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Nikotin

Nikotin

Titel: Nikotin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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außerdem machen Sie einen freundlichen, ang e nehmen Eindruck«, fuhr Egg lügnerisch fort. »Deshalb möchte ich Sie um etwas bitten. Wollen Sie im ›Ritz‹ oder ›Berkeley‹ mit mir essen? Dann kann ich Ihnen dabei meine Bitte vortragen.«
    Einen Augenblick schwankte Doris Sims, aber da sie neugierig war und außerdem Wert auf gutes Essen legte, willigte sie ein.
    Egg Lytton Gore hielt mit ihren Erklärungen nicht la n ge hinter dem Berg. Sobald sie sich am Tisch niedergela s sen und dem Kellner ihre Bestellung aufgegeben hatten, sagte sie: »Ich bitte Sie, über unsere Unterredung Schwe i gen zu bewahren. Sehen Sie, man hat mir den Auftrag erteilt, über weibliche Berufe eine Artikelserie zu schre i ben. Erzählen Sie mir bitte alles, was mit Ihrem Fach zusammenhängt.«
    Doris sah ziemlich enttäuscht aus, aber immerhin gab sie bereitwilligst Auskunft über Arbeitsstunden, Gehalt s zahlung, über die Annehmlichkeiten und Beschwerden des Berufs. Und Egg kritzelte eifrig in ihrem Notizbuch.
    »Wie soll ich Ihnen nur danken!«, rief sie, als sie endlich den Bleistift fortlegte. »Dies ist ein ganz neues Gebiet für mich. Ich bin darauf angewiesen, mir etwas Geld zu ve r dienen, und wollte es mit der Journalistik versuchen. Oh, es hat mich Überwindung gekostet, heute die Schwelle Ihres Salons zu überschreiten und mich als Käuferin au s zugeben! Und dabei verfüge ich nur über ein paar Pfund. Mrs Dacres würde sicher in Wut geraten, wenn sie es wüsste.«
    Doris Sims kicherte. »In helle Wut«, bestätigte sie.
    »Benahm ich mich einigermaßen echt? Machte ich den Eindruck, als ob ich über Geld verfügte?«
    »Wundervoll echt, Miss Lytton Gore. Madam rechnet mit einem großen Auftrag von Ihnen.«
    »O weh! Wie wird sie enttäuscht sein!«
    Doris kicherte noch mehr. Das Essen schmeckte ihr vorzüglich, und Egg gefiel ihr. Sie ist zwar eine junge Dame der Gesellschaft, aber nicht ein bisschen hochm ü tig, lautete ihr geheimes Urteil. Natürlicher könnte sich keine Kollegin mir gegenüber benehmen.
    Nachdem diese freundschaftliche Atmosphäre gescha f fen war, bereitete es Egg keine Schwierigkeiten, Doris Sims auszuhorchen.
    »Ich glaube, Mrs Dacres ist eine schreckliche Katze, wie?«
    »Keiner von uns mag sie, Miss Lytton Gore. Aber sie ist gescheit und eine tüchtige Geschäftsfrau. Geschmack hat sie auch – erstklassigen Geschmack. Bei jeder Dame e r fasst sie sofort, welcher Stil zu ihr passt.«
    »Dann verdient sie vermutlich eine Menge Geld, wie?«
    Doris blickte auf das Tischtuch herab. »Es liegt mir nicht, zu klatschen und zu tratschen.«
    »Gewiss nicht.«
    »Aber wenn Sie mich fragen, Miss Lytton Gore: Weit ist die Firma nicht vom Bankrott entfernt. Es ist verschi e dentlich ein Herr bei Madam gewesen – kurz, nach me i ner Meinung hat sie sich Geld geborgt, weil sie hofft, dass das Geschäft bald wieder besser laufen wird. Ehrlich g e standen: Sie sieht manchmal furchtbar aus. Ganz verzwe i felt. Ohne Schminke und Puder könnte sie sich sicher vor niemandem zeigen. Ich glaube, sie schläft oft nächtelang nicht.«
    »Und ihr Gatte?«
    »Ein wunderlicher Kauz. Nicht viel wert. Trotzdem scheint sie noch an ihm zu hängen. Wenigstens nach meiner Überzeugung, die die Kolleginnen allerdings nicht teilen. Natürlich raunt man von allerlei Hässlichem…«
    »Zum Beispiel?«
    »Nun, da war ein junger Herr, sehr reich, sehr nachgi e big und einfältig. Madam ist nicht schlecht um ihn he r umscharwenzelt. Er hätte ihr wohl auch den Gefallen getan, das nötige Geld herauszurücken – den Trottel konnte man zu allem überreden –, aber da wurde ihm ganz plötzlich eine Seereise verordnet.«
    »Verordnet? Durch einen Arzt?«
    »Ja. Ein Arzt aus der Harley Street. Ich glaube, es war derselbe, der in Yorkshire durch Gift starb.«
    »Sir Bartholomew Strange?«
    »Richtig, so hieß er. Madam befand sich unter seinen Gästen, und wir Mädchen sagten nachher – im Scherz selbstverständlich –, ob ihn vielleicht Madam um die E cke gebracht habe. Aus Rache, verstehen Sie? Natürlich ulkten wir nur.«
    »Natürlich. So, wie wir Mädchen eben manchmal u l ken«, meinte Egg verständnisvoll. »Aber wissen Sie, unter einer Mörderin stelle ich mir eine Frau wie Dacres vor. Hart und grausam.«
    »Ja. Hart ist sie. Und ein Temperament! Wenn sie lo s wütet, wagt niemand, sich ihr zu nähern. Man behauptet, ihr Gatte zittere vor ihr, was mich weiß Gott nicht wu n dert.«
    »Hat sie jemals von einem gewissen

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