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Nightschool. Du darfst keinem trauen

Nightschool. Du darfst keinem trauen

Titel: Nightschool. Du darfst keinem trauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Daugherty
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sich mit ihr vertragen wollte. In Allies Ohren hallte noch immer das Gelalle der betrunkenen Jo auf dem Dach wider: »Sie mögen dich nicht … Sie glauben, du wärst gefährlich.«
    Im Klassenzimmertrakt war das Licht ausgeschaltet. Allie tastete die Wand nach dem Schalter ab, fand aber keinen und ging schnell weiter. An Türen vorbei, die zu verwaisten Klassenzimmern führten, in denen leere Stühle und Tische in gespenstischen Reihen und Runden standen, hastete sie mit hallenden Schritten durch den dunklen Gang.
    Ganz hinten fand sie eine nicht näher bezeichnete Tür mit einem Fenster aus Mattglas, durch das Tageslicht fiel.
    Sieht vielversprechend aus.
    Sie stieß die Tür auf.
    Dahinter führte ein enger, schmuckloser Aufgang nach oben, mit Fenstern auf jeder Etage, wodurch das Treppenhaus recht hell wirkte. Nach dem ersten Treppenabsatz kam ein Zwischengeschoss in Form eines Flurs, dessen niedrige Decken und Linoleumböden einen Kontrast zu den hohen, mit Parkett versehenen Räumen im übrigen Gebäude bildeten. Auf der einen Seite des Flurs befanden sich weiße Türen mit Milchglasfenstern, auf die säuberlich ein blaues Kreuz gemalt war. Auf der anderen gab es Fenster, durch die Licht und frische Luft hereinkamen.
    »Hallo?«, rief Allie aufs Geratewohl.
    Ihre Stimme hallte durch den leeren Gang.
    Niemand antwortete. Die Stille verunsicherte sie. Sie ging den sonnendurchfluteten Flur entlang, klopfte auf gut Glück an jede Tür und drückte die Klinke. Die ersten drei Türen waren verschlossen.
    Die vierte öffnete sich.
    Der kleine Raum war dunkel, die Vorhänge waren zugezogen. Es stand nur ein Bett darin.
    Auf dem Kissen konnte Allie einen blonden Haarschopf ausmachen.
    »Jo?«, flüsterte sie und machte einen zaghaften Schritt ins Zimmer. »Bist du okay?«
    Sie erhielt keine Antwort, doch irgendetwas verriet ihr, dass Jo wach war. Sie ließ die Tür offen stehen, schlich auf Zehenspitzen durchs Zimmer und hockte sich neben das Bett. Jos Augen waren geschlossen, doch ihr Atem ging unregelmäßig.
    »Hey«, flüsterte Allie, »wie geht’s dir?«
    Eine Träne quoll aus Jos Auge und rann ihr über die Wange. Sie wischte sie mit einer dick bandagierten Hand fort.
    »Ich will jetzt nicht reden, Allie.« Ihre Stimme klang rau und matt.
    Allie war gekränkt und wollte erst widersprechen, aber dann ging sie doch zurück zur Tür, wo sie noch einmal einen Blick auf das Krankenbett warf – Jo lag auf dem Rücken und starrte an die Decke, als wäre sie bereits allein.
    Allie probierte die anderen Klinken im Flur. Zwei Türen weiter blickte sie in ein sonniges, weiß gestrichenes Zimmer, in dem je vier Krankenhausbetten in zwei Reihen durch weiße Vorhänge voneinander abgetrennt waren. Die Vorhänge bewegten sich leicht im Wind, der durch ein halb geöffnetes Fenster hereinwehte. Nur ein Bett war belegt.
    Lisa lag unter einer weißen Decke auf einem weißen Bett vor einer weißen Wand. Sie war blass und hatte die Augen geschlossen – ihre dichten Wimpern hinterließen Schatten auf der Haut, die wie blaue Flecke aussahen, und ihr seidiges, langes Haar lag offen auf dem Kissen. Ein breiter Verband bedeckte die eine Hälfte ihres Gesichts, ein Arm ruhte in einer Gipsschiene.
    Allie war überrascht, wie schmal sie war. Aß sie überhaupt etwas? Sie sah so … zerbrechlich aus.
    Allie setzte sich auf einen Holzstuhl, der neben dem Bett stand. Er knarrte leise, und Lisa schlug die Augen auf.
    Sie lächelte schläfrig. »Allie.«
    Allie lächelte zurück, doch zwischen ihren Augen ballten sich die Sorgenfalten. »Hey. Wie geht’s? Geht’s dir gut? Die anderen haben gesagt, dass du wach bist.«
    Lisa richtete sich auf und lehnte sich gegen die Kissen. Am Handgelenk, an dem ein Tropf angeschlossen war, hatte sie ein Pflaster, auf den Oberarmen sah man dunkelviolette Blutergüsse.
    »Mir geht’s gut. Aber die haben mich auch ganz schön mit Beruhigungsmitteln vollgepumpt, glaub ich. Ich weiß nicht mal, wie lange ich hier schon liege.«
    Lisas Zerbrechlichkeit ließ ihre Augen riesig und kindlich aussehen und weckte Allies Beschützerinstinkt.
    »Nicht lang«, sagte sie und hielt inne, um darüber nachzudenken. »Obwohl, es ist … Was für einen Tag haben wir eigentlich heute? Sonntag, glaube ich.« Die eigene Verwirrtheit war ihr peinlich, doch Lisa schien befriedigt.
    »Gut. Ich dachte, es wäre länger.« Sie sah aus dem Fenster, und ein Schatten huschte über ihr Gesicht. »Wird bald dunkel, nicht wahr?« Sie

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