Nimm dich in acht
ein Taxi bekam, und zehn vor sechs, als sie die Tür zu ihrer Wohnung aufschloß. Noch ganze vierzig Minuten, um mich auf den großen Abend vorzubereiten, dachte sie, und ich habe mich noch nicht mal entschieden, was ich anziehen will.
89
Pamela Hastings saß im Warteraum der Intensivstation im Lenox Hill Hospital und versuchte den schluchzenden Justin Wells zu trösten. »Ich dachte, ich hätte sie verloren«, klagte er mit versagender Stimme. »Ich dachte, ich hätte sie verloren.«
»Carolyn ist eine Kämpfernatur – sie wird durchkommen«, versicherte Pamela ihm. »Justin, ein Dr. Donald Richards hat im Krankenhaus angerufen, um sich nach Carolyn und nach dir zu erkundigen. Er hat seine Nummer hinterlassen. Ist er nicht der Psychiater, zu dem du eine Zeitlang gegangen bist, als Carolyn und du Probleme miteinander hattet?«
»Der Psychiater, zu dem ich eigentlich gehen sollte«, sagte Wells. »Ich war nur einmal da.«
»Die Nachricht lautet, daß er dir gern seine Hilfe anbieten würde.« Sie hielt inne, besorgt, wie er reagieren würde. »Justin, darf ich ihn anrufen? Ich glaube, du mußt mit jemandem reden.« Sie spürte, wie er sich versteifte.
»Pam, du denkst immer noch, daß ich Carolyn das angetan habe, nicht wahr?«
»Nein«, entgegnete sie fest. »Ich sage dir ganz offen, was ich denke. Ich glaube, daß Carolyn es schaffen wird, aber ich weiß auch, daß wir noch nicht aus dem Schneider sind. Wenn sie – was Gott verhüten möge – es nicht schafft, wirst du dringend Hilfe brauchen. Bitte, laß mich ihn anrufen.«
Justin nickte langsam. »Na schön.«
Als sie kurz darauf ins Wartezimmer zurückkam, lächelte Pamela. »Er ist auf dem Weg hierher, Justin«, sagte sie. »Was er sagt, klingt sehr nett. Laß dir von ihm helfen.«
90
»Ich glaube, ich habe ein kniffliges Problem gelöst, Jim«, sagte Alex Wright fröhlich.
Jim Curley hatte gemerkt, daß sein Boß in ausgezeichneter Stimmung war. Er sieht blendend aus, dachte er, als er einen Blick in den Rückspiegel warf. Viel besser noch, er sieht glücklich aus.
Sie waren auf dem Weg zur Downing Street, um Susan Chandler zu dem Dinner in der Zentralbibliothek an der Fifth Avenue abzuholen. Alex hatte darauf bestanden, früh loszufahren, für den Fall, daß sie im Verkehr steckenblieben. Statt dessen waren auf der Seventh Avenue weniger Autos als sonst unterwegs, so daß sie schnell vorwärtskamen. Das muß das Gesetz der Unwahrscheinlichkeit sein, dachte Jim. »Was für ein Problem haben Sie gelöst, Mr. Alex?«
»Ich habe Dr. Chandlers Vater und Stiefmutter zu dem Dinner eingeladen und konnte sie so bitten, beim St. Regis vorbeizufahren und Dr. Chandlers Schwester abzuholen.
Es wäre ziemlich peinlich geworden, wenn ich mit einer Dame an je einem Arm dort erschienen wäre.«
»Oh, Sie würden spielend damit fertig, Mr. Alex.«
»Die Frage ist nicht, ob ich damit fertigwerden kann, Jim. Die Frage ist, will ich damit fertigwerden? Und die Antwort lautet – nein.«
Mit anderen Worten, dachte Jim, er will Susan, nicht Dee. Er hatte beide Frauen kennengelernt und pflichtete seinem Boß bei. Keine Frage, Dee sah atemberaubend aus.
Das war ihm natürlich neulich abends aufgefallen, als er sie chauffiert hatte. Sie schien auch nett zu sein. Aber Susan, ihre Schwester, hatte etwas, das Jim faszinierte. Sie wirkte natürlicher, wie ein Mensch, den man zu sich nach Hause einladen würde, ohne sich entschuldigen zu müssen, weil es keine von den feinen Adressen war, dachte er.
Um fünf nach sechs standen sie vor dem Brownstone-Haus, in dem Susan wohnte. »Jim, wie schaffen Sie es nur, immer einen Parkplatz zu finden?« fragte Alex Wright.
»Ich führe ein anständiges Leben, Mr. Alex. Soll ich das Radio anmachen?«
»Nein, ich gehe selbst nach oben.«
»Sie sind zu früh dran.«
»Das geht schon in Ordnung. Ich setze mich in den Salon und drehe Däumchen.«
»Sie sind aber früh dran«, sagte Susan durch die Gegensprechanlage. Ihre Stimme klang bestürzt.
»Ich werde Sie nicht stören, das verspreche ich«, erwiderte Alex. »Aber ich warte so ungern im Wagen. Da komme ich mir vor wie ein Taxifahrer.«
Susan lachte. »Na schön, kommen Sie rauf. Sie können sich den Rest der Sechs-Uhr-Nachrichten ansehen.«
Ausgerechnet heute, dachte sie. Ihr Haar war noch mit einem Handtuch umwickelt. Eine schwarze Smokingjacke mit passendem langem, schmalgeschnittenem Rock hing über der Badewanne, um die letzten Knitterfalten wegzudämpfen. Sie hatte
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