Nimm dich in acht
gesagt.
»Wenn ich traurig bin, erinnert mich der Fluß daran, daß ich mein Leben eben nicht immer steuern kann.«
Seine gelegentlichen Anrufe, in denen er bat, auf einen Kaffee vorbeikommen zu dürfen, damit sie einen bestimmten Antrag auf eine Spende noch vor der Vorstandssitzung durchgehen könnten, hatte sie stets wohlwollend aufgenommen. Mit einer Ausnahme hatte er sie immer solide beraten, und sie hatte gelernt, ihm zu vertrauen und sich auf ihn zu verlassen. Nur zu einem Projekt hatte er ihr absichtlich Falschinformationen gegeben, allerdings so vorsichtig, daß sie keinen Grund haben konnte, eine krumme Tour zu vermuten.
Jane Clausen hat keinen Menschen mehr, der ihr nahesteht, sagte er sich, als er duschte und sich anzog. Er wählte mit Bedacht einen konservativen dunkelblauen Anzug. Das war noch ein Punkt – zu der gestrigen Konferenz hatte er Jackett und Hose getragen. Ein dicker Fehler; Mrs. Clausen billigte keine Freizeitkleidung, wie sie es nannte, auf Vorstandssitzungen.
Ich hatte in der letzten Zeit zuviel um die Ohren, sagte Doug sich ärgerlich. Jane Clausen ist eine einsame, kranke Frau; es dürfte nicht allzu schwierig sein, sie zu beruhigen.
Im Taxi auf dem Weg zum Beekman Place probte er sorgfältig die Geschichte, die er ihr auftischen wollte.
Der Pförtner bestand darauf, ihn anzumelden, obschon er sagte, er solle sich nicht bemühen, da er erwartet würde.
Als er aus dem Aufzug trat, stand die Haushälterin in der nur einen Spaltbreit geöffneten Wohnungstür. Ein wenig nervös sagte sie ihm, Mrs. Clausen fühle sich nicht wohl, und schlug vor, er solle ihr eine Nachricht hinterlassen.
»Vera, ich muß Mrs. Clausen unbedingt sprechen, nur eine Minute«, sagte Doug mit leiser, aber fester Stimme.
»Ich weiß, daß sie gerade frühstückt. Gestern im Büro hatte sie einen Schwächeanfall und war verärgert, als ich sie bat, einen Arzt zu rufen. Sie wissen ja, wie sie ist, wenn sie Schmerzen hat.«
Als er Veras Unsicherheit bemerkte, flüsterte er: »Wir lieben sie doch beide und wollen auf sie aufpassen.« Dann legte er die Hände auf ihre Arme und zwang sie, zur Seite zu treten. Mit wenigen Schritten durchquerte er die Diele und trat durch die offenen Glastüren ins Eßzimmer.
Jane Clausen las in der Times. Als sie seine Schritte hörte, blickte sie auf. Doug registrierte zwei unmittelbare Eindrücke: ihre anfängliche Überraschung, ihn zu sehen, wich einem Ausdruck der Furcht. Es steht schlimmer, als ich dachte, schoß es ihm durch den Kopf. Der zweite Eindruck war, daß Jane Clausen offensichtlich kurz vor dem nächsten Krankenhausaufenthalt stand. Ihre Haut war aschfahl.
Er ließ ihr keine Zeit, etwas zu sagen. »Mrs. Clausen, ich habe mir große Sorgen gemacht, daß Sie mich gestern mißverstanden haben«, begann er. »Ich habe mich geirrt, als ich sagte, Regina habe mir selbst erzählt, das Waisenhaus in Guatemala sei eines ihrer Lieblingsprojekte. Und natürlich hatte ich auch unrecht, als ich behauptete, ich hätte es von Ihnen gehört. In Wahrheit hat Mr. March mir von dem Waisenhaus erzählt, als er mich für den Vorstand vorschlagen wollte. Er hat mir berichtet, daß Regina es einmal besucht hat und von der Not der Kinder zutiefst bewegt war.«
Die Geschichte war wasserdicht. March würde zwar nicht bestätigen, es ihm erzählt zu haben, aber er hätte auch Angst, es abzustreiten, weil ihm seine zunehmende Vergeßlichkeit bewußt war.
»Hubert hat es Ihnen erzählt?« sagte Jane Clausen leise.
»Er war wie ein Onkel für Regina. Solche Dinge hat sie ihm oft anvertraut.«
Doug wußte, daß er auf dem richtigen Weg war. »Wie Sie ja wissen, fliege ich nächste Woche rüber, damit der Vorstand einen Bericht aus erster Hand über die dort erzielten Fortschritte erhält. Ich weiß, wie angeschlagen Ihre Gesundheit ist, aber hätten Sie nicht Interesse, mich zu begleiten, um sich mit eigenen Augen anzusehen, welch wunderbare Arbeit dort zum Nutzen dieser armen Kinder geleistet wird? Wenn ja, würden sämtliche Zweifel, die Sie vielleicht am Sinn weiterer Spenden hegen mögen, ausgeräumt, da bin ich sicher. Und ich verspreche Ihnen, daß ich nicht von Ihrer Seite weichen werde.«
Layton wußte natürlich, daß nicht der Hauch einer Chance bestand, daß Jane Clausen so weit reisen würde, wartete jedoch gespannt auf ihre Antwort.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich wünschte, ich könnte mitfahren.«
Es war, als sähe er Eis beim Schmelzen zu. Sie will mir glauben, dachte
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