Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand
dir deine Medizin, du schrecklicher kleiner Mann!“
„Ich glaube, ich werde nichts dergleichen tun, wenn es den Rest nicht stört“, sagte Bulldogge.
„Die Ringe, Bulldogge“, sagte ich streng. „Rück sie raus. Die kann man dir keinesfalls anvertrauen.“
„Aber ohne die werde ich kein Superkrimineller mehr sein!“
„Falls du darauf bestehst, sie zu behalten, wirst du als weiterer blutiger Schmierer auf dem Teppich enden.“
„Verstehe“, sagte Bulldogge. Rasch streifte er sich die Ringe von den Fingern und ließ sie in meine wartend ausgestreckte Hand rieseln. Ich wog sie nachdenklich darin und ließ sie dann in meiner Manteltasche verschwinden.
„Sehr gut“, sagte ich. „Nun geh dort hinüber, setz dich leise in die Ecke und warte, bis Walker auftaucht, um dich einzusammeln.“
„Glaubst du wirklich, wir werden die miese kleine Rotznase damit durchkommen lassen?“, ereiferte sich Augusta.
Mehrere Clubmitglieder gaben zustimmende Laute von sich. Ich sah mich um und ließ mir dabei sehr viel Zeit. „Er ist nur ein kleiner Mann, der einen großen Fehler gemacht hat. Es ist vorbei. Lasst es gut sein.“
„Warum sollten wir?“, fragte Sebastian Sternengrab auf seine leise, tödliche Art.
„Weil er unter meinem Schutz steht“, sagte ich. „Hat irgendjemand ein Problem damit?“
Niemand sagte etwas. Dann wandte sich einer nach dem anderen ab, um die Sauerei aufzuräumen. Denn auch wenn sie alle ganz definitiv Helden und Abenteurer waren … ich war John Taylor, und man wusste nie. Bulldogge ging davon, um sich in die Ecke zu setzen, Suzie steckte ihre Schrotflinte wieder weg und ich sammelte meine Chaoswürfel vom blutgetränkten Boden auf. Augusta Mond und Sebastian Sternengrab zeigten mir demonstrativ die kalte Schulter und schwebten gemeinsam von dannen. Janitscharen-Jane stand vor dem Dschungelgemälde und studierte es gedankenverloren, und Chandra Singh trat auf uns zu, während er mit einem Seidentuch die lange Klinge säuberte.
Er nickte mir ungezwungen zu, wobei extrem weiße Zähne in seinem schwarzen Bart aufblitzten. „Wie gut, Sie endlich zu treffen, Mr. Taylor. Selbstverständlich habe ich bereits von dem Ruf gehört, der Ihnen vorauseilt, und es freut mich, dass nichts davon übertrieben ist.“ Er wandte sein Lächeln Suzie zu und strahlte sie an. „Miss Suzie, was für eine Freude, erneut Ihre Bekanntschaft zu machen!“
Zu meiner Überraschung lächelte Suzie kurz zurück. „Chandra. In letzter Zeit irgendwelche netten Ungeheuer umgelegt?“
Er lachte ein tiefes, sorgloses Lachen. „Ich war schon an vielen Orten und habe viele monströse Dinge gesehen. Bei manchen hatte ich nicht die Wahl und musste sie töten; manche habe ich gefangen, um das Leben Unschuldiger zu schützen; wieder andere habe ich fotografiert und laufen lassen. Nicht jede Kreatur ist eine Bestie, wenn Sie verstehen, was ich meine.“
„Ihr beiden kennt euch?“, warf ich ein und versuchte, dabei möglichst lässig zu bleiben.
„Ich habe ihm auf ein paar Jagden den Rücken freigehalten“, erklärte Suzie. „Ich war seine einheimische Führerin durch die Nightside.“
„Miss Suzie ist eine überaus vortreffliche Schützin“, sagte Chandra. „Wir haben vorzüglich zusammengearbeitet, Mr. Taylor. Sie sind herbestellt worden, um den Wanderer zu jagen, wenn ich richtig liege?“
„Könnte sein“, sagte ich. „Was ginge Sie das an? Ich dachte, Sie jagen nur Monster.“
Chandra Singh nickte nüchtern. „Das war viele Jahre meine Berufung, ja. Ich bin Sikh, Mr. Taylor, aus dem Punjab. Ich bin das, was mein Volk Khalsa nennt, ein heiliger Krieger. Erinnert Sie das an jemanden?“
„An den Wanderer“, sagte ich. „Sie beide dienen Ihrem Gott auf gewalttätige Art und Weise.“
„Genau, Mr. Taylor. Ich empfinde das große Bedürfnis, diesen Wanderer zu treffen, mit ihm zu reden und herauszufinden, ob er tatsächlich das ist, was er von sich behauptet.“
„Was, wenn er es ist?“, fragte ich.
Chandra lächelte wieder sein gigantisches Lächeln. „Dann werde ich vielleicht zu seinen Füßen Platz nehmen und seiner Lebenserfahrung lauschen. Aber ich denke, das ist unwahrscheinlich. Falls er auch nur einige der Dinge getan hat, die man sich erzählt, erschiene er viel eher wie ein Diener der Dunkelheit als wie einer des Lichts, und dann werde ich mich ihm bis zu meinem letzten Atemzug entgegenstellen. Daher bitte ich um Erlaubnis, mich Ihnen und Suzie anschließen zu dürfen, wenn Sie
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