Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand
leisten, sich mit jemandem anzufreunden, von dem man weiß, dass man ihn in einigen Jahren höchstwahrscheinlich wird ermorden müssen. Aber die Dinge liegen jetzt anders. In vielerlei Hinsicht ...“
„Ich dachte, Sie hätten zwei Söhne?“, fragte ich. Ich wusste nicht, was ich sonst hätte sagen sollen.
„In der Tat“, sagte Walker. „Gute Jungs, alle beide. Wir reden nicht miteinander. Worüber auch? Ich habe schon damit genug zu tun sicherzustellen, dass sie und ihre Mutter niemals erfahren, wie ich meine Brötchen verdiene. Sie wissen nichts von der Nightside oder den schrecklichen Dingen, die ich hier tun muss, um den Frieden aufrechtzuerhalten. Ich bin mir bewusst, sie könnten dieses Wissen nicht ertragen. Sie würden mich ansehen, als sei ich ein Ungeheuer. Ich war einmal sehr gut darin, meine zwei Leben voneinander getrennt zu halten. Zwei Leben, zwei Walkers, und ich gab mein Bestes, für beide gleich viel Zeit und Mühe aufzubringen. Doch die Nightside ist eine eifersüchtige Geliebte … und was einmal mein ursprüngliches Leben war, mein gesundes, rationales Leben, habe ich dem höheren Wohl geopfert.
Meine Jungs, meine großartigen Jungs … sind für mich jetzt Fremde. Du bist alles, was ich noch habe. Der einzige Sohn und mein ältester Freund. Ich hatte vergessen, wie viel mir diese Zeit bedeutete, bis ich deinen Vater während des Lilithkrieges traf. Diese unbeschwerten Tage deiner Kindheit … wir dachten, wir könnten die Welt verändern; unglückseligerweise haben wir das auch getan. Nun ist dein Vater nicht mehr, und du bist alles, was mir noch bleibt, John. Vielleicht das, was einem wahren Sohn am nächsten kommt. Der einzige Sohn, der mich je verstehen könnte.“
„Wie oft haben Sie versucht, mich zu ermorden?“, fragte ich. „Direkt oder indirekt?“
„So ist Familie nun mal“, sagte Walker. „In der Nightside.“
Ich sah ihn lange an.
„Hör nicht auf ihn“, sagte Suzie. „Du darfst ihm nicht glauben. Das ist Walker.“
„Die Worte ‚manipulativ‘ und ‚emotionale Erpressung‘ fallen mir spontan ein“, meinte ich. „Das kommt alles ein wenig plötzlich.“
„Ich weiß“, sagte er ruhig. „Ich schiebe es auf meine Midlife-Crisis.“
„Was ändert das jetzt zwischen uns?“, wollte ich wissen.
„Überhaupt nichts“, meinte Walker. „Wahrscheinlich endet das Ganze immer noch so, dass wir uns eines Tages gegenseitig umlegen müssen. Dafür wird es auch zweifellos einen äußerst triftigen Grund geben. Aber es heißt … dass ich mir Sorgen machen darf. Um dich und um Suzie – und nein, du hast in der Angelegenheit nicht das geringste Wörtchen mitzureden.“
„Wir kommen klar“, sagte Suzie. „Wir machen Fortschritte.“
Sie ließ einen Arm ungezwungen auf meiner Schulter ruhen, und ich hoffte, dass nur mir bewusst war, was für eine Anstrengung sie das kostete.
„Lassen Sie uns über den Wanderer reden“, wechselte ich das Thema. Alles andere hatte bis später Zeit, bis ich mir die ganze Angelegenheit durch den Kopf hatte gehen lassen. „Er war noch nie hier. Warum gerade jetzt?“
„In der Vergangenheit hat das einzigartige Wesen der Nightside direkten Abgesandten von Himmel und Hölle den Zutritt verwehrt“, erwiderte Walker. „Aber seit Lilith erneut verbannt wurde, scheint es zu subtilen Änderungen gekommen zu sein, und nun passieren mit einer bedauerlichen Regelmäßigkeit Dinge, die wir früher nicht für möglich gehalten hätten.“
„Also könnten alle möglichen Abgesandten des Guten plötzlich vor der Tür stehen?“ fragte ich.
„Oder Abgesandte des Bösen“, sagte Suzie.
„Nun ja“, murmelte Walker. „Als ob die Dinge nicht schon kompliziert genug wären …“
„Dennoch“, sagte ich. „Was führt den Wanderer gerade jetzt hierher?“
„Es macht den Anschein, dass er nicht erfreut über die neuen Autoritäten ist“, sagte Walker. „Die Gruppe, deren Angelegenheiten ich nun vertrete.“
„Deshalb sind Sie hier!“, sagte ich. „Denn wenn sie in Gefahr sind, sind Sie es ebenfalls.“
Walker grinste, sagte aber nichts.
„Wer sind sie?“ fragte Suzie. „Diese neuen Autoritäten? Der alte Haufen war ja nur eine Horde gesichtsloser Geschäftsleute, die sich um die Dinge kümmerten, weil ihnen ein Großteil der Nightside gehörte. Reden wir über deren Familien? Die nächste Generation? Trefft den neuen Boss, der ist genau wie der alte, geht ihm nicht wieder auf den Leim?“
„Die Erben?“, sagte Walker
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