Nikos Reise durch Raum und Zeit - ein Roman über die Rätsel der Quantenphysik
Eldwen. »Lasst uns schon reingehen!«
Ohne zu wissen, welche Richtung sie nehmen sollten, drangen die drei Freunde immer weiter in das Steinlabyrinth ein, Gang für Gang. Zweimal gerieten sie in eine Sackgasse, immer wieder mussten sie umdrehen und zurückgehen.
Wieder hatte Niko das Gefühl, dass etwas oder jemand ihnen folgte. Er blieb stehen, um sich umzusehen, und die anderen taten es ihm gleich.
ERNEUT WAR DIE KATZE
AUS DEM NICHTS AUFGETAUCHT.
Mit ihren scharfsichtigen Augen betrachtete sie sie, und als sie sicher war, dass auch alle sie gesehen hatten, drang sie tiefer in das Labyrinth ein.
Niko zögerte keine Sekunde: »Folgen wir ihr!«, rief er seinen Freunden zu.
Schrödingers Katze führte sie die Steinwege hindurch, bis sie an einen Ausgang gelangten. Dort blieb das Tier vor einer Gabelung stehen und verschwand. Ein Ritter in einer Eisenrüstung bewachte die Kreuzung.
Neben ihm stand ein Obelisk mit einer Aufschrift:
VON DIESER KREUZUNG GEHEN ZWEI WEGE AB;
JEDER VON IHNEN FÜHRT ZU EINEM ANDEREN ZIEL.
DER EINE IST DER WEG DER LÜGE.
WER IHM FOLGT, WIRD IN DIE TIEFEN DES LABYRINTHS GELEITET, VON WO ER NIE WIEDER HERAUSFINDEN WIRD.
EIN SCHRECKLICHER TOD ERWARTET
DIE UNGLÜCKSELIGEN, DIE SICH FÜR DIESEN PFAD
ENTSCHEIDEN.
DER ANDERE IST DER WEG DER WAHRHEIT.
WER IHM FOLGT, DER WIRD BIS ZUM TOR VON SHAMBLA GEFÜHRT – DEM EINZIGEN WEG, LEBEND AUS DER
QUANTENWELT ZU GELANGEN.
ZWEI WÄCHTER BEWACHEN ABWECHSELND DIE
KREUZUNG. EINER KOMMT VOM WEG DER LÜGE UND DAHER IST ALLES, WAS ER SAGT, GELOGEN. DER ANDERE KOMMT VOM WEG DER WAHRHEIT – WAS ER SAGT, IST IMMER WAHR.
AUF DEN ERSTEN BLICK GIBT ES KEINE MÖGLICHKEIT ZU ERKENNEN, WELCHEN DER BEIDEN DU VOR DIR HAST.
IST ES DER WÄCHTER VOM WEG DER WAHRHEIT ODER DER VOM WEG DER LÜGE?
ÜBERLEGE DIR GUT, WELCHE FRAGE DU IHM STELLST –
DU HAST NUR EINE EINZIGE ZUR VERFÜGUNG, UM DIR DEN RICHTIGEN WEG ZEIGEN ZU LASSEN.
Wortlos standen die drei vor dem Obelisken. Die Aussicht auf das, was passieren würde, wenn sie den falschen Weg nähmen, verschlug ihnen die Sprache. Quiona brach als Erste das Schweigen.
»Hat jemand eine Idee?«
»Es gibt eine dritte Möglichkeit«, sagte Eldwen. »Wir müssen uns gar nicht zwischen den beiden Wegen entscheiden. Wir können eine Superposition herbeiführen und gleichzeitig beide Wege nehmen.«
»Nein, das können wir nicht«, erwiderte die Fee. »Einer der Wege führt ins Leben, der andere in den Tod. Im Zustand der Superposition wären wir lebendig und tot zugleich, genau wie Schrödingers Katze in ihrem Kasten. Niko wäre gefangen in der Quantenwelt und könnte nicht mehr in seine Welt zurückkehren.«
»Ich hab’s!«, rief der und wandte sich, ohne zu zögern, dem Wächter zu: »Könntest du mir den Weg zeigen, von dem du gekommen bist?«
Der Wächter lächelte und wies auf den rechten Weg.
»Das war’s! Eigentlich ist es ganz einfach: Der rechte Weg ist der Weg der Wahrheit«, erklärte Niko stolz. »Lasst uns gehen!«
»Moment mal«, unterbrach der Elf. »Wie kannst du sicher sein, dass der Wächter nicht gelogen hat. Das kann doch auch der Weg der Lüge sein, der uns in den sicheren Tod führt.«
»Nein, ihr braucht euch keine Sorgen zu machen. Ich habe ihn ja nicht nach dem Weg der Wahrheit gefragt. Ich habe ihn gebeten, dass er mir den Weg zeigt, von dem er gekommen ist. Wenn er vom Weg der Lüge kommt, dann wird er uns den Weg der Wahrheit zeigen, da er schließlich immer lügt. Wenn es aber der Wächter ist, der immer die Wahrheit sagt, dann wird er uns seinen Weg zeigen, den Weg der Wahrheit, der der richtige ist. Also zeigt uns sowohl der eine als auch der andere Wächter den Weg, der uns nach Shambla führt.«
»Brillant!«, rief Quiona. »Du lernst schneller, als ich dachte.« Und gab ihm einen schmatzenden Kuss auf die Wange – eine unverhoffte Belohnung, die für Niko befriedigender war, als mit dem Leben von dieser Weggabelung davonzukommen.
»Bevor wir in Shambla angekommen sind, wäre ich nicht so siegessicher«, sagte der Elf zögernd. »Wer weiß, was uns noch erwartet bis zum Zentrum des Labyrinths.«
Dabei konnte keiner von ihnen ahnen, dass die Gefahr bereits ganz nah war …
Der Weg der Wahrheit führte sie den kleinen Hügel hinauf, den sie vom Eingang des Labyrinths aus gesehen hatten.
Ihm folgend, drangen sie bald in das Dickicht eines Waldes ein. Seitlich des Pfades konnten sie mit Moos bewachsene Stämme verschiedener Bäume ausmachen.
Niko war zufrieden. Sie hatten alle
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