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Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)

Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)

Titel: Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green , Oliver Graute
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Frauen.
    Wenn man den Sündenbock bei einem Handel nicht sehen kann, dann war man es sicherlich selbst.
    „Also, Polly“, sagte ich, so ruhig ich konnte. „Keine Herrin vom See, und das attraktive Gesicht war nur ein Köder. Also, worum geht es? Wof ür brauchst du eine Höllenpforte?“
    „Manchmal können die Lebenden in die Hölle hinuntergehen“, entgegnete sie. „Für immer in die Häuser des Schmerzes verbannt. Es sei denn, man kann würdigen Ersatz schicken.“
    „Darum die Schnitzeljagd“, sagte ich. „Du hast keines der Dinge gebraucht, um eine Höllenpforte zu öffnen. Du wolltest meine Tapferkeit testen, sehen, ob ich … würdig bin.“
    „Genau. Ich kannte deinen Ruf, aber ich musste dich in Aktion sehen. Schließlich bedeutet Ruf in der Nightside erst mal gar nichts, und die Gegenstände, die wir erworben haben, werden einen schönen Tribut für meine lang verlorene Herrin darstellen.“
    „Wer?“, fragte ich. Mein Mund war trocken, obwohl mein Gesicht vor Schweiß glänzte, und ich musste die Fäuste ballen, damit meine Hände nicht zitterten. „Wen beabsichtigst du aus der Hölle zu holen?“
    „Kannst du das nicht erraten?“, fragte sie. Jetzt sah sie nicht mehr wie Polly oder irgendetwas Menschliches aus.
    Sie war größer und übernatürlich schmal, ihre leuchtende Haut war so blass wie das zarteste Porzellan. Ihre Ohren waren lang und spitz, und ihre Augen hatten die geschlitzten Pupillen einer Katze. Sie trug mit der Überheblichkeit des Adels ein einfaches weißes Unterkleid und eine Halskette aus menschlichen Fingern. Filigrane Elfenschrift war in gerader Linie in ihre Stirn gebrannt. Sie jetzt auch nur anzublicken, erweckte eine Art Ekel, wie den vor einer Spinne, in mir. Es gab nichts Schlimmeres, als wie ein Mensch auszusehen, aber keiner zu sein.
    „Du bist eine Elfe“, sagte ich, und meine Stimme klang selbst in meinen Ohren erstickt und besiegt. „Trau niemals einem Elfen.“
    „Genau“, meinte sie, und ihre Stimme war verführerisch, lieblich und süßlich wie vergifteter Honig. „Du bist hier um mir zu helfen, unsere verlorene Herrin zurückzubringen, Königin Mab. Die älteste und größte unserer Art, die die Verräter Oberon und Titania in die Hölle verbannten. Aber jedes in die Hölle verdammte Lebewesen kann durch ein anderes gerettet oder abgelöst werden. Eine der ältesten Regeln ist …“ Sie unterbrach sich und sah mich gedankenvoll an. „Ich frage mich, ob die gleichen Regeln für den Himmel gelten. Welch ein Scherz, welch ein Spaß, eine edelmütige Person aus dem Paradies zu reißen! Aber das ist ein Gedanke für einen anderen Tag. Tschüss, Süßer. Grüß mir das Inferno. Es war amüsant, aber jetzt ist es vorbei.“
    Sie stürzte sich auf mich, noch während sie sprach, bewegte sich brutal schnell, erwartete, mich aus dem Gleichgewicht zu bringen. Aber ich war bereit. Ich hatte den Stab. Sie war so sehr im Augenblick des Triumphs gefangen gewesen, dass sie vergessen hatte, ihn mir wegzunehmen. Ich sagte die Worte, und der Stab hielt die Zeit an. Polly hing mitten in der Luft vor mir, ihre langgestreckte, fremde Gestalt zwischen einem Atemzug und dem nächsten gefangen. Ich sah sie einen Moment lang an. Dachte darüber nach, was hätte sein können. Wir hatten gut zusammengearbeitet, und ich hatte ihre Gesellschaft genossen. Aber so leicht übertölpelte mich niemand. Also ergriff ich sie vorsichtig, drehte sie in der Luft herum, sodass sie der Höllenpforte zugewandt war, und setzte die Zeit wieder in Gang.
    Sie schrie nur einmal, als sie sah, was vor ihr lag, dann sog die Pforte sie ein und riss sie nach unten, und sie war fort, während das Echo ihres Schreis noch immer in der heißen Luft hing. Ich starrte die Höllenpforte an, in die leidenden, menschlichen Augen dessen, was einmal ein menschliches Gesicht gewesen war, und dachte darüber nach, es zu töten. Ich wusste, wie. Ich hatte es schon vorher getan. Aber das Höllentor zu stören, solange die Übertragung noch im Gange war, konnte unglaubliche Kräfte freisetzen. Ich hätte das sicher nicht überlebt. Stab hin oder her. Ich wollte nicht sterben, nicht, wenn ich noch so viel Leben vor mir hatte … und obwohl ich wusste, was kam, wartete ich und sah zu, wie Königin Mab von den Feen in die Welt der Lebenden zurückkehrte. Eines der alten Monster – das Verderben der Menschheit.
    Etwas erhob sich aus der Hölle. Ich spürte es in den tiefsten Teilen dessen, was mich zum Menschen machte.

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