Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand
Beute, aber sein Gesicht und seine Augen hatten noch nie so kalt ausgesehen. Der Wanderer erwiderte Chandras Blick ruhig und zuckte nicht mit der Wimper. Nun stand ein heiliger Krieger dem anderen gegenüber. Das hatte Chandra die ganze Zeit gewollt, ob er sich das jetzt eingestehen mochte oder nicht. Aus diesem Grunde hatte er darauf bestanden, mich zu begleiten. Um genau zu dieser Zeit an diesem Ort zu sein, um seinen Glauben, seinen Gott und seine Bedeutung gegen den legendären Wanderer in die Waagschale zu werfen. Er stieg ganz bewusst über den wehrlosen Eddie, stellte sich zwischen den gefallenen Gott und weitere Gewalt und forderte den Wanderer offen heraus, etwas dagegen zu unternehmen. Er zog sein Schwert nicht und machte auch sonst keine Anstalten, anzugreifen oder sich zu verteidigen. Er stand einfach da, voller Vertrauen in seinen Glauben und die Ehrbarkeit seiner Sache.
„Nur zu“, sagte er entschlossen zum Wanderer. „Erschießen Sie mich. Ermorden Sie einen guten Menschen. Einfach, weil Sie es können.“
„Einen guten Menschen?“, fragte der Wanderer und zog eine Augenbraue hoch. „Ist es das, wofür du dich hältst, Chandra Singh? Nach all den Wesen, die du getötet hast, deren einzige Sünde es war … anders zu sein?“
„Sie müssen sich schon mehr Mühe geben“, sagte Chandra völlig ungerührt. „Ich habe immer nur gehandelt, wenn Menschenleben auf dem Spiel standen. Können Sie dasselbe von sich behaupten?“
„Ja“, antwortete der Wanderer.
„Zu viel Glaube kann einen Menschen blenden“, sagte Chandra. „Besonders seinen eigenen Fehlern gegenüber. Ich gebe zu, dass ich aus eigennützigen Gründen hier bin. Ich wollte mich mit Ihnen messen, mein Geschick, mein Glaube gegen Ihre. Um ein für alle Mal zu beweisen, dass ich Ihnen in genau den Dingen, auf die es ankommt, ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen bin. Aber jetzt, wo ich Sie bei Ihrem blutigen Werk gesehen habe, bei Ihrer brutalen Bestimmung … habe ich einsehen müssen, dass ich hier eine Pflicht habe. Ich muss Sie aufhalten. Sie sind komplett außer Kontrolle. Was Sie hier tun … ist nicht Gottes Werk. Er mag seinen Zorn haben, doch wird dieser durch Barmherzigkeit und Anteilnahme gemäßigt.“
„Barmherzigkeit“, grinste der Wanderer, „und Anteilnahme. Tut mir leid, nicht meine Abteilung.“
„Dann muss ich für diese Werte einstehen“, sagte Chandra. „Selbst, wenn das Blut so vieler unglückseliger Lebewesen an meinen Händen klebt. Weil es irgendjemand tun muss. John Taylor hatte recht. Es gibt nach wie vor Hoffnung in der Nightside und nicht jeder hat den Tod verdient.“
„Wenn du dich gegen mich stellst“, sagte der Wanderer ohne besondere Gefühlsregung, „stellst du dich auch gegen den Plan Gottes. Gegen Gottes Willen.“
„Dies ist Ihr Wille“, sagte Chandra. „Ihr Verlangen, die Schuldigen zu bestrafen und Ihre verlorene Familie zu rächen. Wie viele Tode wird es benötigen, Mr. Saint, wie viele Morde, bis Ihre Seele Frieden findet?“
„Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden“, sagte der Wanderer.
Sie stürzten sich nicht einfach aufeinander. Schließlich waren beide Profis, die jahrelange Erfahrung in dem hatten, was sie taten, und sie wussten genug vom jeweils anderen, um Respekt für die Fähigkeiten des anderen zu besitzen. Also griff der Wanderer nicht einfach nach seinen Schießeisen, und Chandra zog sein Schwert nicht. Noch nicht.
„Ich bin der Zorn Gottes“, verkündete der Wanderer endlich.
„Nein“, antwortete Chandra. „Sie sind auch nur eine Bestie.“
Er zog sein Schwert mit unmenschlicher Geschwindigkeit und stieß mit der Spitze geradewegs nach dem Herzen des Wanderers. All das geschah im Bruchteil eines Atemzuges, und Chandras gesamte Schnelligkeit und Stärke waren in einen einzigen, tödlichen Stich konzentriert, den er geplant und vorbereitet hatte, während er noch sprach, um den Wanderer auf dem falschen Fuß zu erwischen. Der schien sich kaum zu bewegen, aber eine Hand schoss aus dem Nichts empor, um die lange, glänzende Klinge zu packen und gänzlich zum Stillstand zu bringen. Die beiden Männer standen sich für einen Augenblick von Angesicht zu Angesicht gegenüber und man konnte ihre Anstrengung nur erahnen, Chandra, der das Schwert weiter nach vorne stoßen wollte, und der Wanderer, der es dort halten wollte, wo es sich im Moment befand. Bis das Schwert zerbarst und unter den zwei unverrückbaren Kräften, die auf es einwirkten, sauber in
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