihrer Existenz erzählen darf, und die andere, dass man sich nie in einen Menschen verlieben darf. Ich habe sie beide gebrochen.«
    Poppy bekam nur am Rande mit, wie Phil das Zimmer verließ. Der Lichtstrahl wurde schwächer, als er die Tür halb hinter sich zuzog. James’ Gesicht tauchte tiefer in die Schatten ihres Zimmers.
    »Ich konnte dir nie erzählen, was ich für dich fühle«, flüsterte er. »Ich konnte es mir selbst gegenüber nicht zugeben. Weil es dich in schreckliche Gefahr gebracht hätte. Du kannst dir gar nicht vorstellen, in welche Art von Gefahr.«

    »Und dich auch.« Zum ersten Mal dachte sie tatsächlich darüber nach. Jetzt stieg dieser Gedanke aus ihrem benebelten Verstand an die Oberfläche wie eine Blase in einem blubbernden Kessel mit einem geheimnisvollen Trank. »Also«, begann sie langsam und stockend, »wenn es gegen die Regeln ist, einem Menschen davon zu erzählen oder sich in ihn zu verlieben, dann muss es doch auch eine Strafe für dich geben

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