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Nimm dich in acht

Nimm dich in acht

Titel: Nimm dich in acht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Gedanken, daß sie zur Post wollte?« fuhr Shea auf.
    »Weil sie einen frankierten Umschlag unter dem Arm hatte.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ja, völlig sicher. Ich glaube, er rutschte ihr weg, denn als es Grün wurde, wollte sie sich umdrehen und verlor das Gleichgewicht. Der Mann hinter ihr hatte vor, sie zu stützen, glaube ich, und so hat er zufällig den Briefumschlag zu fassen gekriegt. Die alte Dame hat es völlig falsch verstanden. Ob der Mann den Brief für sie aufgegeben hat? Das hätte ich jedenfalls getan.«
    »Haben Sie sich ihn angesehen, diesen Mann, der den Umschlag genommen hat?« fragte Shea.
    »Nein. Ich konnte nur Mrs. Wells ansehen.«
    »Dieser Mann – hat er danach versucht, ihr zu helfen?«
    »Nein, ich glaube nicht. Viele haben sich abgewendet –
    eine Frau wurde fast ohnmächtig. Zwei Männer sind zu ihr gestürzt, um ihr beizustehen, und die schienen zu wissen, was sie taten. Sie schrien, alle anderen sollten zurückbleiben.«
    »Sie haben wirklich keine Ahnung, wie dieser Mann aussah – ich meine den Mann, der den Umschlag nahm, als er womöglich versuchte, Mrs. Wells zu stützen?«
    »Nun, er hatte einen Sommermantel an, einen Burberry oder einen, der wie ein Burberry aussah.« Oliver war stolz, daß er »Burberry« statt Regenmantel gesagt hatte.
    Als Oliver Baker gegangen war, lehnte Captain Shea sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Hände vor der Brust. Sein Instinkt sagte ihm immer noch, daß ein Zusammenhang zwischen Hilda Johnsons Behauptung, Carolyn Wells sei auf die Fahrbahn gestoßen worden, und ihrem Tod wenige Stunden später bestand. Aber keiner der anderen Augenzeugen stützte Hildas Version. Und es bestand immerhin die Möglichkeit, daß Hildas Erscheinen im Fernsehen einen Verrückten auf sie aufmerksam gemacht hatte.
    In diesem Fall, sagte er sich, hatten sich sowohl Hilda Johnson als auch Carolyn Wells, wie so viele Opfer unglücklicher Zufälle, einfach zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort aufgehalten.

    39
    Am Mittwoch morgen setzte Douglas Layton seine Strategie in die Tat um. Er wußte, daß es ein gutes Stück Arbeit sein würde, Jane Clausen noch vor seiner Abreise zu besänftigen, doch in den schlaflos verbrachten frühen Morgenstunden hatte er einen Plan entworfen.
    Wie so oft schon im Laufe der Jahre hatte seine Mutter ihm ins Gewissen geredet – traurig, besorgt, angstvoll hatte sie ihn unter Tränen angefleht, sich keine Scherereien mehr einzuhandeln. »Schau dir nur an, wie dein Dad sein Leben weggeworfen hat, Doug. Sei nicht wie er«, hatte sie gesagt. »Eifere lieber deinen Cousins und Cousinen nach.«
    Aber sicher doch, dachte Doug ungeduldig, als er die Decke zurückschlug und aus dem Bett stieg. Er sollte seinen Cousins und Cousinen nacheifern, die Generationen des Reichtums im Rücken hatten und die sich den Kopf nie über Stipendien hatten zerbrechen müssen, weil ihnen praktisch die besten Schulen offenstanden.
    Stipendien – er lächelte bei der Erinnerung. Es hatte großes Geschick erfordert, immer am Ball zu bleiben.
    Zum Glück war er clever genug gewesen, stets gute Zensuren zu haben, auch wenn das gelegentlich hieß, daß er den Sprechzimmern des Lehrpersonals einen Besuch abstatten mußte, um vorab einen Blick auf entscheidende Tests zu werfen.
    Er erinnerte sich noch, wie die Mathematiklehrerin am Gymnasium ihn in ihrem Büro überrascht hatte. Er hatte sich gerade noch mal rausreden können, indem er den Spieß umdrehte und fragte, ob etwas nicht in Ordnung wäre. Er behauptete, er habe eine dringende Nachricht erhalten, sogleich zu ihr zu kommen. Am Schluß entschuldigte sich die Lehrerin sogar bei ihm und sagte, man solle doch meinen, Schüler, die dicht vor der Abschlußprüfung ständen, hätten wichtigere Dinge mit ihrer Zeit anzufangen, als alberne Zettel zu verfassen.
    O ja, er hatte sich immer rausreden können, wenn es Probleme gab. Doch jetzt stand mehr auf dem Spiel als nur eine Zensur; diesmal ging es um einen enorm hohen Einsatz.
    Er wußte, daß Mrs.
    Clausen immer sehr zeitig
    frühstückte, und wenn sie keine Sitzung besuchte oder einen Termin beim Arzt hatte, konnte man davon ausgehen, daß sie sich in aller Ruhe mit einer zweiten Tasse Kaffee an den kleinen Tisch am Fenster des Eßzimmers setzen würde. Sie hatte ihm einmal erzählt, daß es ihr einen gewissen Trost gebe, die starke Strömung des East River zu beobachten. »Das Leben wird wie ein Fluß von den Gezeiten gelenkt, Douglas«, hatte sie

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