Nimm dich in acht
ich mit dir essen ging, gesagt, du wärst Regina bei einem Essen von Futures Industry begegnet. Das war eine Großveranstaltung, Alex. Irgendwas hatte mich an dem Abend an dir stutzig gemacht.«
»Federn im Wind«, wiederholte er. »Aber du warst es, Susan, die sie verstreut hat. Ich weiß, ich kann nicht mehr lange so weitermachen, aber ich werde meine Mission erfüllen, ehe man mich aufhält. Erinnerst du dich an das Lied … ›Und der Dschungel, der von Regen glänzt.‹
Weißt du, wer heute im Dschungel war? Dee. Sie nahm an einem Ausflug in den Regenwald Costa Ricas teil. Das paßt gut genug. Morgen wird man um dich trauern, wenn man deine Leiche entdeckt. Aber das wird nicht vor neun Uhr geschehen. Zu dieser Zeit werden Dee und ich in Panama zusammen frühstücken. Ihr Schiff legt um acht an, und ich werde sie dort überraschen und zusteigen. Ich habe einen Türkisring für sie. In den sie sehr viel hineindeuten wird.« Er hielt inne. »Wenn ich recht überlege, Susan, warst du mir im Grunde eine große Hilfe.
Du hast mir meine letzte einsame Lady beschafft. Dee ist ideal für diese Rolle.«
Langsam, gang langsam zog er die Hülle höher. Sie bedeckte ihr Kinn. »Alex, du brauchst Hilfe, du brauchst dringend Hilfe.« Susan versuchte ihre Verzweiflung zu überspielen. »Deine Glückssträhne ist zu Ende. Du kannst dich noch retten, wenn du jetzt aufhörst.«
»Aber ich will nicht aufhören, Susan«, sagte er sachlich.
Als das Telefon läutete, sprang er auf. Sie hörten beide gespannt zu, als Don Richrads sagte, er sei auf dem Weg zur Praxis.
Bitte, lieber Gott, laß ihn bald hier sein, dachte Susan.
»Es ist Zeit«, sagte Alex Wright gelassen. Mit einer plötzlichen Handbewegung zog er die Plastikhülle über ihren Kopf und versiegelte sie. Dann schob er sie unter den Schreibtisch.
Er stand auf und begutachtete sein Werk. »Du wirst lange tot sein, bevor Richards hier eintrifft«, sagte er mit der beiläufigen Gewißheit eines erfahrenen Profis. »Es wird höchstens zehn Minuten dauern.« Er hielt inne, um die Wirkung seiner Worte zu steigern. »So lange hat Regina noch gelebt.«
108
»Hören Sie, Mister, ich hab’ die Verkehrsstaus nicht erfunden«, sagte der Taxifahrer zu Don Richards. »Im Midtown Tunnel geht überhaupt nichts mehr. Sonst noch was Neues?«
»Sie haben vorhin mit der Zentrale gesprochen. Hätte man Sie nicht vorwarnen können? Wäre doch möglich gewesen, dem Stau auszuweichen!«
»Mister, irgendein Kerl hat einen Auffahrunfall. Dreißig Sekunden später ist der Stau da.«
Es nützt auch nichts, mit ihm zu streiten, sagte Don sich, dadurch komme ich nicht schneller vorwärts. Aber es ist so wahnsinnig frustrierend, hier festzusitzen, und überall wird gehupt.
Susan, dachte er, deine Sekretärin muß dir die Nachricht hinterlassen haben. Als du hörtest, daß ich wegen Owen anrufe, hast du bestimmt beschlossen, auf mich zu warten.
Also warum meldest du dich nicht? »Bitte, Susan«, flüsterte er. »Warte auf mich. Dir darf nichts passiert sein.«
109
Die wenige Luft in der Hülle war fast verbraucht. Susan spürte, daß sie benommen wurde. Atme kurz und flach, sagte sie sich. Verbrauche nicht den ganzen Sauerstoff.
Luft. Luft, schrie ihre Lunge.
Die Erinnerung an einen der ersten Fälle, den sie als Assistentin des Staatsanwalts übernommen hatte, blitzte plötzlich in ihrem Kopf auf. Es ging um eine Frau, die man mit einer Plastiktüte über dem Kopf aufgefunden hatte. Ich war es, die sagte, es könne kein Selbstmord gewesen sein, und ich hatte recht. Die Frau hatte ihre Kinder zu sehr geliebt, um sie aus freien Stücken allein zu lassen.
Ich kann nicht atmen. Ich kann nicht atmen. Die Schmerzen in ihrer Brust wuchsen.
Nicht ohnmächtig werden, sagte sie sich entschlossen.
Die Frau mit der Plastiktüte über dem Kopf hatte ein rosiges Gesicht gehabt, als man sie fand. Das kommt von dem Kohlenmonoxyd, das dich tötet, hatte der Gerichtsmediziner erklärt.
Ich kann nicht atmen. Ich will schlafen. Sie spürte, wie ihr Wille nachließ, als sei er bereit, den Kampf aufzugeben.
Dee. Alex würde sie morgen treffen. Sie sollte sein letztes Opfer sein.
Ich werde einschlafen, dachte Susan. Ich kann nicht dagegen an.
Ich will nicht sterben. Und ich will nicht, daß Dee stirbt.
Ihr Verstand kämpfte weiter, kämpfte, um ohne Luft zu überleben.
Sie war unter dem Schreibtisch eingekeilt. Mit einem jähen Ruck stieß sie sich an der Vorderseite ab und schaffte es, sich ein
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