Night World - Retter der Nacht
Werwölfe nicht?«
»Oh, sie sind klasse, wenn du auf zweistellige Intelligenzquotienten stehst.«
»Aber ihr lasst sie in eure Clubs.«
»In einige. Die Wesen der Nachtwelt heiraten zwar nur innerhalb ihrer Rasse, aber sie verkehren alle miteinander: Lamia, verwandelte Vampire, Werwölfe, beide Arten von Hexen …«
Poppy, die damit beschäftigt war, James’ und ihre Finger auf die verschiedensten Arten miteinander zu verschlingen, wurde neugierig. »Welche zwei Arten von Hexen?«
»Also, es gibt Hexen, die von ihrer Abstammung wissen und eine entsprechende Ausbildung bekommen haben.
Und es gibt Hexen, die davon keine Ahnung haben. Das sind dann jene Menschen, denen man übersinnliche Kräfte nachsagt. Manchmal haben sie nur schlummernde Talente, und einige von ihnen sind nicht begabt genug, um die Nachtwelt überhaupt zu finden, also können sie auch nicht eintreten.«
Poppy nickte. »Okay. Das habe ich verstanden. Aber was ist, wenn ein Mensch zufällig in so einen Klub marschiert?«
»Niemand würde ihn hineinlassen. Die Clubs sind sehr unauffällig und werden streng bewacht.«
»Aber wenn es doch passieren würde?«, beharrte Poppy.
James zuckte mit den Schultern. Seine Stimme klang plötzlich düster. »Man würde ihn umbringen. Es sei denn, jemand möchte ihn als Spielzeug oder Pfand behalten. Der Mensch wird dann einer Gehirnwäsche unterzogen. Er lebt unter Vampiren, aber er weiß es nicht, weil sein Verstand kontrolliert wird. So ähnlich wie ein Schlafwandler. Ich hatte einmal ein Kindermädchen …« Seine Stimme verstummte und Poppy konnte seine Trauer spüren.
»Du kannst mir später davon erzählen.« Sie wollte nicht, dass er jemals wieder verletzt wurde.
»Mmm.« Er hörte sich verschlafen an. Poppy legte sich bequemer neben ihn.
Es war erstaunlich, dass sie überhaupt die Augen
schließen konnte, wenn sie an ihr letztes Einschlafen dachte. Trotzdem hatte sie keine Angst. Sie war bei ihrem Seelengefährten. Was sollte da schon passieren? Nichts und niemand konnte ihr hier etwas antun.
Phil hatte Mühe einzuschlafen.
Jedes Mal, wenn er die Augen schloss, sah er Poppy vor sich. Poppy, schlafend in ihrem Sarg. Poppy, die ihn mit den hungrigen Augen einer Katze ansah. Poppy, die ihren Kopf von dem Hals des Typen hob und einen Mund zeigte, der wie von Beerensaft rot verschmiert war.
Sie war kein Mensch mehr.
Auch wenn er das von Anfang an gewusst hatte, fiel ihm das Einschlafen jetzt nicht leichter.
Er konnte nicht verzeihen, dass jemand zum Abendessen Menschen überfiel und ihnen die Kehle aufriss. Er konnte es einfach nicht fassen. Und er war nicht sicher, ob es die Sache besser machte, wenn das Opfer zuerst hypnotisiert, dann gebissen und ihm hinterher telepathisch eingeredet wurde, alles zu vergessen. Das ganze Prinzip machte ihm tief in seinem Inneren Angst.
Vielleicht hatte James recht, und die Menschen konnten es nicht ertragen, dass jemand in der Nahrungskette höher stand als sie. Sie hatten die Verbindung zu ihren Vorfahren aus der Steinzeit verloren, die gewusst hatten,
wie es war, gejagt zu werden. Der moderne Mensch war stolz darauf, all diese primitiven Dinge weit hinter sich gelassen zu haben.
Verdammt, ich könnte denen ein oder zwei Dinge erzählen, dachte Phillip.
Entscheidend aber war, dass er es nicht akzeptieren und Poppy sich nicht mehr ändern konnte. Und das Einzige, was es erträglich machte, war die Tatsache, dass er sie trotzdem immer noch liebte.
Poppy wachte am nächsten Tag im dämmrigen Schlafzimmer auf. Die Vorhänge waren noch zugezogen. Sie sah, dass die andere Hälfte des Bettes leer war. Trotzdem hatte sie keine Angst. Unwillkürlich streckte sie ihre geistigen Fühler aus und - ja, James war in der Küche.
Poppy fühlte sich voller Energie wie ein junger Hund, der es nicht erwarten kann, auf der Wiese herumzutoben. Aber sobald sie ins Wohnzimmer trat, spürte sie, wie ihre Kräfte nachließen. Ihre Augen tränten und taten weh. Sie kniff sie vor der schmerzenden Helligkeit zu, die durch das Fenster drang.
»Das ist die Sonne«, erklärte James. »Sie schwächt die Kräfte der Vampire, erinnerst du dich?« Er ging zum Fenster und zog die Vorhänge zu. Sie waren schwarz und ganz dicht, genau wie die im Schlafzimmer. Die Nachmittagssonne wurde ausgesperrt. »Das sollte ein
bisschen helfen. Aber du bleibst heute am besten bis zum Anbruch der Dunkelheit in der Wohnung. Neue Vampire sind sehr lichtempfindlich.«
Poppy bemerkte den Unterton.
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