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Night World - Retter der Nacht

Titel: Night World - Retter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Katze.
    Plötzlich packte sie Entsetzen. Sie musste sich am Rand des Waschbeckens festhalten.
    Ich will das nicht. Ich will das nicht, schrie alles in ihr.
    Mensch, Mädel. Werd damit fertig. Hör auf zu jammern, schalt sie sich sofort. Was hast du denn erwartet? Dass du wie Schneewittchen aussiehst? Du bist jetzt eine Jägerin. Deine Augen werden silbern und Blut schmeckt dir wie Kirschsaft. Das ist alles. Die Alternative wäre gewesen, für immer in Frieden zu ruhen. Also, reiß dich zusammen.
    Langsam ging ihr Atem wieder gleichmäßiger. In den nächsten Minuten geschah etwas in ihr. Sie war jetzt
nicht mehr so verträumt und benommen wie auf dem Friedhof, als sie gerade erwacht war. Sie konnte über ihre Situation mit klarem Kopf nachdenken. Und sie konnte sie akzeptieren.
    Das habe ich geschafft, ohne zu James zu rennen, dachte sie plötzlich erstaunt. Ich brauche ihn nicht, um bei ihm Trost zu finden oder damit er mir versichert, dass alles okay ist. Ich kann das allein.
    Vielleicht wuchs man über sich hinaus, wenn man die schlimmste Situation seines Lebens zu meistern hatte. Poppy hatte ihre Familie, ihr altes Leben und auch ihre Kindheit für immer verloren, aber sie hatte sich selbst gefunden. Und das würde reichen müssen.
    Sie zog das weiße Kleid aus und ein T-Shirt und eine Jogginghose an. Dann ging sie mit hocherhobenem Kopf zu James.
    Er war im Schlafzimmer und lag auf dem breiten Doppelbett. Er trug immer noch seine schmutzigen Klamotten und er hatte einen Arm über die Augen gelegt. Als Poppy hereinkam, bewegte er sich leicht.
    »Ich werde auf der Couch schlafen«, murmelte er.
    »Nein, das wirst du nicht«, erklärte Poppy fest. Sie ließ sich neben ihn aufs Bett fallen. »Du bist hundemüde. Außerdem weiß ich, dass ich von dir nichts zu befürchten habe.«
    James grinste, ohne den Arm wegzunehmen. »Weil ich hundemüde bin?«

    »Weil ich bei dir immer in Sicherheit war.« Das wusste sie genau. Selbst als sie noch ein Mensch gewesen war und ihr Blut ihn gelockt haben musste, hatte sie nie etwas von ihm zu befürchten gehabt.
    Sie betrachtete ihn, während er dalag. Sein braunes Haar war zerzaust, sein Körper entspannt. Die Schnürsenkel seiner Sneakers standen offen und die Schuhe waren voller Friedhofserde. Sie fand seine Ellbogen einfach süß.
    »Ich habe vorhin was vergessen«, begann sie. »Ich hab das erst gemerkt, als ich dabei war - einzuschlafen. Ich wollte dir noch sagen, dass ich dich liebe.«
    James setzte sich auf. »Du hast nur vergessen, es mir mit Worten zu sagen.«
    Poppy lächelte unwillkürlich. Das war das Erstaunliche, das einzig Gute an dem, was ihr widerfahren war. Sie und James hatten zueinandergefunden. Ihre Beziehung hatte sich verändert - aber sie besaß trotzdem noch immer alles, was sie an ihrer alten Beziehung so geschätzt hatte: das blinde Verständnis füreinander und die Freundschaft. Und jetzt kam noch das aufregende, neue Gefühl hinzu, dass sie mehr als gute Freunde geworden waren.
    Und sie hatte einen Teil von ihm entdeckt, der ihr bisher verborgen geblieben war. Sie kannte seine Geheimnisse, kannte ihn in- und auswendig. Menschen war es verwehrt, einander auf diese Art kennenzulernen. Sie
konnten niemals wissen, was sich im Kopf des anderen wirklich abspielte.
    Auch wenn James und sie sich nie wieder vermischen würden wie zwei Wassertropfen, würde es für sie immer möglich sein, seinen Geist zu berühren.
    Ein wenig schüchtern lehnte sie sich an seine Schulter. In der ganzen Zeit, in der sie so eng zusammen waren, hatten sie sich nie geküsst oder waren romantisch geworden. Im Moment genügte es, einfach hier zu sitzen, seinen Atem zu fühlen, sein Herz schlagen zu hören und seine Wärme aufzunehmen. Sein Arm um ihre Schultern war fast zu viel, fast zu intensiv, um es ertragen zu können, aber gleichzeitig erfüllte sie die neue Vertrautheit mit Wärme und Geborgenheit.
    James nahm ihre Hand, führte sie an seine Lippen und küsste ihre Handfläche.
    Poppy hatte das Gefühl, ihr Herz würde zerspringen.
    »Wir haben uns schon immer verstanden, auch als wir noch klein waren«, sagte sie laut.
    »In der Nachtwelt gibt es einen Grundsatz über das, was wir ›Seelengefährten‹ nennen. Er besagt, dass jeder einen Seelengefährten da draußen hat, und zwar nur einen einzigen. Und diese Person ist die richtige für dich und ist dein Schicksal. Das Problem liegt darin, dass fast niemand seinen Seelengefährten findet. Deshalb fühlen sich die meisten

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