Nikotin
Stellenvermittlung, die ihm den Posten verschafft hatte. Sein letzter Arbeitgeber war Sir Horace Bird. Sämtliche Auskünfte gab er in ruhigem, höflichem Ton, keinerlei Zeichen von Furcht oder B e fangenheit. Und dann verduftete er – aus einem streng bewachten Haus. Ich habe meine Leute nicht schlecht heruntergeputzt, aber sie schwören, dass sie sich keiner Pflichtverletzung schuldig gemacht hätten.«
»Höchst verdächtig«, sagte Mr Satterthwaite.
»Und sehr dumm von dem Mann«, ergänzte Charles Cartwright. »Soweit ihm bekannt war, stand er doch unter keinem besonderen Verdacht. Durch dieses Auskneifen lenkt er erst die Aufmerksamkeit auf sich.«
»Ganz richtig. Und keine Hoffnung auf Entkommen. Seine Beschreibung ist an sämtliche Polizeibehörden a b gegangen. Es ist nur eine Frage von Tagen, bis er dingfest gemacht sein wird.«
Sir Charles schüttelte verwundert den Kopf. »Meine Herren, ich verstehe es nicht«, bekannte er.
»Oh, der Grund liegt auf der Hand. Der Bursche verlor die Nerven«, belehrte ihn Colonel Johnson.
»Sollte ein Mann, der seine Nerven genügend in der Gewalt hatte, um einen Mord zu begehen, sie nicht nac h her auch so weit meistern können, um still auszuharren?«
»Oh, sagen Sie das nicht! Ich kenne genügend Verbr e cher. Hasenfüße sind die meisten. So auch dieser. Sobald er sich beobachtet glaubte, suchte er das Weite.«
»Haben Sie seine Angaben nachgeprüft?«
»Selbstverständlich, Sir Charles. Das geschieht immer. Die Londoner Stellenvermittlung bestätigte seine Auss a ge. Er legte dort eine schriftliche Empfehlung von Sir Horace Bird vor, eine sehr gute Empfehlung. Sir Horace selbst weilt in Ostafrika.«
»Demnach könnte das Schreiben gefälscht sein.«
»Richtig.« Colonel Johnson betrachtete Sir Charles mit der Miene eines Lehrers, der einem begabten Schüler ein Lob ausspricht. »Wir haben schon an Sir Horace telegr a fiert; die Antwort wird aber möglicherweise geraume Zeit auf sich warten lassen, da sich Sir Horace im Busch auf Großwildjagd befindet.«
»Wann verschwand der Mann?«
»Am Morgen nach dem Tod. An dem Dinner nahm auch ein Doktor teil, Sir Jocelyn Campbell – Giftkunde soll sein Spezialfach sein, hörte ich. Er und der herbeig e rufene einheimische Doktor Davis fällten das gleiche Urteil, und ihnen ist es zu verdanken, dass die Polizei sofort benachrichtigt wurde. Noch in derselben Nacht verhörten wir sämtliche Anwesende. Nachher suchte Ellis wie gewöhnlich sein Zimmer auf, fehlte aber in der Fr ü he. Sein Bett war unberührt.«
»Mithin entwischte er im Schutz der Dunkelheit.«
»Offenbar. Eine der Damen, Miss Sutcliffe, die Scha u spielerin – Sie kennen sie vielleicht?«
»Sehr gut sogar.«
»Also, Miss Sutcliffe gab der Vermutung Ausdruck, dass der Bursche durch einen geheimen Gang geflüchtet sei.« Colonel Johnson putzte sich die Nase. »Erinnert ein bisschen an Edgar Wallace«, lächelte er dann entschuld i gend, »aber es existiert tatsächlich so ein Gang, der eine halbe Meile entfernt zwischen dem Mauerwerk einer Ru i ne mündet. Sir Bartholomew, der sehr stolz auf ihn war, zeigte ihn Miss Sutcliffe.«
»Das wäre eine Erklärung, gewiss. Nur: Woher erfuhr der Butler von diesem unterirdischen Stollen?«
»Keine Ahnung! Meine Frau behauptet allerdings i m mer, Dienstboten wüssten alles. Und vielleicht hat sie Recht.«
Jetzt endlich gab Mr Satterthwaite seine Rolle als stummer Dritter auf.
»Es soll sich um eine Vergiftung durch Nikotin ha n deln. Stimmt das?«, erkundigte er sich.
»Ja. Ein sehr ungewöhnliches Mittel, um einen Me n schen zu beseitigen, Mr Satterthwaite. Zudem wird die Angelegenheit dadurch noch verwickelter. Ich will damit sagen, dass der Doktor, der ein starker Raucher gewesen ist, auch auf natürliche Weise an Nikotinvergiftung hätte sterben können. Natürlich nicht so von einer Sekunde auf die andere.«
»Wie wurde es ihm gegeben?«
»Das wissen wir nicht«, gestand der Colonel. »Und d a mit haben Sie überhaupt den schwachen Punkt der Ang e legenheit berührt. Nach dem ärztlichen Gutachten muss es der Ermordete wenige Minuten vor seinem Versche i den geschluckt haben.«
»Man trank Portwein, hörte ich.«
»Stimmt. Was lag näher als die Vermutung, dass der Portwein vergiftet gewesen ist? Aber er war einwandfrei. Man hat nicht nur Sir Bartholomews Glas, sondern auch die übrigen Gläser untersucht, die noch ungesäubert auf einem Tablett im Anrichtezimmer standen. Alle enthie l ten
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