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Nikotin

Nikotin

Titel: Nikotin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Möglichkeit zugab, so lichtete sich das Dunkel um Mr Babbingtons Tod d a durch nicht. »Vielleicht wurde er gar nicht ermordet«, murmelte Egg.
    Und dann fiel ihr Blick auf die Überschrift einer Ze i tung, die ein Händler feilbot.
     
    ›EXHU MIERUNG DER LEICHE DES PFARRERS
    VON LOOMOUTH – ERGEBNIS‹
     
    Hastig kramte sie eine Münze aus ihrer Tasche und en t riss dem Mann förmlich das Abendblatt. Dabei stieß sie mit einer Frau zusammen, die ebenfalls nach der Zeitung griff.
    Es war Miss Milray, Charles Cartwrights Sekretärin. Kopf an Kopf beugten sie sich über den Bericht. Die Worte tanzten vor Eggs Augen. Analyse… Nikotin.
    »Also ist er ermordet worden!«, stieß Egg hervor.
    »Mein Gott, mein Gott! Wie entsetzlich …!«, stammelte Miss Milray, die ihre nüchterne Sachlichkeit ganz eing e büßt hatte. Egg blickte sie betroffen an. Eine Miss Milray, die menschliche Gefühle zeigte?
    »Es nimmt mich natürlich mit, da ich ihn mein ganzes Leben lang gekannt habe«, sagte die Sekretärin, als müsse sie sich entschuldigen.
    »Wen? Mr Babbington?«
    »Ja. Meine Mutter lebt in Gilling, wo er Vikar war.« Sie starrte geistesabwesend vor sich hin. »Was soll ich bloß tun?«, murmelte sie wie im Selbstgespräch.
    »Tun?«
    Miss Milray fuhr zusammen.
    »Ich möchte Mrs Babbington schreiben«, sagte sie rasch. »Nur scheint es nicht ganz… ganz… Ach, ich weiß noch nicht, wie ich mich verhalten werde.«
    Und Egg Lytton Gore staunte von Neuem.

20
     
    » S ind Sie ein Freund, oder sind Sie ein Spitzel? Ich möc h te es von vornherein wissen.«
    Miss Sutcliffe musterte ihren Besucher mit spö t tischen Augen. Sie saß in einem hochlehnigen Polsterse s sel, das graue Haar kleidsam frisiert, die Beine übereina n dergeschlagen, und Mr Sa t terthwaite bewunderte ihre elega n ten, zierlichen Schuhe und ihre schlanken Fesseln. Angela Sutcliffe war eine fasz i nierende Frau, und sei es auch nur deshalb, weil sie selten etwas ernst nahm.
    »Verdiene ich diese Frage?«, erwiderte Mr Satterthwaite vorwurfsvoll.
    »Freilich. Also bitte: Kamen Sie um meiner schönen Augen willen, wie die Franzosen so hübsch sagen, oder kamen Sie, Sie garstiger Mann, um mich über Morde au s zuhorchen?«
    »Können Sie zweifeln, dass das erstere zutrifft?«
    »Ja. Ich kann es, und ich tue es«, sagte die Künstlerin entschieden. »Sie sind einer jener Menschen, die so mild aussehen und tatsächlich in Blut schwelgen.«
    »Nein, nein.«
    »Ja, ja. Leider bin ich mir noch nicht darüber schlüssig, ob es eine Beleidigung oder ein Kompliment ist, als eve n tuelle Mörderin betrachtet zu werden. Soll ich’s als Ko m pliment auffassen?«
    Sie legte den Kopf ein wenig schräg und lächelte mit j e nem bezaubernden Lächeln, dessen Wirkung nie versagte. Entzückendes Geschöpf!, dachte Mr Satterthwaite, aber sein Mund sprach die Worte: »Ich will zugeben, Gnädig s te, dass der Tod Sir Bartholomew Stranges mich fesselt. Schon früher habe ich mich mit solchen Vorkommnissen befasst, wie Sie vielleicht wissen…«
    Er schaltete eine Pause ein, in der Hoffnung, dass Miss Sutcliffe ihm das letztere bestätigen würde. Aber sie stel l te nur die Frage: »Stimmt das, was das Mädchen sagte?«
    »Welches Mädchen? Und was sagte es?«
    »Die kleine Lytton Gore, der es Charles angetan hat. Sie meint, dass der alte Pfarrer in Cornwall ebenfalls ermo r det worden sei.«
    »Und Ihre Meinung?«
    »Nun, es trug sich immerhin auf die gleiche Art zu… Sie ist ein kluges Mädchen. Wie steht’s mit Charles? Nimmt er’s ernst?«
    »Ich werte Ihr Urteil höher als das meine«, versetzte Mr Satterthwaite.
    »Was für ein langweilig diskreter Mann Sie sind!«, rief Miss Sutcliffe. »Ich hingegen bin entsetzlich indiskret.« Sie ließ sekundenlang die langen Wimpern herabfallen. »Mein lieber Freund, ich kenne Charles, und die Männer im Allgemeinen, ziemlich gut. Es treten bei ihm alle A n zeichen des Sesshaftwerdens zu Tage; es umwittert ihn eine tugendhafte Luft. Er will eine Familie gründen – das ist meine Ansicht. Wie langweilig die Männer werden, wenn sie sich zur Sesshaftigkeit entschließen! Sie büßen all ihren Charme ein.«
    »Ich habe mich oft gewundert, weshalb Sir Charles nicht geheiratet hat.«
    »Mein Lieber, er hat nie dergleichen Gelüste gezeigt. Er war nicht heiratstoll; aber er war sehr anziehend…«
    Ein Seufzer, leicht wie ein Hauch. Und in Angela Sut c liffes Augen zeigte sich ein echtes Zwinkern, als sie Mr Satterthwaite ansah.

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