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Nimm dich in acht

Nimm dich in acht

Titel: Nimm dich in acht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Wind, dachte er. Wann würde es zu Ende sein? Eines stand jedenfalls fest. Noch vor nächster Woche mußte Susan Chandler Einhalt geboten werden.

    38
    Am Mittwoch morgen schwankte Oliver Baker zwischen Nervosität und Entzücken, weil man ihn als Zeuge ins Polizeirevier vorgeladen hatte. Am Montag abend hatte er seine Frau und seine halbwüchsigen Töchter mit der Geschichte gefesselt, wie er selbst, hätte er nur einen Meter näher an der Bordsteinkante gestanden, als erster die Straße überquert hätte und von dem Transporter überfahren worden wäre. Gemeinsam hatten sie sich die Nachrichten um fünf, um sechs und um elf Uhr abends angeschaut, in denen Oliver als einer der Passanten interviewt wurde. »Gott sei mir gnädig, das war mein erster Gedanke, als ich sah, wie der Transporter sie überfuhr«, hatte er zu dem Reporter gesagt. »Ich meine, ich konnte ihr ins Gesicht sehen! Sie lag auf dem Rücken, und in diesem Sekundenbruchteil erkannte sie, daß der Wagen sie überfahren würde.«
    Oliver, ein sanftmütiger, hilfsbereiter Mann Mitte Fünfzig, war der Geschäftsführer eines D’Agostino’s-Supermarkts, eine Stellung, die ihm durch und durch entsprach. Er kannte die feinere Kundschaft des Geschäfts beim Namen und stellte gern persönliche Fragen wie
    »Gefällt es Gordon am Privatgymnasium, Mrs. Lawrence?«
    Sich selbst im Fernsehen bewundern zu können, war eine der aufregendsten Erfahrungen im Leben Olivers, und daß er jetzt noch gebeten wurde, aufs Revier zu kommen, um den Vorfall eingehender zu erörtern, steigerte die Spannung ins Unermeßliche.
    Er saß auf einer Bank im 19. Revier, in der Hand den weichen Tweedhut, den ihm sein Bruder aus Irland mitgebracht hatte. Als er sich verstohlen umblickte, kam ihm der Gedanke, jemand könnte annehmen, er sei selbst in Schwierigkeiten, oder er habe vielleicht einen Verwandten im Gefängnis. Bei dieser Vorstellung zuckten seine Mundwinkel, und er nahm sich vor, Betty und den Mädchen heute abend davon zu erzählen.
    »Captain Shea empfängt Sie jetzt, Sir.« Der diensthabende Beamte zeigte auf eine geschlossene Tür hinter seinem Tisch.
    Oliver stand hastig auf, brachte den Kragen seines Jacketts in Ordnung und ging schnell, jedoch schüchtern zum Büro des Captains.
    Auf Sheas energisches »Herein« drückte er die Klinke herunter und schob die Tür langsam auf, als befürchte er, unwillentlich jemandem weh zu tun, der sich dahinter verbarg. Doch schon kurz darauf, als er dem Captain gegenüber am Schreibtisch saß, hatte Oliver in dem Hochgefühl, seine inzwischen vertraute Geschichte erzählen zu können, alle Unsicherheit vergessen.
    »Sie standen nicht unmittelbar hinter Mrs.
    Wells?«
    unterbrach Shea.
    »Nein, Sir. Ich stand ein wenig links von ihr.«
    »War sie Ihnen vor dem Zwischenfall überhaupt aufgefallen?«
    »Eigentlich nicht. An der Ecke standen viele Leute. Die Ampel war gerade auf Rot gesprungen, als ich dort ankam, deshalb hatte sich eine ziemlich große Menschenmenge angesammelt, bis es das nächstemal grün wurde.«
    Das führt zu nichts, dachte Tom Shea. Oliver Baker war der zehnte Zeuge, den sie befragten, und wie in den meisten Fällen wich seine Schilderung der Ereignisse leicht von den anderen Aussagen ab. Hilda Johnson hatte als einzige definitiv erklärt, Carolyn Wells sei gestoßen worden – und Hilda war tot. Die übrigen Umstehenden waren geteilter Meinung, ob Mrs. Wells etwas bei sich gehabt hatte oder nicht. Zwei waren ziemlich sicher, einen braunen Umschlag bemerkt zu haben; drei wollten sich nicht festlegen; der Rest war überzeugt, daß der besagte Umschlag nicht existiert habe. Nur Hilda hatte steif und fest behauptet, ein Mann habe dem Opfer einen Umschlag entrissen, während er ihm zugleich einen Stoß versetzte.
    Oliver brannte darauf, mit seiner Geschichte fortzufahren. »Und ich kann Ihnen sagen, Captain, gestern nacht hatte ich einen schrecklichen Alptraum, weil ich immerzu daran denken mußte, wie diese arme Frau auf der Straße lag.«
    Captain Shea lächelte ihn mitfühlend an und ermutigte ihn fortzufahren.
    »Ich meine«, fügte Oliver hinzu, »wie ich schon zu Betty gesagt habe …« Er hielt inne. »Betty ist meine Frau. Wie ich schon zu ihr gesagt habe, diese arme Frau wollte vermutlich nur Besorgungen machen, vielleicht wollte sie zur Post gehen, und als sie von zu Hause fortging, hatte sie nicht die geringste Ahnung, daß sie vielleicht nie mehr zurückkommen würde.«
    »Wie kommen Sie auf den

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