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Nimm dich in acht

Nimm dich in acht

Titel: Nimm dich in acht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Dreiviertelansicht. Ja, genau so war sein Haar frisiert, dachte sie und zeichnete sein wohlgeformtes, eng am Kopf anliegendes Ohr. Seine weit auseinanderstehenden Augen hatten sich verengt, als er Carolyn Wells ansah. Lange Wimpern, energisches Kinn.

    Als Hilda den Tintenfüller aus der Hand legte, war sie zufrieden. Nicht übel, dachte sie, gar nicht übel. Sie schaute auf die Uhr; es war fünf vor elf. Sie schaltete den Fernseher ein, dann ging sie in die Küche, um den Kessel aufzusetzen.
    Gerade hatte sie das Gas angezündet, als es an der Tür läutete. Wer in Gottes Namen konnte das so spät noch sein? fragte sie sich, als sie in die winzige Diele trat und den Hörer der Gegensprechanlage abnahm.
    »Wer ist da?« Sie machte keinen Versuch, ihre Gereiztheit zu verbergen.
    »Miss Johnson, es tut mir sehr leid, Sie so spät noch zu stören.« Die Stimme des Mannes klang gedämpft und angenehm. »Ich bin Detective Anders. Wir haben einen Verdächtigen verhaftet. Möglicherweise handelt es sich um den Mann, der nach Ihren Angaben Mrs. Wells auf die Fahrbahn gestoßen hat. Ich möchte Ihnen sein Foto zeigen.
    Wenn Sie ihn wiedererkennen, können wir ihn festhalten.
    Andernfalls müssen wir ihn laufenlassen.«
    »Ich dachte, niemand hätte mir geglaubt«, fuhr Hilda ihn an.
    »Wir wollten nicht durchsickern lassen, daß wir einem Verdächtigen auf der Spur waren. Kann ich kurz raufkommen?«
    »Wenn’s sein muß.«
    Hilda drückte auf den Summer, der die Tür zum Foyer entriegelte. Ein wenig selbstzufrieden ging sie wieder zu ihrem Schreibtisch und betrachtete ihre Zeichnung. Warte nur, bis Detective Anders das hier sieht, dachte sie.
    Sie hörte, wie der alte Aufzug rumpelnd in ihrer Etage anhielt; dann näherten sich leise Schritte.

    Sie wartete, bis Detective Anders an ihrer Wohnungstür läutete, bevor sie öffnete. Muß kalt geworden sein, dachte sie – sein Mantelkragen war hochgeschlagen, und er trug einen Schlapphut, den er tief in die Stirn gezogen hatte.
    Außerdem hatte er Handschuhe an.
    »Es dauert nur eine Minute, Miss Johnson«, sagte er.
    »Tut mir leid, daß ich Sie störe.«
    Hilda schnitt ihm das Wort ab. »Kommen Sie rein«, sagte sie lebhaft. »Ich muß Ihnen auch was zeigen.« Als sie zum Schreibtisch voranging, hörte sie nicht, daß die Tür leise ins Schloß fiel.
    »Ich habe den Kerl, den ich gesehen habe, gezeichnet«, sagte sie triumphierend. »Wir können ihn mit Ihrem Foto vergleichen.«
    »Sicher.« Doch statt eines Fotos legte ihr Besucher einen Führerschein auf den Tisch.
    Hilda holte tief Luft. »Sehen Sie! Es ist dasselbe Gesicht! Das ist der Mann, der die Frau auf die Fahrbahn gestoßen und sich den Umschlag geschnappt hat.«
    Zum ersten Mal blickte sie Detective Anders direkt an.
    Er hatte den Hut abgenommen, und sein Mantelkragen war auch nicht mehr hochgeschlagen.
    Hildas Augen weiteten sich vor Entsetzen. Sie öffnete den Mund, brachte jedoch nur ein leises »O nein’« heraus.
    Als sie zurückweichen wollte, stieß sie gegen den Schreibtisch. Ihr Gesicht wurde aschfahl – sie saß in der Falle.
    Flehend hob sie die Hände. Vergeblich versuchte sie sich vor dem Messer zu schützen, das ihr Besucher ihr in die Brust stieß.
    Er sprang zurück, um dem Blutstrahl auszuweichen, dann sah er zu, wie ihr Körper erschlaffte und auf den verschossenen Teppich sank. Hildas Augen wurden starr, doch sie konnte noch sagen: »Gott … wird … Sie nicht …
    ungestraft … davonkommen lassen …«
    Als er sich über sie beugte, um seinen Führerschein und ihre Zeichnung an sich zu nehmen, zuckte ihr Körper heftig, und ihre Hand fiel auf seinen Schuh.
    Er schüttelte ihre Hand ab, ging ruhig zur Tür, öffnete sie und warf einen prüfenden Blick in den Gang. Mit wenigen Schritten war er an der Feuertreppe. Unten angekommen, öffnete er die Tür zum Foyer einen Spaltbreit, sah niemanden und stand einen Augenblick später draußen auf der Straße.
    Die Erkenntnis, wie knapp er entkommen war, überwältigte ihn. Hätten die Cops der alten Schachtel geglaubt und schon am Nachmittag mit ihr gesprochen, hätte sie ihnen vielleicht die Skizze gezeigt. Sie wäre morgen in allen Zeitungen erschienen.
    Als er sich in Bewegung setzte, war sein rechter Fuß bleischwer. Es fühlte sich an, als laste immer noch Hilda Johnsons Hand auf ihm.
    Hatte sie ihn mit ihren letzten Worten verflucht? fragte er sich. Sie hatten ihn an den Fehler erinnert, der ihm heute unterlaufen war – einen Fehler, den Susan

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