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Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)

Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)

Titel: Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green , Oliver Graute
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Leichtigkeit mit einer Hand hoch, bevor sie sie auf den Steinboden zurückfallen ließ. Sie landete hart, aber selbst jetzt waren die Echos seltsam gedämpft, als sauge die grausige Atmosphäre den Klang auf. Ich starrte Polly an, die nur ein bleicher Schimmer in der Düsternis war. Auf keinen Fall konnte eine Frau ihrer Größe dieses Gewicht mit einer solchen Leichtigkeit handhaben. Ich hatte schon vermutet, dass sie Dinge vor mir geheim hielt, und jetzt schien es so, als ob ich herausfinden würde, was es war.
    In dem Loch im Boden befand sich eine Reihe nackter Steinstufen, die immer weiter in die Finsternis hinab führten. Polly nahm ihren Spiegel heraus und begann, diese hinunterzugehen, ohne auch nur nachzusehen, ob ich ihr folgte. Sie wusste, dass ich nicht zurückbleiben würde, nicht jetzt, wo ich schon so weit gekommen war.
    Ich folgte Polly und ihrem Licht hinunter in die Dunkelheit, und ich war nicht wirklich überrascht, als die Falltür über unseren Köpfen wieder zuschlug.
    Es war eine unebene Treppe ohne Geländer. Die kahlen Steinwände zu beiden Seiten waren nah genug, um sie zu berühren, und heiß genug, um sich daran die Finger zu verbrennen. Die Luft war warm genug, um eine Schweißschicht auf mein Gesicht zu zaubern. Ich fragte mich, wie weit genau wir nach unten stiegen. Meine Beine schmerzten vom Kräfteverbrauch des andauernden Abstiegs, als die Treppe schließlich endete und Polly abrupt stehenblieb. Sie hielt den Spiegel hoch, aber dessen Licht konnte das Dunkel nur wenige Zentimeter durchdringen. Sie lachte leicht, ließ den Spiegel verschwinden und schnipste gebieterisch mit den Fingern. Grelles Licht quoll hervor, beleuchtete eine riesige Höhle, die in den Felsen weit unter der Straße der Götter gegraben worden war. Es war kein normales Licht: lange Strahlen elektrischen Feuers knisterten die Steinwände auf und ab und krabbelten wie lebende Blitze über die Decke. Das glühende Licht schmerzte in meinen Augen, Polly jedoch schien es in keinster Weise zu quälen. Sie sah zu mir zurück und grinste.
    „Worauf wartest du, Süßer? Das ist es. Deswegen bist du gekommen. Komm herunter, Larry Oblivion, und erringe deinen Preis.“
    Sie schenkte mir ihr gewinnendstes Lächeln und klimperte mit den Wimpern, aber jetzt sah es bizarr aus, eindeutig unecht und eingeübt. Die gesamte Zuneigung, die ich einst für sie gefühlt hatte, war verschwunden, vielleicht, weil ich sie jetzt zum ersten Mal deutlich sehen konnte. Aber ich ging trotzdem hinunter zu ihr. Weil ich so weit gekommen war und wissen wollte, warum. Ich wollte wissen, welcher Schatz hier verscharrt war, wenn es schon nicht die Herrin vom See war. Polly nahm meine Hand, und meine Haut kribbelte von ihrer Berührung. Ich ging mit ihr tief in die Höhle, bis sie schließlich stehenblieb, mich losließ und mich mit dem warmen Lächeln bedachte, das sie mir schon den ganzen Weg hierher geschenkt hatte.
    Es hing an den Wänden vor uns, klappte auf und dehnte sich knapp fünf Meter oder mehr aus. Ich hätte nicht sagen können, ob es einst Mann oder Frau gewesen war, aber die Eingeweide und Organe waren entnommen und mit silbernen Dolchen im Stein befestigt worden. Die Haut war schrecklich gedehnt, ohne jedoch einzureißen, um einen Hintergrund zu schaffen. Das Gesicht war fachmännisch vom Schädel geschält und so breit gezogen worden, dass ich keinerlei Gesichtszüge au ßer den Augen erkennen konnte, die weit aufgerissen, leuchtend und sehr wissend waren. Das Ding war trotz seines Zustands noch am Leben. Das war der Punkt. Das Leid schürte die Magie, speiste und erhielt die Pforte, die wie eine fremde Wunde tief in den entblößten Eingeweiden dessen, was einmal ein Mann oder eine Frau gewesen war, pulsierte.
    Kein Dimensionstor. Absolut kein Dimensionstor. Eine Höllenpforte. Ein Eingang zur Hölle.
    Entsetzliche Laute brachen kurz durch die Pforte, Schreie, Heulen und endlose Vernichtung.
    „Was ist das?“, wisperte ich bestürzt. „Ist das die Hölle?“
    „Nein, Süßer“, sagte Polly glücklich. „Das ist die Zukunft. So wird sich die Zukunft in der Hölle auf Erden anhören, die wir für die Menschheit erschaffen werden.“
    Wir blickten einander vor der Höllenpforte an. Ihr breites Lächeln war voller Erwartung, ihr Gesicht voller Genuss ob des Geheimnisses, das sie vor mir bewahrt hatte und das sie nun offenbarte. Ich hätte wissen müssen, dass es so ausgehen würde. Ich hatte schon immer gottverdammtes Pech mit

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