Nimm dich in acht
Doug und beglückwünschte sich im stillen. Jetzt mußte er nur noch einen Punkt klären. »Ich muß mich noch entschuldigen, weil ich Sie am Montag in Dr. Chandlers Praxis allein gelassen habe«, sagte er. »Ich hatte einen seit langem vereinbarten Termin, aber ich hätte absagen müssen. Das Problem war, ich konnte die Klientin nicht erreichen, und sie kam eigens aus Connecticut, um mich zu treffen.«
»Ich habe Ihnen sehr kurzfristig Bescheid gesagt«, erwiderte Jane Clausen. »Ich fürchte, allmählich wird mir das zur Gewohnheit. Gestern habe ich von einer anderen Person verlangt, daß Sie mich beruflich praktisch auf der Stelle empfängt.«
Susan Chandler. Wieviel hatte sie dieser Frau erzählt?
fragte er sich. Hatte sie über ihn gesprochen? Garantiert.
Als er wenig später aufbrach, bestand sie darauf, ihn hinauszubegleiten. An der Tür fragte sie beiläufig: »Sehen Sie Ihre Verwandten häufig?«
Sie testet mich, dachte Doug. »In den letzten Jahren nicht mehr«, sagte er schnell. »Als ich klein war, haben wir regelmäßig mit ihnen verkehrt. Gregg und Corey waren meine Vorbilder. Aber als mein Vater und meine Mutter sich trennten, brach der Kontakt ab. Ich betrachte sie immer noch als meine großen Brüder, obgleich ich leider sagen muß, daß ihre und meine Mutter sich nicht mochten. Ich glaube, Cousine Elizabeth hielt meine Mutter gesellschaftlich für ihrer nicht ebenbürtig.«
»Robert Layton war ein wunderbarer Mann. Aber Elizabeth war wohl immer etwas schwierig, fürchte ich.«
Doug lächelte in sich hinein, als er im Aufzug nach unten fuhr. Der Besuch war ein voller Erfolg gewesen.
Jane Clausen hatte ihn in Gnaden wieder aufgenommen, und er war wieder auf dem Weg dazu, Präsident der Clausen Stiftung zu werden. Eines stand fest: Von nun an, vor allem in der Jane Clausen noch verbleibenden Zeit, würde er keine Fehler mehr machen.
Als er das Gebäude verließ, achtete er darauf, ein paar Worte mit dem Pförtner zu wechseln, und dem Türsteher, der ein Taxi für ihn heranwinkte, gab er ein großzügiges Trinkgeld. Derlei kleine Aufmerksamkeiten zahlten sich aus. Es bestand immerhin die Möglichkeit, daß einer oder beide irgendwann Jane Clausen gegenüber bemerken würden, welch angenehmer Mensch Mr. Layton doch sei.
Sobald er im Taxi saß, fiel jedoch alle Leutseligkeit von Doug Layton ab. Worüber hatte die Clausen mit Dr.
Chandler geredet? Diese Chandler war nicht nur Psychologin, sie verfügte auch über einen juristisch geschulten Verstand. Er war beunruhigt, denn sie wäre die erste, der es auffallen würde, wenn etwas nicht ganz echt klang.
Er schaute auf seine Uhr. Es war zwanzig nach acht. Er müßte noch vor neun im Büro sein. Damit blieb ihm noch eine Stunde, um einen Teil des Papierkrams zu erledigen, bevor er sich die heutige Sendung von Fragen Sie Dr. Susan anhörte.
40
Am Mittwoch morgen wachte Susan um sechs auf, duschte, wusch sich das Haar und fönte es rasch mit geübten Bewegungen. Schmutzigblond, dachte sie, als sie in den Spiegel schaute und ein paar lose Strähnen zurechtzupfte. Na ja, wenigstens habe ich eine Naturwelle, und es ist pflegeleicht.
Sie betrachtete eine Zeitlang ihr Spiegelbild, um sich objektiv einzuschätzen. Zu dicke Augenbrauen. Und wenn schon, sie würden so bleiben. Sie hatte keine Lust, sich die Brauen zu zupfen. Gesunde Haut. Darauf zumindest konnte sie stolz sein. Sogar die kleine Narbe auf ihrer Stirn, das Ergebnis eines Zusammenstosses mit der Kufe von Dees Schlittschuh, als sie vor Jahren beim Eislaufen beide zu Boden gegangen waren, war fast verblaßt. Ihr Mund war, ähnlich wie die Augenbrauen, zu groß; eine gerade Nase – die war in Ordnung –, haselnußbraune Augen wie Mom; ein trotziges Kinn.
Sie dachte daran, was Schwester Beatrice in ihrem vorletzten Jahr an der Sacred Heart Academy zu ihrer Mutter gesagt hatte: »Susan ist dickköpfig, aber bei ihr ist es eine Stärke. Wenn sie auf diese Weise ihr Kinn vorreckt, weiß ich, daß irgend etwas passiert ist, das sie in Ordnung bringen will.«
Im Augenblick gibt es viele Dinge, die in Ordnung gebracht oder zumindest mal unter die Lupe genommen werden müssen, dachte Susan. Eine lange Liste.
Sie nahm sich die Zeit, eine Grapefruit auszupressen, dann brühte sie Kaffee auf. Tasse und Glas nahm sie mit ins Schlafzimmer und zog sich an. Sie wählte Hose und Jacke aus Kamelhaar und einen rotbraunen Kaschmirpullover mit Rollkragen – alles im Sonderangebot erstanden. Der
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