Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nimm dich in acht

Nimm dich in acht

Titel: Nimm dich in acht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
aufziehen?«

    48
    Bevor sie das Studio verließ, rief Susan in der Praxis an.
    Es bestand die Wahrscheinlichkeit, daß ihr Ein-Uhr-Termin abgesagt worden war. Die Patientin, Linda, eine vierzig Jahre alte Werbetexterin, deren Haustier, einen Golden Retriever, man vor kurzem hatte einschläfern müssen, versuchte sich aus ihren Depressionen und ihrer Trauer herauszukämpfen. Bisher hatten sie nur zwei Sitzungen gehabt, doch Susan war jetzt schon sicher, daß die Hauptursache für Lindas Probleme nicht der aufrichtige Kummer über den Verlust des geliebten Gefährten, sondern der kürzliche plötzliche Tod der Adoptivmutter war, der Linda sich entfremdet hatte.
    Ihre Ahnung, daß Linda absagen würde, bestätigte sich.
    »Sie sagt, es tue ihr wirklich leid, aber ihr sei eine wichtige Konferenz bei der Arbeit
    dazwischengekommen«, erklärte Janet.
    Vielleicht ja, vielleicht nein, dachte Susan und nahm sich vor, Linda später anzurufen. »Sonst noch Nachrichten?« fragte sie.
    »Nur eine. Mrs. Clausen möchte, daß Sie sie nach drei Uhr anrufen. Oh, und auf Ihrem Schreibtisch wartet ein herrlicher Blumenstrauß auf Sie.«
    »Blumen? Wer hat sie geschickt?«
    »Die Karte ist versiegelt, und ich hab’ sie natürlich nicht geöffnet«, erwiderte Janet selbstgefällig. »Die Nachricht muß sehr persönlich sein.«
    »Dann öffnen Sie die Karte bitte jetzt und lesen Sie sie mir vor.« Susan verdrehte die Augen zum Himmel. Janet war in vielerlei Hinsicht eine ausgezeichnete Sekretärin, aber ihr Drang, zu allem ihren Kommentar abzugeben, blieb ein konstantes Ärgernis.
    Einen Augenblick später meldete sich Janet wieder. »Ich wußte ja, daß es persönlich ist, Doktor.« Sie begann zu lesen: »›Danke für den wunderschönen Abend. Ich freue mich auf Samstag.‹ Es ist mit Alex unterschrieben.«
    Susan spürte, wie sich ihre Stimmung plötzlich hob.
    »Wie nett von ihm«, sagte sie und achtete darauf, daß ihre Stimme unverbindlich klang. »Janet, da ich bis zwei Uhr in der Praxis nichts zu tun habe, werde ich ein paar Besorgungen machen.«
    Knapp eine Minute später war Susan draußen und winkte einem Taxi. Sie hatte beschlossen, daß sie als nächstes mit dem Polizeibeamten sprechen sollte, der mit den Ermittlungen zu Carolyn Wells’ Unfall betraut war.
    Jetzt, da sie wußte, daß Carolyn am Montag unter dem Namen Karen in der Sendung angerufen hatte, mußte sie herausfinden, ob die Polizei der Version des Vorfalls, die eine ältere Dame ihr geliefert hatte – daß Carolyn Wells vor den Transporter gestoßen worden war –, irgendwelchen Glauben schenkte. In dem Artikel, den sie heute morgen in der Times gelesen hatte, wurde berichtet, daß für die Ermittlungen sowohl zu Carolyns Unfall als auch zu dem Mord an Hilda Johnson das 19. Revier zuständig war.
    Also war das der Ort, an dem sie nach Antworten suchen würde.
    Trotz der bestimmten Aussage des Augenzeugen Oliver Baker, Carolyn Wells habe das Gleichgewicht verloren und sei gestürzt, war Captain Tom Shea nicht zufrieden.
    Nach Hilda Johnsons womöglich zu öffentlicher Erklärung, sie habe gesehen, wie Mrs. Wells von einem Mann auf die Fahrbahn gestoßen wurde, fiel es ihm schwer, den Tod der älteren Dame als reinen Zufall, als das Ergebnis eines ungeplanten Verbrechens einzustufen.
    Er kam immer wieder zu folgenden grundsätzlichen Fragen zurück: Wie war der Täter überhaupt ins Haus gelangt? Wie war er in Hildas Wohnung gekommen? Und schließlich, warum ihre Wohnung, warum gerade ihre Wohnung?
    Nach der Entdeckung ihrer Leiche war ein Team von Detectives ausgeschwärmt, um mit jedem einzelnen Mieter zu sprechen. Bei nur vier Wohnungen pro Etage und zwölf Stockwerken war das keine schwere Aufgabe gewesen.
    Die meisten Mieter waren wie Hilda ältere Leute, die schon lange Zeit dort wohnten. Alle behaupteten steif und fest, am späten Montag abend keinem Boten oder sonstwem die Tür geöffnet zu haben. Die Mieter, die in der fraglichen Zeit das Gebäude verlassen oder betreten hatten, beteuerten, daß sie weder einen Fremden im näheren Umkreis gesehen noch jemanden ins Haus gelassen hatten, als sie die Tür zum Foyer aufschlossen.
    Hilda Johnson mußte die Person also selbst ins Haus und anschließend in ihre Wohnung eingelassen haben, schloß Shea. Dann mußte es jemand gewesen sein, den sie für vertrauenswürdig hielt. Wie er Hilda kannte – und in der Zeit, seit er diesem Revier angehörte, hatte er sie recht gut kennengelernt –, konnte er sich kaum

Weitere Kostenlose Bücher