Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand
größeres Arschloch bin, als es der Wanderer je sein kann. Ich werde einen Weg finden, ihn zu stoppen. Weil ich muss.“
Chandra nickte langsam. „Sind Sie bereit zu sterben, um ihre Freunde zu beschützen?“
„Nicht, wenn es sich vermeiden lässt“, entgegnete ich. „Ich habe auch eher geplant, den Wanderer sterben zu lassen. Deshalb bin ich auch auf dem Weg zum Waffenladen.“
„Wollt ihr, dass ich mitkomme?“, fragte Eddie. Das Rasiermesser blitzte kurz und begierig in seiner Hand auf.
„Nein“, antwortete ich. „Die würden dich schon von weitem sehen, die Türen verriegeln, Möbel davorschieben und sich unter dem Bett verstecken, bis du wieder weg bist. Ich würde das so machen.“
„Sie könnten mich nicht draußen halten“, sagte Eddie.
„Das ist wahr“, gab ich zu. „Aber ich fürchte, in dieser Angelegenheit brauche ich sie auf meiner Seite.“
„Auch gut“, sagte Eddie. „Dann mach ich mir hier noch ein wenig eine schöne Zeit, ich glaube, das brauch’ ich jetzt. Ich werde die Straße runtermarschieren, irgendwelche niedrigeren Wesenheiten aufschlitzen und unter ihren leichtgläubigen Anhängern ein Massaker anrichten, nur um jedem zu zeigen, dass ich es immer noch draufhabe. Einen Ruf muss man hegen und pflegen, sonst glauben die Leute noch, sie könnten die Situation ausnutzen. Außerdem bin ich gerade in der Laune für ein wenig Blut und Gekröse.“
„Bist du das nicht immer?“, fragte ich gönnerhaft.
„Ich werde Sie zum Waffenladen begleiten“, sagte Chandra Singh.
Er hatte sich wieder aufgerichtet, seine Tränen waren getrocknet und seine Stimme fest. „Das Spiel ist noch nicht aus, und ich bin nicht geschlagen, bis ich sage, dass ich mich geschlagen gebe.“
Helden und heilige Krieger. Sie sind immer schneller wieder auf den Beinen, als man für möglich halten würde.
Also nickten wir Eddie Messer zum Abschied zu und blickten ihm nach, als er die Straße entlangspazierte. Leute und Entitäten warfen einen einzigen Blick auf das, was in ihre Richtung unterwegs war, und erinnerten sich plötzlich daran, dass sie eigentlich ganz woanders sein sollten. Ich fixierte Chandra.
„Sind Sie in Ordnung? Der Wanderer hat die Straße mit Ihnen aufgewischt.“
„Mir geht es gut“, entgegnete er. „Oder zumindest wird es mir wieder gut gehen. Ich hatte nicht verstanden, was hier vor sich geht, müssen Sie wissen. Ich dachte, dies wäre ein Konflikt zwischen dem Gott, dem ich diene, und dem des Wanderers, um herauszufinden, welcher größer sei. Um zu entscheiden, welcher von beiden der einzig wahre Gott sei, und folglich, wer von uns beiden der wahre heilige Krieger sei. Aber stattdessen … war es eine Auseinandersetzung zwischen zwei Menschen. Am Ende hat sich herausgestellt, dass mein Glaube ungenügend war. Ich habe daran gezweifelt, ihn besiegen zu können, und genau in diesem Moment hatte ich verloren.“
„Glauben Sie das wirklich?“, fragte ich.
„Ich muss daran glauben“, antwortete Chandra. Er sah sich um und ließ seinen Blick über die Trümmer und Ruinen, über die Toten und Sterbenden und die Touristen, die das ganze fleißig fotografierten, schweifen. „Kein wahrer Gott würde das hier gutheißen … dieses völlig wahllose Abschlachten. Nein, alles was hier passiert ist, ist allein dem Stolz und dem Verlangen eines einzigen, sturen Menschen zu verdanken, und wenn es eines gibt, John Taylor, auf das man sich in dieser Welt verlassen kann, dann darauf, dass sie die Stolzen Demut lehrt.“
„Ja“, stimmte ich zu, „und außerdem liebt es die Nightside, einen guten Mann zu brechen.“
Ich sah ihn direkt an, aber er schien es immer noch nicht zu verstehen. „Nun denn“, sagte er brüsk, „wo ist dieser Waffenladen?“
„Einfach die Straße der Götter runter“, sagte ich. „Es ist nicht nur ein Waffenladen, wenn Sie verstehen, was ich meine.“
„Natürlich“, sagte Chandra Singh. „Ich hätte es wissen müssen.“
„Der Waffenladen … ist die Kirche der Waffe“, sagte ich. „Er existiert wegen all der Leute, die Waffen anbeten. Alles, woran jemand lange und stark genug glaubt, findet schließlich hier seinen Platz. Sehr viele Menschen müssen sich verdammt fest auf ihre Waffen verlassen, und je stärker sie an sie glauben, desto mehr Einfluss und Macht haben sie in der Welt. Man findet im Waffenladen alles, was irgendwie tötet, von Schwertern über Atomwaffen bis zu Energiekanonen aus zukünftigen Zeitlinien. Die sprechende
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