Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand
und rümpfte leicht die Nase. „Das hätten sie wohl gerne. Wir haben uns darum gekümmert. Ein Blick hinter die Kulissen, und sie konnten es gar nicht erwarten, ihre Besitztümer zu verkaufen. Nein … gewisse Persönlichkeiten der Nightside sind zusammengetreten, um die Hauptinteressen dieses Ortes zu vertreten. Besonders, da die Nightside entschlossen scheint, sich selbst zu regieren.“
„Wer genau?“, fragte ich. „Wer genau sind nun diese brandneuen selbsternannten Autoritäten? Kenne ich sie?“
„Einige davon sicher“, sagte Walker. „Aber sie alle kennen dich, und deswegen bin ich hier.“
„Wie können Sie Leuten aus der Nightside dienen?“, fragte ich ehrlich neugierig. „Sie haben nie einen Hehl daraus gemacht, was Sie von uns halten. Sie haben immer gesagt, es wäre das Beste, diesen Ort mit einer Atombombe vom Angesicht der Welt zu blasen und die verdammte Freakshow ein für allemal auszurotten.“
„Ich bin milde geworden“, sagte Walker. „Es besteht die Spur einer Möglichkeit, dass diese neuen Autoritäten einen Wandel bewirken, einen Wandel von innen. Das würde ich gerne erleben, bevor ich sterbe. Nun kommt mit und lernt die neuen Autoritäten kennen. Hört euch an, was sie zu sagen haben; schaut euch an, was sie in Zukunft erreichen wollen. Bevor der Wanderer sie einen nach dem anderen aufspürt und sie alle tötet.“
„Was wollen sie von Suzie und mir?“, wollte ich wissen.
Walker hob eine Braue. „Ich hätte gedacht, das sei offensichtlich. Sie wollen, dass du deine Gabe einsetzt, um den Wanderer zu finden, und dann einen Weg aufzeigst, ihn aufzuhalten. Können wir gehen?“
3
Voll deplatziert im Abenteurerclub
Ich ließ Suzie die Sicherheitsmechanismen des Hauses wieder aktivieren. In der Zwischenzeit standen Walker und ich in den Überresten des einstigen Gartens und vermieden es, uns anzusehen. Suzie liebt es einfach, all die versteckten Sprengladungen scharf zu machen und die Sicherungen der versteckten Waffen zu entfernen, um sich dann das Blutbad und das generelle Chaos vorzustellen, das sicher folgen würde, wenn jemand dumm genug wäre, ins Haus eindringen zu wollen, während wir weg sind. Ein absoluter Profieinbrecher hatte es einmal bis zur Haustür geschafft, nur um von ihr gefressen zu werden. Der Briefkasten hatte noch Wochen später Knochensplitter ausgespuckt.
Ich dachte immer noch darüber nach, was Walker gesagt hatte. Weil du mein Sohn bist, in jeder Hinsicht, die von Bedeutung ist. Man konnte in einem Gespräch nicht einfach so eine emotionale Bombe platzen lassen und erwarten, dass danach jeder ganz professionell aus der Wäsche schaut, als wäre nichts geschehen. Außer man hieß Walker. Dieser ruhige, gefasste, kaltherzige Funktionär, der die Nightside nur am Laufen hielt, weil er sonst niemandem zutraute, diesen Job ordentlich zu erledigen. Der in jedem Endspiel immer eine geheime Absicht oder einen heimlichen Plan hatte. Sagte er diesmal die Wahrheit? Bei Walker konnte man das immer erst genau sagen, wenn es zu spät war. Was empfand ich nach all den Jahren ihm gegenüber? Er war immer da gewesen, im Hintergrund meines Lebens, manchmal, um zu helfen, manchmal, um zu beobachten, manchmal, um seine Hunde auf mich zu hetzen. Er hatte mehrfach versucht, mich aus dem Weg schaffen zu lassen, aber ich hatte das niemals persönlich genommen. Für Walker war es immer rein geschäftlich.
Ich achtete ihn. Manchmal bewunderte ich ihn sogar, allerdings aus sicherer Entfernung. Aber man konnte Walker nicht mögen. Er hätte das nicht zugelassen. Er ließ niemanden an sein wahres Ich heran.
Suzie knallte die Haustür zu und murmelte ein paar letzte Aktivierungssprüche, dann führte ich uns auf dem sicheren Pfad durch das Minenfeld. Walker stolzierte gelassen neben mir her und schwang seinen zusammengerollten Regenschirm wie einen Spazierstock. Typisch. Man hätte wahrscheinlich seine altmodische Krawatte anzünden können, und er wäre unerschütterlich geblieben. Walker war durch und durch ein Mann der alten Schule und stolz darauf. Für Leute wie ihn bedeutete Familie viel. Sie war das Einzige, was sie außer ihrer Pflicht hatten.
Als wir sicher auf der Straße angelangt waren, zog Walker seine goldene Uhr aus der Westentasche und sah mich grübelnd an.
„Ich werde jetzt eines meiner größten Geheimnisse mit euch teilen. Also passt auf. Ich erzähle das nicht jedem. Nun, Zeitanomalien passieren grundsätzlich nicht einfach nur so. Manchmal tun sie
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