Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nimm dich in acht

Nimm dich in acht

Titel: Nimm dich in acht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
In vielerlei Hinsicht war es ihr gelungen, den anfänglichen Zorn und die Bitterkeit zu überwinden, die sie angesichts –
    wie sie es immer noch sah – Charleys Verrat empfand.
    Doch selbst nach vier Jahren wachte sie nachts manchmal noch auf und lag stundenlang schlaflos im Bett, nicht zornig, aber unendlich traurig bei der Erinnerung daran, daß Charley und sie so lange Zeit glücklich miteinander gewesen waren – aufrichtig glücklich.
    Wir hatten viel Spaß miteinander, dachte sie, als sie zum Club aufbrach und die Alarmanlage des Stadthauses einschaltete, das sie nach der Trennung gekauft hatte. Wir hatten in jeder Phase Spaß miteinander. Charley und ich liebten uns. Wir haben viel zusammen unternommen. Es war nicht so, als hätte ich mich gehenlassen; ich habe meinen Körper gut in Schuß gehalten. Emily stieg in ihren Wagen. Was um alles in der Welt, fragte sie sich, hat ihn über Nacht so verändert? Was hat ihn dazu veranlaßt, unser gemeinsames Leben einfach über Bord zu werfen?
    Ihr Gefühl der Verlassenheit war so groß, daß sie es –
    was sie sich kaum eingestehen konnte – leichter gefunden hätte, wenn Charley-Charles gestorben wäre, statt einfach von ihr fortzugehen. Aber ob eingestanden oder nicht, es war eine Tatsache, und ihr war klar, daß Susan so etwas vermutete und es vermutlich verstand.
    Sie wußte nicht, was sie ohne Susan angefangen hätte.
    Vom ersten Tag an, als Emily wirklich bezweifelt hatte, ob sie weiterleben könnte, hatte sie sich um sie gekümmert. Es war ein langer Prozeß gewesen, doch jetzt hatte sie das Gefühl, fast wieder allein zurechtkommen zu können.
    Sie hatte Susans Rat befolgt und eine Liste der Projekte aufgestellt, die sie schon immer gern in Angriff genommen hätte – um anschließend aktiv zu werden.
    Daher war sie jetzt ehrenamtliche Helferin im Krankenhaus und in diesem Jahr Vorsitzende der jährlichen Spendenaktion. Im letzten Jahr war sie aktives Mitglied des Komitees zur Wiederwahl des Gouverneurs gewesen.
    Eine andere Aufgabe, die sie übernommen hatte, war ihr Geheimnis geblieben, von dem sie nicht einmal Susan erzählte; vielleicht weil es das Wichtigste war, was sie jemals getan hatte. Sie hatte als ehrenamtliche Helferin in einer Klinik für chronisch kranke Kinder angefangen.
    Das empfand sie als eine ganz und gar lohnende Erfahrung, und es half ihr, die Dinge in der richtigen Relation zu sehen. Es erinnerte sie an die alte Redensart, in der so viel Wahrheit lag: Man hat Mitleid mit dem Mann, der keine Schuhe hat, bis man einem Mann begegnet, der keine Füße hat. Wenn sie nach dem morgendlichen Dienst in der Klinik nach Hause kam, nahm sie sich jedesmal vor, an jedem Tag ihres Lebens dankbar zu sein.
    Sie kam vor Nan im Club an und ging direkt zu ihrem Tisch. Seit Sonntag, dem vierzigsten Jahrestag ihrer Hochzeit mit Charley, fühlte sie sich schuldig. Sie war so fertig und deprimiert gewesen – und auch so voller Selbstmitleid. Sie wußte, daß sie Susan mit ihrem Tränenausbruch am Samstag aufgebracht hatte, und dann hatte Dee alles noch schlimmer gemacht, indem sie über Susan herfiel und sagte, sie habe keine Ahnung, wie es sei, einen Menschen zu verlieren.
    Susan weiß viel mehr, als Dee glauben möchte, sagte sich Emily. Als Charley und ich uns trennten, lebte Dee glücklich und zufrieden mit Jack in Kalifornien. Zuerst mußte Susan über Jacks Verrat hinwegkommen, und dann war sie für mich da und hat mich unterstützt. Außerdem hatte Charley keine Zeit mehr für Susan gehabt, seit Binky auf der Bildfläche erschienen war, was ihr sehr weh getan haben mußte. Schließlich war sie immer Daddys Liebling gewesen.
    »Sind wir in eine Traumwelt abgetaucht?« fragte eine spöttische Stimme.
    »Nan!« Emily sprang auf und umarmte ihre Freundin, während sie sich flüchtig küßten. »Ja, du hast recht.« Sie blickte Nan liebevoll an. »Du siehst großartig aus.«
    Das stimmte wirklich. Nan, eine schlanke Brünette mit feinem Gesichtsschnitt und zierlicher Figur, war mit sechzig Jahren immer noch eine schöne Frau.
    »Du aber auch«, sagte Nan nachdrücklich. »Sprechen wir offen, Em. Wir geben uns noch nicht geschlagen.«
    »Wir kämpfen den gerechten Kampf«, bestätigte Emily.
    »Eine Falte hier, eine Runzel dort. In Würde altern, aber nicht zu schnell.«
    »Und, habe ich dir gefehlt?« fragte Nan. Sie war gut einen Monat bei ihrer schwerkranken Mutter in Florida gewesen und erst in der vergangenen Woche zurückgekommen.
    »Das weißt du

Weitere Kostenlose Bücher