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Nikotin

Nikotin

Titel: Nikotin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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mischen sich in anderer Leute Angelegenheiten ein.« Er lehnte sich über den Tisch. »Die Kerle haben allzu viel Macht. Begreifen Sie?«
    »Nein.«
    »Mein liebes Kind, ich kann’s beurteilen. Einem Mi t menschen die Hölle zu bereiten – ja, das verstehen diese Doktoren. Gott, sind die grausam! Sperren einen ein, nehmen einem jeden Tropfen weg. Und man mag betteln und flehen, sie rücken nichts heraus! Was kümmert’s sie, welche Qualen man erduldet? Ja, so herzlos, so u n menschlich sind sie. Ich weiß es!«
    Sein Gesicht zuckte; seine Pupillen, klein wie ein Stec k nadelkopf, starrten über Egg hinweg.
    »Es ist die Hölle. Die Hölle! Und sie nennen es eine Kur. Behaupten, sie täten ein gutes Werk. Schweineba n de!«
    »Hat Sir Bartholomew…«, begann Egg vorsichtig.
    »Bartholomew Strange!«, fuhr er statt ihrer fort. »Ich möchte wissen, was sich in seinem viel gepriesenen San a torium abspielt. Nervenfälle. So heißt es dann. Da st e cken sie drin und können nicht heraus! Und obendrein heißt es, sie wären aus freien Stücken hineingegangen! Verdammte Lüge.«
    Jetzt bebte er am ganzen Körper. Und plötzlich fiel sein Unterkiefer herab.
    »Ver… zeihung… ich bin ganz… kaputt«, stotterte er. »Ganz kaputt.« Er rief den Kellner, wollte Egg ein zwe i tes Glas aufnötigen und bestellte, als sie energisch ableh n te, für sich ein neues.
    »So, das hilft«, sagte er nach dem ersten Zug. »Das stärkt die Nerven. Scheußlich, wenn einen die Nerven im Stich lassen. Darf Cynthia nicht erbosen. Sie schärfte mir ein, nicht zu reden.« Er nickte ein paarmal. »Wäre nicht gut, wenn die Polizei meine Worte erführe. Sie käme womöglich auf den Gedanken, ich hätte meinen Ärger an Sir Bartholomew ausgelassen. Eh? Einer von uns muss ihn ja schließlich getötet haben. Einer von uns… kom i scher Gedanke. Wer von uns? Das ist die Frage.«
    »Vielleicht wissen Sie, wer, Mr Dacres?«
    Er sah sie ärgerlich und misstrauisch an.
    »Warum sagen Sie das? Ich weiß nichts – merken Sie es sich. Seiner verdammten Kur wollte ich mich nicht unte r ziehen, so viel Cynthia mir auch zusetzte. Ich weiß mich zu wehren, Miss Lytton Gore, ich bin ein starker Mann.«
    »Fraglos«, stimmte Egg dem fast Betrunkenen zu. »Ist Ihnen irgendetwas über eine Mrs Rushbridger bekannt, die zurzeit in Stranges Sanatorium weilt?«
    »Rushbridger? Rushbridger?… Ja, der gute Strange sa g te etwas über sie. Doch was?… Nein, ich kann mich nicht erinnern.« Er seufzte tief auf. »Das Gedächtnis schwi n det. Und ich habe eine Menge Feinde. Vielleicht bespi t zeln sie mich schon.« Mit unsteten, fahrigen Augen blic k te er umher und beugte sich dann noch mehr zu Egg hinüber. »Was wollte jene Frau damals in meinem Zi m mer?«
    »Welche Frau?«
    »Nun, die mit dem Karnickelgesicht. Die Stückeschre i berin. Es war am Morgen nach seinem Tod. Ich kam gerade vom Frühstück herauf. Da trat sie aus meinem Zimmer, ging den Korridor hinab und verschwand durch die hölzerne Doppeltür in den Dienstbotenflügel. K o misch, was? Was suchte sie in meinem Zimmer? Was schnüffelte sie überhaupt umher?… Oder« – jetzt dämp f te er die Stimme – »meinen Sie, es sei wahr, was Cynthia sagt?«
    »Was sagt denn Mrs Dacres?«
    »Dass ich es mir einbildete, dass ich Dinge sähe, die nicht vorhanden wären.« Er lachte unsicher. »Gewiss, bisweilen sehe ich dergleichen Dinge. Weiße Mäuse… Schlangen und alles Mögliche andere. Aber eine Frau?… Nein, das war keine Einbildung. Ich habe sie tatsächlich gesehen. Wunderliches Frauenzimmer! Hat Augen, die einen durchbohren.«
    Nun lehnte er sich in die Kissen der weichen Couch z u rück und schien vom Schlaf übermannt zu werden.
    »Ich muss gehen«, sagte Egg, indem sie rasch aufstand. »Danke für die nette Plauderstunde, Captain Dacres.«
    »Ganz meinerseits. War… charmant. War…« Seine Stimme versagte, und Egg Lytton Gore rannte davon.
    Draußen empfing sie eine abendliche Kühle, die ihr nach der rauchigen Luft des Klubs wohl tat.
    Hatte nicht schon Sir Bartholomews Hausmädchen b e hauptet, Miss Wills spähe und spioniere? Und jetzt noch diese Geschichte von Freddie Dacres! Wonach hatte Miss Wills gesucht? Was hatte sie gefunden? Bestand die Mö g lichkeit, dass Muriel Wills etwas wusste?
    Und barg das reichlich verworrene Geschwätz über Sir Bartholomew Strange ein Körnchen Wahrheit? Hatte Freddie Dacres ihn im Geheimen gefürchtet und gehasst? Doch selbst wenn man auch diese

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