Nimm dich in acht
ist es ein gutes Zeichen.«
»Ist Justin hier?«
»Er ist auf dem Weg hierher.«
»Kann ich zu ihr gehen?«
»Ja, aber nur eine Minute. Und sprechen Sie mit ihr.
Ganz gleich, was die meisten Ärzte sagen, ich könnte schwören, daß Komapatienten genau wissen, was rings um sie vor sich geht. Sie können uns nur nicht erreichen.«
Pam schlich auf Zehenspitzen an drei Kabinen vorbei, in denen andere schwerkranke Patienten lagen, bevor sie zu Carolyn gelangte. Sie schaute auf ihre Freundin hinunter, und bei dem Anblick wurde ihr das Herz schwer. In einer Notoperation hatte man die Blutergüsse in ihrem Gehirn reduziert, und Carolyns Kopf war mit einem dicken Verband umwickelt. Überall in ihrem Körper steckten Schläuche und Kanülen. Sie trug eine Sauerstoffmaske, und violette Blutergüsse an ihrem Hals und den Armen zeugten von ihrem heftigen Zusammenstoß mit dem Transporter.
Pamela konnte immer noch kaum glauben, daß auf den fröhlichen Abend, den sie noch vor wenigen Tagen mit Carolyn verbracht hatte, etwas so Furchtbares gefolgt war.
Es war ein fröhlicher Abend, bis ich mit dieser Wahrsagerei anfing, dachte sie – und Carolyn den Türkisring hervorholte …
Vorsichtig, um nicht zuviel Druck auszuüben, legte sie ihre Hand auf die Carolyns. »Hallo, Kleines«, flüsterte sie.
Spürte sie eine leise Bewegung, oder war es nur Wunschdenken?
»Carolyn, du schlägst dich tapfer. Man hat mir gesagt, daß du bald aufwachen wirst. Das ist wunderbar.« Pamela hielt inne. Sie hatte gerade sagen wollen, daß Justin außer sich vor Sorge war, merkte jedoch, daß sie plötzlich Angst hatte, seinen Namen zu erwähnen. Angenommen, er hatte Carolyn gestoßen? Angenommen, Carolyn war aufgefallen, daß er hinter ihr an der Ecke gestanden hatte?
»Win …«
Carolyn hatte kaum die Lippen bewegt, und es klang eher wie ein Seufzer, nicht wie ein Wort. Dennoch wußte Pamela, daß sie richtig gehört hatte.
Sie beugte sich über das Bett und sprach dicht an Carolyns Ohr. »Kleines, hör mir zu. Ich glaube, du hast
›Win‹ gesagt. Ist das ein Name? Falls es so ist, drück meine Hand.«
Sie war sicher, einen schwachen Druck zu spüren.
»Pam, wacht sie auf?«
Justin war da. Er sah ein wenig zerzaust aus, und sein Gesicht war gerötet und angespannt, als ob er gerannt wäre. Pamela wollte ihm nicht erzählen, was Carolyn gesagt hatte. »Hol die Schwester, Justin. Ich glaube, sie versucht zu sprechen.«
»Win!«
Diesmal war das Wort klar zu verstehen, ein Irrtum unmöglich; und der Ton war flehend.
Justin Wells beugte sich über das Bett seiner Frau.
»Carolyn, ich lasse nicht zu, daß dich ein anderer bekommt. Ich mache es wieder gut. Bitte, ich hole mir Hilfe. Ich hab’s dir schon das letztemal versprochen, und ich hab’ mein Versprechen nicht gehalten, aber diesmal werde ich es tun. Ich versprech’s. Ich versprech’s. Nur bitte, komm zurück zu mir.«
47
Obgleich Emily Chandler nach der Scheidung ihre Mitgliedschaft im Westchester Country Club beibehalten hatte, ließ sie sich dort nicht oft blicken, aus Furcht, zufällig ihrer Nachfolgerin Binky zu begegnen. Doch da sie gern Golf spielte und Binky keine große Golfspielerin war, schien das Clubhaus die einzige echte Gefahrenzone zu sein, in der es zu einer Zufallsbegegnung kommen konnte. Und da Emily sich dort gelegentlich gern mit ihren Freundinnen zum Mittagessen traf, hatte sie einen Weg gefunden, etwaige unerfreuliche Treffen zu vermeiden.
Sie rief den Geschäftsführer an und fragte, ob das Trophäenweib erwartet wurde; wenn er sie abschlägig beschied, bestellte Emily einen Tisch.
So war es auch am Mittwoch, und als Ergebnis traf sie sich mit Nan Lake, einer alten Freundin, deren Mann, Dan, regelmäßig mit Charles Golf spielte, zum Mittagessen.
Emily hatte sich für das Treffen besonders sorgfältig angezogen, wie stets die Möglichkeit im Hinterkopf, daß Charley auch zufällig dort sein könnte. Heute hatte sie einen Hosenanzug von Féraud mit winzigen blau-weißen Karos ausgewählt, der, wie sie wußte, zu ihrem aschblonden Haar paßte. Vorhin, als sie sich zum letztenmal im Spiegel inspizierte, hatte sie daran gedacht, wie oft die Leute sich überrascht zeigten, weil sie Dees Mutter war.
»Sie sehen wie Schwestern aus!« hieß es immer wieder, was sie mit großem Stolz erfüllte, auch wenn sie wußte, daß die Leute übertrieben.
Emily wußte auch, daß es Zeit war, die Scheidung hinter sich zu lassen, Zeit, ein neues Leben anzufangen.
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