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Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)

Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)

Titel: Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green , Oliver Graute
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hatte.
    Wir hielten am Ende des Bahnsteigs an, und ich betrachtete nachdenklich die Anzeigetafel an der gegenüberliegenden Wand. Die gewöhnlichen Haltestellen der Infernal Line, von den wohlbekannten wie Schattenfall über die verstörende Red Lodge bis hin zum rätselhaften Slaughter Towen. Doch je intensiver ich die Tafel anstarrte, desto mehr bestand meine Gabe darauf, dass da am Ende der Linie noch ein Name mehr sein müsste. Ein sehr alter Name eines Ortes, an den niemand mehr ging.
    Luds Tor.
    Die nächste Bahn kam hereingerauscht, wobei sie eine Woge abgestandener Luft vor sich herschob, die schwer nach Blüten und Myrrhe roch. Tiefe Kratzspuren in der Seite eines Wagons verheilten schon wieder. Die Züge der Nightside mussten auf seltsamen und gefährlichen Wegen fahren, um zu einigen ihrer Ziele zu gelangen. Larry und ich stiegen in den Wagon, der der Kabine des Fahrers am nächsten war. Die anderen Leute auf dem Bahnsteig entschieden sich, auf den nächsten Zug zu warten. Das erlebte ich oft. Larry merkte es noch nicht einmal. Die Bahn wartete vorsichtshalber noch einen Augenblick, bevor die Wagontüren zuschlugen und der Zug sich in Bewegung setzte. Die Reise war nicht bemerkenswert – keine Probleme, keine Angriffe, aber dennoch stieg an den anderen Stationen niemand zu. Ich fläzte mich auf meinen Sitz, während Larry völlig steif gerade dasaß, wobei er vor sich hin starrte, und worüber er auch immer nachdenken mochte, es zeigte sich nicht auf seinem toten Gesicht.
    Die Bahn erreichte schließlich ihre Endstation und kam bei Slaughter Towen zum Stehen. Die Wagontüren glitten auf, aber Larry und ich erhoben uns nicht von unseren Sitzen. Der Zug schnaufte und stöhnte eine Weile, während er darauf wartete, dass wir uns entschieden, und schließlich stand ich auf und wandte mich an die nichtssagende Stahlwand, die uns von der Kabine des Fahrers trennte. Natürlich gab es keinen Fahrer. Kein menschlicher Fahrer konnte den Belastungen standhalten. In der Nightside betrieben sich die Züge selbst, und zwar sehr effizient. Sie waren völlig sicher. Solange man die Paarungszeit mied.
    „Hallo, Zug“, begann ich freudestrahlend. „Hier ist John Taylor, und ich will zur nächsten Station. Der Station, zu der niemand mehr geht. Ich möchte zu Luds Tor.“
    Die Bahn schaltete sich ab. Der Wagon hörte auf zu vibrieren, die Lichter verdunkelten sich, und der Motor war unheilvoll still. Der Zug schmollte.
    „Bring uns zu Luds Tor“, fuhr ich fort. „Oder ich werde herausfinden, wann deine Erholungszeiten sind und sie alle streichen.“
    Es gab eine lange Pause, ehe die Bahn wieder ansprang. Die Lichter leuchteten auf, die Wagontüren knallten zu, und der Motor gab eine Reihe obszöner Geräusche von sich, bevor er wieder arbeitete. Der Zug fuhr ab, und ich grinste ein bisschen, als ich mich wieder setzte. Larry starrte mich an.
    „Du kämpfst wirklich schmutzig, oder?“
    „Man muss nur wissen, wie man mit ihnen reden muss“, sagte ich feierlich.
    ***
    Die Bahn fuhr ruhig durch das Dunkel, wobei sie nicht einmal abbog und sich in einer unbarmherzigen, geraden Linie den Weg zu Luds Tor bahnte. Einmal ließ etwas draußen die Fingernägel über die Seite unseres Wagons kratzen, ein leicht schabendes Geräusch, das all meine Nackenhaare zu Berge stehen ließ. Larry starrte weiter vor sich hin, als hätte er nichts gehört, und vielleicht hatte er das auch nicht. Es gab Dinge, die nur die Lebenden hören konnten, denn Warnungen waren an die Toten verschwendet. Wir fuhren eine Ewigkeit, wobei die Luft immer kälter wurde. Frost bildete sich im Inneren des Wagons und formte brutale, abstrakte Gesichter auf den inneren Wänden. Ich kauerte mich tiefer in meinen Trenchcoat, die Hände tief in den Taschen vergraben. Larry spürte nichts. Nicht einmal, als der Frost begann, Arabesken auf sein totes Gesicht zu malen.
    Die Bahn kam plötzlich mit einem Kreischen zum Stehen, was mich und Larry auf unseren Sitzen durchschüttelte. Die Wagontüren öffneten sich ruckartig immer weiter, während Eissplitter vo m gefrorenen Metallrahmen fielen. Ich kam auf die Füße und ging zu den Türen hinüber, nur um wieder zurückzutreten, als ich nach draußen sah. Larry stand auf und trat hinter mich. Draußen auf dem Bahnsteig warfen die Lampen ein verdorbenes, gelbes Licht. Überall waren Staub, Nebel und tiefe, dunkle Schatten zu sehen. Heiße, stickige Luft strömte durch die offenen Wagontüren herein, schwer mit dem

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