Nimm dich in acht
lächelte wieder, erfreut über die Aufmerksamkeit dieses außerordentlich liebenswürdigen Stammkunden.
Bereitwillig reichte er ihm das Schild und sah zu, wie er den Riegel vorschob. Erst jetzt stellte er überrascht fest, daß sein Kunde trotz des milden, sonnigen Wetters Handschuhe trug.
Die handgearbeiteten Artikel bewahrte er in dem Glastresen in der Nähe der Kasse auf. Abdul holte ein kleines Kästchen heraus. »Zwei sind hier, Sir. Der dritte liegt noch hinten, auf meiner Werkbank. Ich hole ihn eben.«
Rasch durchquerte er den durch einen Vorhang abgetrennten Bereich, der in ein kleines Lager führte. Eine Ecke des Raums hatte er in eine Kombination aus Büro und Werkstatt verwandelt. Der dritte Türkisring lag in einer Schachtel. Erst gestern hatte er die Arbeit an der Gravur beendet.
Drei Mädchen auf einmal, dachte er lächelnd. Dieser Mann kommt ganz schön rum.
Abdul drehte sich mit dem Ring in der Hand um und holte erstaunt Luft. Sein Kunde war ihm in den Lagerraum gefolgt.
»Haben Sie den Ring gefunden?«
»Hier ist er, Sir.« Abdul streckte die Hand aus. Er verstand nicht, warum er auf einmal so nervös war und sich in die Enge getrieben fühlte.
Doch dann, als plötzlich das Messer aufblitzte, begriff er. Ich hatte zu Recht Angst, dachte er noch, bevor er einen scharfen Schmerz spürte und in Dunkelheit versank.
28
Um zehn vor drei, als sich gerade ihr Zwei-Uhr-Patient verabschiedet hatte, erhielt Susan Chandler einen Anruf von Jane Clausen. Sie spürte sofort die verborgene Anspannung in Janes ruhiger, distinguierter Stimme, als diese sie um einen Termin bat.
»Ich brauche Ihren professionellen Rat«, erklärte Mrs. Clausen. »Ich muß mit einigen Dingen, die mir zu schaffen machen, ins reine kommen und habe das Gefühl, daß es sehr wohltuend für mich wäre, mit Ihnen darüber zu sprechen.«
Ehe Susan etwas erwidern konnte, fuhr sie fort: »Es ist sehr wichtig. Ich muß so schnell wie möglich mit Ihnen reden, noch heute, wenn es sich einrichten läßt.«
Susan brauchte nicht in ihrem Terminkalender nachzusehen. Um drei und um vier Uhr erwartete sie noch jeweils einen Klienten. Danach hatte sie gleich zum Lenox Hill Hospital fahren wollen. Offenbar mußte das noch warten.
»Ab fünf Uhr bin ich frei, Mrs. Clausen.«
Sobald sie aufgelegt hatte, wählte Susan die Nummer des Krankenhauses, die sie vorher nachgeschlagen hatte.
Als sie schließlich zur Zentrale durchkam, erklärte sie, daß sie den Ehemann einer Frau zu erreichen versuche, die auf der Intensivstation liege.
»Ich stelle Sie zum Wartezimmer der Intensivstation durch«, sagte die Telefonistin.
Eine Frau meldete sich. Susan fragte, ob Justin Wells da sei.
»Wer spricht da?«
Susan verstand, warum die Frau vorsichtig war. Die Medien haben sich bestimmt schon an seine Fersen geheftet, dachte sie. »Dr. Susan Chandler«, sagte sie.
»Mr.
Wells hat einen Mitschnitt meiner gestrigen Radiosendung angefordert, und ich wollte ihm das Band selbst vorbeibringen, falls er um halb sieben noch im Krankenhaus ist.«
Aus den gedämpften Geräuschen, die sie hörte, schloß sie, daß die Frau die Hand über die Sprechmuschel hielt.
Trotzdem konnte sie verstehen, was sie sagte: »Justin, hast du einen Mitschnitt der gestrigen Sendung von Dr. Susan Chandler bestellt?«
Die Antwort konnte sie deutlich hören. »Das ist doch lächerlich, Pamela. Da hat sich jemand einen üblen Scherz erlaubt.«
»Dr. Chandler, ich fürchte, da liegt ein Irrtum vor.«
Ehe die Frau auflegen konnte, sagte Susan schnell:
»Dann muß ich mich entschuldigen. Mein Produzent hat mich wohl falsch informiert. Es tut mir sehr leid, daß ich Mr. Wells in einem Augenblick wie diesem gestört habe.
Darf ich fragen, wie es Mrs. Wells geht?«
Eine kurze Pause trat ein. »Beten Sie für sie, Dr. Chandler.«
Die Verbindung wurde unterbrochen, und im nächsten Augenblick sagte eine Computerstimme: »Wenn Sie eine Verbindung wünschen, legen Sie bitte auf und versuchen Sie es noch einmal.«
Susan saß lange Zeit da und starrte auf das Telefon.
Hatte wirklich irgendein Scherzbold den Mitschnitt bestellt, und wenn ja, zu welchem Zweck? Oder hatte Justin Wells doch angerufen und wollte es nur vor der Frau, die er Pamela nannte, verbergen? Aber – aus welchem Grund?
All diese Fragen mußte Susan erst einmal zurückstellen, denn Janet kündigte bereits ihren Drei-Uhr-Klienten an.
29
Doug Layton stand vor der einen Spaltbreit geöffneten Tür zu dem kleinen
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