Nimm dich in acht
persönliche Anerkennung ablehne.
»Sehen Sie, was für ein netter Kerl ich bin«, flüsterte Alex ihr zu, als er aufstand, um das Buch entgegenzunehmen.
Alex war ein guter Redner, er war locker, gewandt und ließ Humor aufblitzen. Als er sich wieder setzte, sagte Susan leise: »Alex, stört es Sie, wenn ich während des Desserts den Platz mit Dee tausche?«
»Susan, bedrückt Sie irgendwas?«
»Nein, gar nichts. Nur der liebe Familienfrieden und so.
Ich sehe von weitem, daß Dee unglücklich ist, weil Gordon Mayberry pausenlos auf sie einredet. Wenn ich sie rette, habe ich vielleicht was gut bei ihr.« Sie lachte. »Und ich muß auch kurz mit Dad reden.«
Alex’ amüsiertes Lachen folgte ihr, als sie zum Nachbartisch ging und Dee bat, den Platz mit ihr zu tauschen. Es gibt noch einen Grund, warum ich das tue, gestand sie sich ein – wenn ich mit Alex eine Beziehung anfange, will ich hundertprozentig sicher sein, daß Dee nicht dazwischenkommt. Gibt es erneut Konkurrenz, dann mache ich der Sache ein Ende, bevor sie richtig begonnen hat. Ich will nicht noch mal dasselbe erleben wie mit Jack.
Sie wartete, bis Mayberry auf Binky einzureden begann, bevor sie sich an ihren Vater wandte. »Dad – ich meine Charles – das klingt vielleicht verrückt, aber du mußt Montag früh noch mal fünfzehntausend Dollar an das Fotostudio in London überweisen.«
Er sah sie an, und auf seinem Gesicht spiegelten sich Überraschung und Sorge. »Geht in Ordnung, Schatz, aber hast du irgendwelchen Ärger? Ganz gleich, was es ist, ich kann dir helfen.«
Geht in Ordnung. Ich kann dir helfen.
Dad will mir damit sagen, daß er trotz Binky und ihrer offensichtlichen Abneigung gegen mich immer für mich dasein wird, dachte Susan. Das darf ich nie vergessen.
»Ich gebe dir mein Wort, daß ich keinen Ärger habe, aber ich muß dich trotzdem bitten, es für dich zu behalten«, sagte sie zu ihm. »Ich helfe jemandem.«
Ich weiß, daß Nat Small in Gefahr sein könnte, dachte sie. Und er ist vielleicht nicht der einzige. Es könnte noch eine weitere Frau dazu ausersehen sein, einen dieser Türkisringe mit der Gravur »Du gehörst mir« zu bekommen.
Warum gingen ihr immer wieder die Zeilen des Songs durch den Kopf? fragte sie sich. Jetzt hörte sie »… und in den Tropen geht die Sonne auf«.
Natürlich! Diese Worte hatten auf der Bordmitteilung der Gabrielle gestanden, die ihr heute unter Regina Clausens Sachen aufgefallen war.
Am Montag bekomme ich die Fotos von der Seagodiva, dachte Susan. Ich werde Nedda fragen, ob ich den langen Konferenztisch in ihrem Büro benutzen kann, um sie darauf auszubreiten. Das heißt, bis Montag abend müßte ich Carolyns Foto gefunden haben. Wenn das Studio bis Dienstag nachmittag Abzüge der Fotos von der Gabrielle anfertigen kann, bekomme ich sie am Mittwoch. Ich werde sie so lange wie nötig durchsehen, und wenn ich die ganze Nacht aufbleiben muß.
Binky war es endlich gelungen, Gordon Mayberry abzuschütteln. »Worüber redet ihr zwei?« wollte sie wissen, als sie sich wieder Susan und Charles zuwandte.
Susan fing das verschwörerische Augenzwinkern ihres Vaters auf, als er sagte: »Susan hat mir gerade erzählt, daß sie sich für Kunstsammlungen interessiert, meine Liebe.«
92
Am Sonntag traf Pamela Hastings um zwölf Uhr mittags im Lenox Hill Hospital ein und begab sich durch die ihr inzwischen vertrauten Korridore zum Wartezimmer der Intensivstation. Wie erwartet war Justin Wells schon da.
Er sah zerzaust, unrasiert und verschlafen aus.
»Du bist gestern nacht überhaupt nicht nach Hause gefahren«, sagte sie vorwurfsvoll.
Er blickte mit verquollenen Augen zu ihr auf. »Ich konnte nicht. Sie haben mir zwar gesagt, ihr Zustand sei stabil, aber ich möchte sie trotzdem nicht längere Zeit allein lassen. Hier herrscht die Meinung, daß Carolyn am Freitag fast aus dem Koma erwacht wäre, aber dann habe sie sich daran erinnert, was passiert ist, und Panik und Angst hätten sie wieder bewußtlos werden lassen.
Jedenfalls war sie lange genug bei Bewußtsein, um zu sagen: ›Nein … bitte … nein! Justin.‹«
»Du weißt, daß das nicht notwendigerweise heißen muß
›Bitte stoß mich nicht vor ein Auto, Justin‹«, wandte sie ein, als sie sich neben ihn setzte.
»Sag das mal den Cops. Und den Ärzten und Schwestern hier: Ich versichere dir, beim kleinsten Versuch, mich Carolyn zu nähern, tun sie alle so, als wollte ich gleich den Stecker ziehen.«
Pam bemerkte, wie er
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