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Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)

Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)

Titel: Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green , Oliver Graute
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jeden, dem seine dunklen, verzweifelten Augen nur ganz leicht widersprachen. Harry hatte eine Begegnung der spirituellen Art durchgemacht und zeigte das auch. Ich war nicht überrascht, ihn in der U-Bahn zu finden. Harry blieb nie lange an einem Ort, weil immer jemand hinter ihm her war. Er mochte im Moment geläutert sein – oder auch nicht –, aber es gab immer noch eine beachtliche Zahl Gläubiger und beleidigter Kunden aus alten Zeiten, die darauf versessen waren, ihn aufzustöbern und einige Worte mit ihm zu wechseln.
    Er trug ein T-Shirt mit dem unmissverständlichen Aufdruck „Keine Fragen, keine Rückzahlungen“ über einem billigen Paar geklauter Levis und noch weniger überzeugenden Turnschuhen. Er tat alles für sein Abendessen – außer singen und tanzen –, wobei er seine eingepackten T-Shirts den Leuten, die vorbeiliefen, praktisch unter die Nase rieb. Der Rahmen der Anzeige neben ihm prahlte mit T-Shirts mit Aufschriften wie „Weiche, Lilith!“, „Die Hölle, das sind die anderen Fahrer!“ „Die Blicke Walkers ruhen auf dir“ und das leicht verstörende „Jeder ist verdammt – außer meinem Hund und mir“. Harry erkannte Larry und mich, als wir uns näherten, spannte sich für einen Moment an, als denke er darüber nach, wegzurennen, und setzte dann ein extrabreites Lächeln und eine einstudierte Heuchelei auf, die behaupteten, er sei wirklich froh, uns zu sehen.
    „Hallo, Harry“, sagte ich. „Beschäftigt?“
    „Oh, Sie wissen doch, wie das ist, Mister Taylor“, entgegnete Harry, wobei er nervös von einem Fuß auf den anderen trat. „Hier ein bisschen, dort ein bisschen … natürlich alles total sauber in diesen Tagen. Das Jenseits scheint so viel näher als sonst.“
    „Das kann man laut sagen“, sagte Larry feierlich.
    „Haben Sie etwas vom Sammler gehört, Harry?“, fragte ich beiläufig.
    Er verkrampfte sich wieder, seine Augen blinzelten stürmisch. „Der Sammler, Mister Taylor? Nicht direkt … aber viele Leute haben erst kürzlich nach ihm gefragt. Einige von ihnen sogar ziemlich amtlich, wenn Sie verstehen, was ich meine.“
    „Aber Sie haben ihnen nichts erzählt, oder, Harry?“, fragte ich.
    „Ich erzähle nie jemandem irgendetwas, Mister Taylor. Schlecht fürs Geschäft. Apropos, man kann wohl sagen, dass Sie definitiv meine Kunden verschrecken, und ich muss mir meinen Lebensunterhalt verdienen …“
    „Seien Sie brav, Harry“, antwortete ich im Gehen. „Um Himmels willen!“
    ***
    Larry und ich drangen immer weiter nach unten vor, wandten uns gefährlicheren Bahnsteigen und Zielen zu. Die Menge begann, sich auszudünnen. Wir passierten einen neuen Haufen Straßenmusikanten. Ein brennender Mann stand steif zwischen züngelnden, weißen Flammen, die sein Fleisch zwar schwärzten und spalteten, es aber nicht fertigbrachten, ihn zu verzehren, während er ein schwermütiges Lied über unerwiderte Liebe sang. Ein blinder Straßenmusiker sang auf Griechisch eine Liebeskummerschnulze über seine Mutter , und ein Schatten, der auf eine Wand gebannt war, brummte ein trauriges Lied auf Japanisch. Ich warf ihnen ein paar Münzen zu, ohne ihnen zu nah zu kommen. Larry ignorierte sie.
    Als wir schließlich den tiefsten Bahnsteig von allen erreichten, war er so gut wie leer. Nur ein Paar grimmige, bedrohlich aussehende Ritter in schwarzer Rüstung war da. Beide trugen satanische Zeichen auf ihrem Brustharnisch, der mit frischem Blut verschmiert war. Rote Flammen brannten hinter den Augenschlitzen ihrer Stahlhelme, die Larry und mir folgten, als wir vorbeigingen. Ich konnte mich nicht daran hindern, mich an König Artus aus dem finstern Albion zu erinnern. Eine alternative Geschichte, in der Merlin Satansbrut nie seinem Vater entsagt hatte. König Artus wurde momentan vermisst – wahrscheinlich hatte ihn Walker getötet. Ich fragte mich, ob ich den geheimnisvollen König im Versteck des Sammlers als Teil seiner neuen Sammlung finden würde …
    Eine große, nackte Frau, die großzügig mit blauem Färberwaid beschmiert und in ihr Wall Street Journal vertieft war, ignorierte Larry und mich völlig, als wir an ihr vorbeiliefen. Ein Mann mit einem versteinerten Penis in einem Glasrohr, das um seinen Hals hing, saß ganz allein da, wobei er sehr deprimiert aussah, und ein zarter Geist, der kaum zu sehen war, trieb hinter uns entlang, während er sehnsüchtig mit seinen durchsichtigen Fingern an Larrys Ärmel zog. Larry lief einfach schneller, bis er ihn abgehängt

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